Experten kritisieren Budget: Hohe Ausgaben, kaum Strukturreformen
Durchwachsenes Feedback hat Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) für sein zweites Budget erhalten. Fiskalratspräsident Christoph Badelt sieht etwa ein "enormes Ausgabenwachstum" des Budgets - das Defizit liegt 2024 voraussichtlich bei 20 Milliarden Euro, die Schuldenquote sinkt bis 2027 nicht.
"Dieser Grad der Expansion ist wohl nur politisch erklärbar in einem Vorwahljahr. Ökonomisch ist er so nicht notwendig", sagt Badelt: "Der Fiskalratspräsident fürchtet sich immer vor Vorwahlzeiten." Dass das für 2024 eingestellte strukturelle Defizit bei 2,5 Prozent liegen und in den nächsten Jahren bei 2,7 Prozent bleiben soll, wertete er als "wirkliches Problem", denn dem Budgetpfad fehle damit die Nachhaltigkeit.
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"Wenn man nicht so viele Zusatzausgaben erfinden würde, müsste es möglich sein, dieses Defizit in der Größenordnung zwei Prozent zu halten." Das Riesenproblem sei die Budgetperspektive. Im Augenblick sehe er "keinen Willen und keinen Weg, das Budget zu konsolidieren", sagt Badelt. Wenn man zudem in einer als nicht so dramatisch erwarteten Konjunktursituation mit solchen Defiziten hineingehe: "Wo sind dann die Reserven für eine neuerlich aufkommende Krise?"
"Zukunft bezahlt für Vergangenheit"
Franz Schellhorn, Direktor des wirtschaftsliberalen Thinktanks Agenda Austria, erkennt auf KURIER-Nachfrage im Budget keine großen Investitionen in die Zukunft. Richtige Reformvorschläge würden fehlen, auch strukturell passiere nichts. "Alleine der Zuschuss in die Pensionen wird bis 2027 um 38 Prozent steigen. Da wird die Zukunft für die Vergangenheit bezahlen müssen", kritisiert Schellhorn. Zudem fehle ihm die Ambition, dass man den Staatshaushalt ausgleichen: "Länder wie Dänemark nutzen die hohen Einnahmen aus der Inflation, um sie in Überschüsse oder ausgeglichene Haushalte zu verwandeln. In Österreich ist bis 2027 kein ausgeglichener Haushalt geplant."
Brunners Rhetorik passe nicht zu seinen Planungen, bilanziert der Ökonom: "Die Kritik an der roten Schuldenpolitik muss die ÖVP recht langsam aus ihrem politischen Repertoire streichen." Österreich brauche nun dringend eine Ausgabenbremse, sonst werde der Staat auch in Hochkonjunkturjahren weiter Schulden aufnehmen: "Alles andere ist den nachkommenden Generationen nicht zumutbar."
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Schratzenstaller: CO2-Preis soll steigen
Monika Köppl-Turyna vom industrienahen Institut EcoAustria meint, insgesamt seien die Prioritäten des Budgets zu wenig in die Zukunft gerichtet. Die hohe Zinslast und die marode Konjunktur beschränke wichtige Handlungsmöglichkeiten für zukunftsgerichtete Investitionen und eine Budgetkonsolidierung. Die gesamten Ausgaben im Bundesbudget für Pensionen würden nächstes Jahr um 4 auf 29,5 Milliarden Euro klettern und bis zum Ende des Prognosezeitraums auf über 35 Milliarden Euro steigen. Das entspreche im Jahr 2027 einem Viertel aller Auszahlungen.
Auch WIFO-Ökonomin Margit Schratzenstaller pocht mittelfristig auf Strukturreformen, etwa was Fördersysteme, das Gesundheitswesen oder das Pensionsantrittsalter betrifft. Die Ausgaben sah sie angesichts des Inflationsausgleichs in vielen Bereichen als nicht beeinflussbar.
Positiv hebt sie den im Rahmen des Finanzausgleichs angepeilten Zukunftsfonds hervor, aber auch Klimaschutz- und Transformationsmaßnahmen, die - etwa im Wohnbau - durchaus konjunkturbelebend wirken könnten. Auch die Einschränkung beim Energiekostenzuschuss auf knapp 2 Mrd. Euro bewertet sie positiv, ebenso wie weitere Schritte Richtung Green Budgeting. Wichtig sei der Fokus auf Zukunftsausgaben, etwa was die Kinderbetreuung oder den Klimaschutz betreffe. Wichtig aus ihrer Sicht: "Es wird auch mittelfristig einen ambitionierteren CO2-Preis brauchen."
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