Europarechtler: Chance für Klage gegen EU-Energie-Einstufung gering
Der Europarechtler Walter Obwexer rät Österreich von einer Klage gegen die Pläne der EU-Kommission, Atomkraft und fossiles Gas per Verordnung für Finanzprodukte als nachhaltig einzustufen, ab. Die Aussichten, damit durchzukommen, seien nicht groß, sagt Obwexer im Ö1-"Morgenjournal". Eine Klage vor dem EuGH, wie von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) anvisiert, hätte ihm zufolge auch keine aufschiebende Wirkung.
Eine sogenannte Nichtigkeitsklage gegen die neue Einstufung der Energieformen (Taxonomie) könnte laut dem Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Innsbruck aus zwei Gründen erfolgen: Verstoß der Kommission gegen die bisherige Taxonomieverordnung von 2020 und/oder Ermessensüberschreitung durch die Kommission. Obwexer: "Beide Klagegründe scheinen nicht Erfolg versprechend zu sein." Die Zuständigkeit der EU-Kommission sei in der Frage der Einstufung jedenfalls "eindeutig gegeben", betonte der Europarechtler. Das Argument, dass Atomkraft nicht nachhaltig sei, stehe auf schwachen Beinen.
Die Klage könnte erst nach Inkrafttreten der neuen Verordnung - "voraussichtlich nicht vor Sommer" - eingebracht werden, so Obwexer weiter. Bis zu einer Entscheidung würde es circa eineinhalb Jahre dauern; die Verordnung wäre bis dahin in Kraft. Investoren könnten schon jetzt bei Gerichten in Österreich Klagen einbringen, die sich dann wiederum an die EU-Gerichtsbarkeit wenden würden. Dass Österreich ausreichend andere EU-Mitglieder findet, um den Taxonomie-Vorschlag der EU-Kommission zu Fall zu bringen, oder eine Mehrheit im EU-Parlament dagegen stimmt, gilt ebenfalls als unwahrscheinlich.
Die Einstufung ist unter den EU-Mitgliedsstaaten umstritten. Während etwa Frankreich oder Tschechien auf Atomkraft setzen, steigt Deutschland bis Ende 2022 aus der Technologie aus - und schrittweise auch aus der Kohle. Deutschland begrüßt aber den Teil des Kommissionsvorschlags zum Gas als Brückentechnologie auf dem Weg aus der Klimakrise.
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