Josef Kalina zu SPÖ-Leak: "Rätsel, wie das passieren konnte"

Nachdem ein Strategiepapier des SORA-Institutes, das als Unterlage für eine angestrebte Beratung der SPÖ dienen sollte, am Dienstag versehentlich an einen falschen Verteiler mit rund 800 Empfängern verschickt wurde, reagierte der ORF prompt und beendete am Mittwoch offiziell die Wahl-Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut.
"Aufgrund des bekannt gewordenen Strategiepapiers von Günther Ogris für die SPÖ ist für den ORF eine weitere Zusammenarbeit rund um die Wahlberichterstattung (Wahlforschung, Hochrechnungen, Analysen) nicht mehr möglich und wird daher mit sofortiger Wirkung beendet", heißt es in einer knappen Aussendung des ORF.
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ORF über vergangene Hochrechnungen
Vor allem bei Wahlen seien "Glaubwürdigkeit und Objektivität in der ORF-Berichterstattung von essenzieller Bedeutung", auch "jeglicher Anschein von Einseitigkeit muss unterbunden werden". Der ORF betont aber auch, dass die vergangenen Hochrechnungen von Sora "äußerst präzise waren und niemals irgendein Indiz für eine parteipolitische Einseitigkeit gegeben war".
Josef Kalina spricht von "übertriebener Reaktion"
Der ehemalige SPÖ-Bundesgeschäftsführer und PR-Berater Josef Kalina hält die Kündigung des ORF der Zusammenarbeit mit dem SORA-Institut für eine "übertriebene Reaktion": "Die Kollegen des Instituts haben über Jahre bewiesen, dass sie etwas können. Allein mit den Wahlhochrechnungen. Ich glaube, dass sämtliche Umfrageinstitute immer wieder für die verschiedenen Parteien auch Studien machen", so Kalina im Gespräch mit dem KURIER.
SPÖ-Chef Andreas Babler zum SORA-Leak
SPÖ-Chef Andreas Babler zum SORA-Leak
Es sei jedoch ein Unterschied, ob man eine Umfrage mache oder ob man ein strategischer Berater sei und eine Kampagne gestalte.
Die Vorgehensweise des SORA-Sozialforschers Günther Ogris hält Kalina für wenig professionell: "Wenn es so ist, wie bisher kolportiert, dass man ungefragt ein Konzept abliefert, das ist schon sehr ungewöhnlich. Und dass dann noch an so einen großen Verteiler schickt, das ist mir ein Rätsel."
Kalina kritisiert Inhalt des "Strategiepapiers"
Aber Kalina kritisiert nicht nur die Vorgehensweise des Instituts, sondern auch den Inhalt des "Strategiepapiers": "Eigentlich ist das kein Strategiekonzept, sondern eine Ansammlung von Plattitüden", so der PR-Berater. "Ich habe in meinem Leben schon einige strategische Konzepte für verschiedene Leute entwickelt, die komplexer zu lesen sind."
Auf die Frage hin, ob die im Strategiepapier als Minister vorgeschlagenen Personen (u.a. Gerhard Zeiler, Eva-Maria Holzleitner) davon wussten, meint Kalina: "Nein. Die Leute tun mir ehrlich gesagt leid. Sie kommen jetzt in der Öffentlichkeit ungefragt zum Handkuss."
Babler spricht von "Panne" für SORA-Institut
Der SPÖ-Vorsitzende Andreas Babler stellte am Mittwoch vor Journalisten klar, dass es seitens der Partei keine Beauftragung gegeben hätte. Die Unterlagen seien "Überlegungen", die SORA gemacht habe. Die "Panne" liege bei dem Meinungsforschungsinstitut und nicht bei der SPÖ. Auch kenne er das Papier nicht in seiner Gesamtheit, so Babler.
Was bedeutet diese Panne aber für das Image der SPÖ? Josef Kalina: "Wenn diese Angaben zutreffen, dann ist die SPÖ auch unschuldig zum Handkuss gekommen. Dann war das ein ungebetener Rat."
Kalina sieht keinen Vorteil für andere Parteien
Der ÖVP und FPÖ spiele das aber nicht in die Karten, ist Kalina überzeugt: "All diese Themen interessieren die Leute gar nicht. Dieses Politikspiel, wer mit wem und wohin, das interessiert niemanden."
Für die Leute habe das keine Bedeutung. Viel wichtiger wären Themen wie Kindergartenplätze, Impfungen, Inflation und "Themen, die das Leben der Leute in irgendeiner Art beeinflussen", so Kalina.
Kalina sieht keine Ähnlichkeit zur "Causa-Silberstein"
Der FPÖ-Vorsitzende Herbert Kickl kritisierte die SPÖ und das SORA-Institut am Mittwoch heftig in einer Pressekonferenz und zog einen Vergleich zur "Silberstein-Affäre": "Das sind Silberstein-Methoden, die im Gewand der Sozialdemokratie daherkommen", befand der FPÖ-Chef mit Verweis auf den Berater Tal Silberstein.
Josef Kalina dementiert das: "Da gibt es keine Ähnlichkeiten. Silberstein hat sich beim Dirty-Campaigning erwischen lassen. Das ist unmöglich."
Er spricht von einer "peinlichen" Aktion, mit der "Silberstein-Affäre" gäbe es jedoch keine Ähnlichkeiten, so der PR-Berater.
Die Reaktion des ORF sieht Kalina jedenfalls als "total übertrieben". Man müsse Wahlforschung von strategischen Modellen trennen. "Wenn ich zu einem Arzt gehe, erzählt mir der auch nichts vom Befund eines anderen Patienten."
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