Filzmaier zu Wallner-Rücktritt: "ÖVP wird bei allen Wahlen Verluste einfahren"

Der Politikwissenschafter über die "Unaushaltbarkeit" der Politik, fehlende Nachfolger für Vorarlbergs Landeschef Markus Wallner - und die zu erwartenden Niederlagen der ÖVP bei den kommenden vier Landtagswahlen.

Der politisch schwer unter Druck stehende Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) tritt ab sofort einen mehrwöchigen Krankenstand an. Was bedeutet das für die ÖVP in Vorarlberg und auf Bundesebene? 

"Ich sehe die Sache weniger dramatisch, als es offenbar ganz Vorarlberg und halb Restösterreich tun“, sagt Politikwissenschafter Peter Filzmaier in der "ZiB2" im ORF. Ja, Wallner sei vorübergehend nicht in seinem Amt tätig, aber dafür gebe es in der Landesverfassung klare Regeln, wie die Stellvertretung funktioniert. Es sei also gesichert, dass die Geschäfte weiterlaufen. Oder, um Bundespräsident Alexander Van der Bellen zu zitieren: "Es ist gesichert, dass weiter jemand in der Landesregierung das Telefon abhebt."

Auch zu den politischen Vorwürfen und Diskussionen rund um die Wirtschaftsbundaffäre könne die Debatte weiterlaufen. Die Diskussion, ob ein eigener Untersuchungsausschuss zu Vorarlberg eingerichtet werden solle, hätte sich ebenfalls nicht geändert, sagt Filzmaier. Sie sei höchstens aufgeschoben.

Unaushaltbarer Job?

Auf die Frage, ob die Politik ein körperlich unaushaltbarer Job geworden sei, sagt der Politologe: "Es ist kein unaushaltbarer Job, aber es ist ein falsches und teilweise dummes Vorurteil, zu trompeten, dass Politiker nichts arbeiten würden und dafür überbezahlt seien.“ 

Stattdessen müsse dringend medial diskutiert werden, dass Politiker (und ihre Familien) Gewalt- und Morddrohungen erhalten, so Filzmaier. Die politische Kritik dürfe aber auf keinen Fall verstummen. 

Markus Wallner hat erst kürzlich ein Misstrauensvotum im Landtag überlegt. Ob er - sobald er gesundheitlich wieder zu Kräften kommt - die politische Kraft haben wird, die ÖVP weiterzuführen?

"Teilweise deshalb, weil sich die logische Alternative nicht oder noch nicht aufdrängt", sagt Filzmaier. Bei der letzten Landtagswahl sei Wallner schließlich das mit Abstand stärkste Wahlmotiv unter den ÖVP-Wählerinnen und Wählern gewesen. Es werde schwierig, den Nächsten zu finden. Sollte es einen Nachfolger geben, vermutet Filzmaier jemanden aus der Riege der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister.

Mehrere Rücktritte

Im Juni haben bereits zwei Landeshauptmänner ihren Rücktritt verkündet. Doch es gebe wenig Gemeinsamkeit zwischen dem steirischen Landeschef Hermann Schützenhöfer, Tirols Günther Platter und Wallner, so Filzmaier. Wallner sei (mit 54 Jahren) deutlich jünger als der steirische und der Tiroler Landeshauptmann. Bei letzteren beiden sei ein Rücktritt "irgendwann logisch" gewesen.

Eine Gemeinsamkeit zwischen Platter und Schützenhöfer: Beide hätten nach sehr guten Wahlergebnissen beim letzten Mal eine Wahlniederlage befürchten müssen, was die persönliche Entscheidung zum Rücktritt sicher leichter gemacht habe, meint Filzmaier.

In den Umfragen liegt die ÖVP derzeit 15 Prozentpunkte unter dem Ergebnis der Nationalratswahl (37,5 Prozent). Ist dieser Trend für die Volkspartei aufhaltbar? Filzmaier: "Kurzfristig nicht." In den vier bevorstehenden Landtagswahlen werde die ÖVP erwartbare Verluste einfahren.

Dass es jedoch - wie in aktuellen Umfragen - auf 15 Prozentpunkte hinauslaufe, bezweifelt er. Was die ÖVP rette: Solange man den ersten Platz halte, sei unklar, ob sich eine Mehrheit gegen die ÖVP realisieren lasse. Was den Landeshauptmann oder die Landeshauptfrau betreffe, "schauen wir mal, was passiert".

Auf die Frage, ob Karl Nehammer Ruhe in die Partei bringen konnte, sagt Filzmaier: "Definitiv nicht." 

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