Experte warnt vor Lehrermangel: „Lehrerausbildung um ein Jahr verkürzen“

Lehrer-Schüler-Beziehung deutlich besser bewertet als 2008
Lehrermangel? Der Chef der Christlichen Lehrerschaft Österreichs, Ex-Landeschulratspräsident Fritz Enzenhofer warnt vor Engpässen. Das Ministerium widerspricht, sieht aber auch Reformbedarf

Das Thema ist nicht neu, aber man merkt: Fritz Enzenhofer, ehemaliger Landesschulratspräsident von Oberösterreich und Chef der Christlichen Lehrerschaft brennt das Thema unter den Nägeln: Österreichs Schulen würden einmal mehr auf einen Lehrermangel zusteuern, warnt der langjährige Spitzenfunktionär im Gespräch mit dem KURIER. Das habe mehrere Gründe – Enzenhofer hat aber auch gleich Lösungen anzubieten, die mitunter etwas unorthodox sind.

Zu den Fakten: Derzeit würden jedes Jahr mehr als 3000 Pädagogen in Pension gehen, Tendenz stark steigend. „Als ich studierte, gab es einen eklatanten Lehrermangel, damals haben sich viele aufgrund der guten Jobaussichten für den schönen Beruf entschieden, und die kommen jetzt alle ins Pensionsalter.“ Zudem wären Lehrer überlastet, manche scheiden krankheitsbedingt aus. „Da gibt es viele, die bereits vor dem gesetzlichen Pensionsantrittsalter in Pension gehen – die nehmen dabei auch in Kauf, dass es Abschläge gibt, die Pension also anfang deutlich geringer ist.

Und weil nicht annähernd so viele Pädagogen aus den Pädagogischen Hochschulen nachkommen, würden in den kommenden Jahren rund 1000 Lehrer fehlen – jedes Jahr. „Das führt dazu, dass auch bereits pensionierte Pädagogen zurück an die Schulen geholt werden, es werden aber auch Studenten, die noch in Ausbildung sind oder das Pädagogik-Studium eigentlich abgebrochen haben, mit befristeten Sonderverträgen zurück an die Schulen geholt.“

Präsident Fritz Enzenhofer auf der Terrasse des Landeschulrates mit seiner ersten Schultasche

Präsident Fritz Enzenhofer auf der Terrasse des Landeschulrates mit seiner ersten Schultasche

Ausbildung verlängert

Verschärft werde das Problem durch die Pädagoginnen-Bildung neu, durch die die Ausbildung um ein Jahr verlängert wurde. Dazu kommt, dass diese Ausbildungsreform ja zur Folge hat, dass bei der Ausbildung und bei der Bezahlung kein Unterschied mehr zwischen einem Lehrer an einer Mittelschule und an einer AHS gemacht wird.

Die Folge sei, dass Junglehrer sich eher für einen Arbeitsplatz an einer AHS entscheiden, und nicht an einer Brennpunkt-Mittelschule. Nicht zuletzt sei es vor allem für die Schulleiter am Land in manchen Regionen schwieriger geworden, überhaupt Pädagogen zu bekommen. Früher sei der Bedarf einfach von den Landesschulräten gedeckt worden, das sei heute nicht mehr so einfach möglich.

Ausbildung verkürzen

Was also schlägt der Experte vor? „Wir sollten die Ausbildung um ein Jahr verkürzen, wie es früher war. Lehrinhalte kann man auch verdichten, die Berufsausbildung könnte insgesamt so attraktiver werden.“

Dann plädiert er dafür, Studenten ab dem erstem Semester an die Schulen zu schicken, damit diese schneller erfahren können, ob ihnen die Arbeit mit den Heranwachsenden liegt und gefällt.

Und nicht zuletzt müsse einiges getan werden, um den Job attraktiver zu machen. „Da sollten wir schon in den Schulens schauen, wer ein Talent für den Lehrberuf haben könnte und wer sich für den Beruf begeistern kann.“ Er habe einst einige derartige Initiativen in Oberösterreich gestartet.

Ministerium: Entwarnung

Im Bildungsministerium ist man wenig erfreut über Enzenhofers Warnung vor einem drohenden Lehrermangel. „Nein, das sehen wir nicht so“, erklärt Margareta Scheuringer, die zuständige Sektionschefin. „Es kann in den kommenden Jahren in einzelnen Gegenständen aber auch in manchen Regionen zu Engpässen kommen. Aber wir sehen keinesfalls einen Lehrermangel.“ Diese „Unterdeckung“ bei den Lehrkräften dürfte sich spätestens 2027 wieder schließen.

Zum zweiten würden rund sechs Prozent von den 130.000 Pädagoginnen und Pädagogen en mit Sondervertrag unterrichten, das sind rund 7.500 Personen. Diese seien aber nicht nur für Studenten in Ausbildung, sondern vor allem Experten aus der Praxis im berufsbildenden Schulen.

Margareta Scheuringer ist aber damit einverstanden, dass man sich die „Pädagoginnenbildung neu“ noch einmal ansieht. „Da wird noch bis nächstes Jahr evaluiert, dann können wir evidenzbasiert Schlüsse ziehen.“

Eine frühere Praxisausbildung sei jedenfalls vorstellbar. Und nicht zuletzt gebe es bereits eine Arbeitsgruppe, die ein neues Modell finden soll, wie man Studenten dazu bringt, in die Mittelschulen zu gehen, auch in Brennpunktschulen. „Das werden Bedingungen in der Ausbildung sein. Es gibt schon gute Modellversuche in der Steiermark. So sehen die angehenden Lehrer auch viele unterschiedliche Schultypen. Und das werden wir österreichweit ausrollen.“

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