Zur Kernkraft hatte die Ministerin bereits Anfang 2021 eine Studie der WU Wien präsentiert, die ganz klar zum Ergebnis kommt, dass die Kernenergie nicht die Nachhaltigkeitskriterien der Taxonomie-Verordnung erfülle. Atomkraft leiste keinen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz, beträchtliche Umweltschäden könnten nicht ausgeschlossen werden. Zudem habe die Rechtsanwaltskanzlei Redeker Sellner Dahs im Auftrag des Ministeriums rechtliche Fragen geprüft, mit dem Fazit, wonach Kernkraft der Taxonomie entgegenstehe. Und damit ist jeder Rechtsakt, der die Kernenergie in die europäische Taxonomie einbezieht, vor den EU-Gerichten anfechtbar.
Gewessler stellt klar: „Sollte die Kommission also einen Rechtsakt erlassen, der nicht mit den Grundlagen der Taxonomie vereinbar ist und die Hintertür für das Greenwashing von Atomkraft öffnet, werden wir das anfechten und einklagen.“
Das sieht auch Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) so: „Wenn die EU-Kommission Investitionen in Kernkraft als nachhaltig erklärt, macht sie einen gewaltigen Fehler. Grüne Anleihen, mit denen Atomkraftwerke finanziert werden, wird niemand auf den Finanzmärkten ernst nehmen“, sagt er zum KURIER.
Damit zeichnet sich ein großer Machtkampf in Brüssel ab, bei dem Österreich nicht die besten Karten hat: Auf der einen Seite steht eine Gruppe von zwölf EU-Ländern, angeführt von Frankreich und Finnland, die Kernenergie in die Taxonomie einbeziehen möchte, weil sie eine kohlenstoffarme Energiequelle sei und radioaktive Abfälle sicher gehandhabt werden könnten, wenn geeignete Maßnahmen getroffen werden, wird argumentiert.
Österreich steht an der Spitze eines Fünf-Länder-Bündnisses, dem Dänemark, (vielleicht) Deutschland, Luxemburg und Portugal angehören und das die Aufnahme der Kernenergie in die EU-Regeln für grüne Finanzen verhindern will. Das Bündnis wurde während des COP26-Klimagipfels in Glasgow gegründet.
Um den Rechtsakt direkt anzufechten, fehlt den Gegnern aber eine „doppelte Mehrheit“ (mindestens 55 % der Mitgliedstaaten, die insgesamt mindestens 65 % der EU-Bevölkerung repräsentieren).
Wasserstoff als Langfristziel
Langfristig will die EU ohnehin auf grünen Wasserstoff (grün meint hier, dass der Wasserstoff mit Erneuerbaren Energien erzeugt wird) setzen. Die EU-Wasserstoffstrategie ist Teil des Europäischen Grünen Deals und sieht drei Phasen vor: bis 2024 soll die Produktion von grünem Wasserstoff auf eine Million Tonnen pro Jahr steigen; bis 2030 soll die Produktion auf zehn Millionen Tonnen pro Jahr steigen; und schließlich soll bis 2050 grüner Wasserstoff bereits in systemrelevantem Umfang hergestellt werden.
Wasserstoff kann als Einsatzstoff, Brennstoff oder Energieträger und -speicher mit zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten in der Industrie, im Verkehr, im Energie- und im Gebäudesektor genutzt werden. Vor allem aber verursacht seine Nutzung keine -Emissionen – und keine Luftverschmutzung.
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