Ex-Gesundheitsminister Anschober: "Von einer Entschuldigung halte ich gar nichts"

Ex-Gesundheitsminister Anschober: "Von einer Entschuldigung halte ich gar nichts"
Rudolf Anschober der Grünen über die Aufarbeitung der Covid-Zeit, das Ende der Klimakleber der Letzten Generation und sein neues Leben abseits der Politik.

Rudolf Anschober hat sich 2021 aus gesundheitlichen Gründen aus der Politik zurückgezogen. Mit Corona und Klimaschutz beschäftigt er sich nun in seinen Büchern.

KURIER: Die Corona-Pandemie ist schon seit längerer Zeit für beendet erklärt. Dennoch beherrscht das Thema weiterhin viele Diskussionen. Warum ist das so?

Rudolf Anschober: Meiner Meinung nach ist es falsch, dass die Corona-Pandemie wirklich beendet ist. Einerseits haben wir relativ viele Infektionsfälle und es gibt ansatzweise durchaus beachtliche Wellen, auch international. Das heißt, wir müssen schon ein Auge darauf werfen und auch weiterhin die Sensibilität haben, uns richtig zu verhalten. Ein zweites ganz großes Thema sind die Folgeerkrankungen. Auch da haben wir Handlungsbedarf. Und drittens gibt es vieles, was noch nicht aufgearbeitet ist. Da geht es um viele Gräben in der Gesellschaft.

Aber was hat diese tiefen Gräben tatsächlich verursacht?

Erstens einmal war die Pandemie für alle ein unglaublicher Eingriff in das Leben, von dem wir geglaubt haben, dass so etwas nie passieren kann. Da haben wir uns kräftig getäuscht. Das ist genauso wie beim Krieg in Europa, wo wir auch der Meinung waren, das wird es mit der Europäischen Union nicht mehr geben. Und jetzt haben wir diesen Überfall auf die Ukraine. Das alles verunsichert sehr, sehr viele Menschen. Auf eine Verunsicherung reagieren viele Menschen – auch das zeigt uns die Geschichte – mit einer Abwehr, die in Richtung Verschwörung geht. Ich erlebe jedenfalls, dass es einen großen Aufarbeitungsbedarf gibt. Es ist ganz schlecht und hoch riskant, das Thema einer Gruppe von Verschwörungstheoretikern zu überlassen.

Ist es nicht auch ein wenig die Angst der Regierenden vor dem Thema? Man hofft auf Versöhnung, aber noch lieber hat man, dass über Covid nicht mehr gesprochen wird.

Diesen Eindruck habe ich auch. Aber das möchte ich nicht nur der Politik vorwerfen. Das richtet sich auch an die Gesellschaft und die Medien. Es ist ja ein recht natürliches Verhalten, dass man eine schwere Krise komplett abhaken will. Das ist aber aus zwei Gründen keine ideale Vorgangsweise: Weil eben diese Gräben da sind, und das gehört gelöst. Und weil es viele Expertinnen und Experten gibt, die davon ausgehen, dass eine nächste Pandemie nicht auszuschließen ist.

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