Eurofighter-Verfahren endgültig eingestellt

Eurofighter-Verfahren endgültig eingestellt
OLG Wien stellt Betrugsermittlungen gehen Airbus ein. Auch der Beschwerde der WKStA Wien wurde nicht Folge gegeben.

Die Hoffnungen von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) und der Regierung, die Eurofighter auf juristischem Weg loszuwerden, haben sich endgültig in Luft aufgelöst. Das Oberlandesgericht Wien hat die Beschwerden der WKStA und der Republik gegen die Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts des Betrugs bei der Beschaffung der Eurofighter im Jahr 2003 und beim sogenannten Vergleich im Jahr 2007 durch das Landesgericht für Strafsachen zurückgewiesen.

Damit sind alle strafrechtlichen Ermittlungen wegen des Verdachts des Betruges im Zusammenhang mit der Beschaffung der Eurofighter in Österreich beendet, das teilte Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur, Mittwochabend mit.

Ermittlungsergebnisse reichten nicht aus

Die Einstellung erfolgte mit der Begründung, dass von den österreichischen Anklagebehörden im bisherigen dreieinhalbjährigen Ermittlungsverfahren der begründete Verdacht des Betrugs an der Republik Österreich nicht durch ausreichende eigene Ermittlungsergebnisse soweit dargestellt werden konnte, dass eine Fortsetzung der strafbehördlichen Ermittlungen gerechtfertigt wäre.

Der Präsident der Finanzprokuratur, der das Verfahren für die Republik geleitet hat, zeigte für die Einstellung der Ermittlungen kein Verständnis. Diese lasse sich "nicht mit den Entscheidungen der deutschen und US-amerikanischen Strafbehörden und dem Bericht des Verfahrensrichters im 2019 beendeten Eurofighter-Untersuchungsausschuss in Einklang bringen". Aber "Gerichtsentscheidungen schaffen Tatsachen, die zu akzeptieren sind", so Peschorn.

Er habe heute Verteidigungsministerin Tanner über die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien unterrichtet. Die Finanzprokuratur wurde von der Ministerin beauftragt, gemeinsam mit den Experten des Ressorts die Konsequenzen, die sich aus der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien ergeben, umfassend zu analysieren.

Der Versuch Österreichs, die viel gehassten Eurofighter mittels Betrugsanzeige auf juristischem Weg loszuwerden, ist nach dem Beschluss des Wiener Oberlandesgerichts endgültig gescheitert. Die Kampfflieger bleiben weiter im Einsatz, lediglich ein Verkauf an Indonesien als interessierter Nation bleibt Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) als vage Hoffnung. Ganz eingestellt sind die gerichtlichen Ermittlungen um das einstige schwarz-blaue Prestigeprojekt aber nicht.

Im Folgenden eine Chronologie:

2000
Die schwarz-blaue Regierung beschließt die Anschaffung neuer Abfangjäger.

2002
Juli: Die Typen-Entscheidung endet überraschend mit einem Sieg der Eurofighter als Draken-Nachfolger. Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) beziffert die Kosten für 24 Jets mit 1,791 Mrd. Euro.
August: Die Regierung beschließt wegen des Jahrhundert-Hochwassers eine Reduktion von 24 auf 18 Stück.

2003
Juli: Der Eurofighter-Vertrag wird unterzeichnet.

2006
Oktober: Der Nationalrat setzt mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ und Grünen einen Untersuchungsausschuss zur Beschaffung der Flieger ein.

2007
Jänner: Die Regierungsverhandlungen enden mit SPÖ-ÖVP-Einigung. Das Thema Eurofighter bleibt im Regierungsprogramm ausgespart. Der neue Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) bekommt von Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) den Auftrag, mit EADS über Ausstieg oder Verbilligung zu verhandeln.

April: Der für die Eurofighter-Einführung zuständige „Airchief“ Erich Wolf wird vorläufig vom Dienst suspendiert und angezeigt, nachdem eine 87.600-Euro-Zahlung des EADS-Lobbyisten Erhard Steininger an die Firma seiner Frau bekannt wurde. Rund vier Jahre später stellt die Staatsanwaltschaft Wien aber die Strafverfahren gegen den mittlerweile pensionierten Wolf, dessen Ehefrau, den Lobbyisten Steininger und das Ehepaar Rumpold ein.

Juni: Darabos vermeldet einen Vergleich mit der Eurofighter GmbH, wonach die Stückzahl von 18 auf 15 reduziert wird.

2008
August: Ein Rechnungshof-Bericht relativiert von Darabos genannte Einsparungen durch den Vergleich und kritisiert Vorgänge bei der Verhandlungsführung.

2009
September: Der letzte der 15 Eurofighter landet am Fliegerhorst Hinterstoisser.

2011
Mai: Beginn erneuter Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien.

2012
November: Einsetzung der Task Force Eurofighter-Vertrag im Verteidigungsministerium sowie der Task Force Gegengeschäfte im Wirtschaftsressort.

2014
Februar: Die Airbus Group, vormals EADS, schließt ihre interne Prüfung zu angeblichen Schmiergeldzahlungen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Eurofighter an Österreich ab. Über den Inhalt des Berichts gibt es keine Information. Laut Medienberichten soll eine britische Firma namens „City Chambers Limited“ in den Jahren 2003 bis 2009 rund acht Mio. Euro für Lobbying in Österreich kassiert haben.

2015
Das Wirtschaftsministerium folgt einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs und veröffentlicht alle Eurofighter-Gegengeschäfte.

2017
Februar: Veröffentlichung des Berichts der Task Force Eurofighter. Das Verteidigungsministerium unter Hans Peter Dokozil (SPÖ) erstattet Anzeige gegen Airbus. Es geht um den Verdacht auf arglistige und betrügerische Täuschung unter anderem beim Kaufpreis der Jets. Die Republik Österreich schließt sich außerdem dem Strafverfahren als Privatbeteiligte an und verlangt Schadenersatz in Millionenhöhe.

März: Der Nationalrat setzt auf Verlangen von Freiheitlichen und Grünen einen neuen U-Ausschuss ein. Die Zeugenbefragungen fördern nur wenig Neues zutage, wegen der Neuwahl im Herbst kann der Ausschuss nicht alle Themen abarbeiten und wird im Juli beendet.

Juli: Verteidigungsminister Doskozil verkündet den Ausstieg aus dem Eurofighter ab 2020. Künftig soll es nur mehr eine statt zwei Jet-Flotten geben. Eine Sonderkommission empfiehlt 15 einsitzige und drei doppelsitzige Überschallflugzeuge.

2018
Februar: Die Staatsanwaltschaft München stellt das jahrelange Schmiergeldverfahren gegen Airbus wegen des Eurofighter-Verkaufs an Österreich ein - gegen ein Bußgeld von 81 Mio. Euro. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien wegen Betrugs, Bestechung, Geldwäscherei und Untreue laufen weiter.

März: Der dritte U-Ausschuss zum Kauf der Eurofighter wird eingesetzt. Das 440-seitige Abschlusspapier übt Kritik an Mitgliedern der schwarz-blauen Regierung unter Wolfgang Schüssel (ÖVP), aber auch an Flugzeughersteller EADS/Eurofighter. Der Nachweis individueller Bestechung wird aber nicht erbracht.

2019
Jänner: Die Eurofighter-Ermittlungen wandern von der bisher zuständigen Staatsanwaltschaft Wien zur Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA).

März: In München werden in der Airbus-Korruptionsaffäre um den Verkauf von Eurofightern an Österreich zwei Beteiligte zu Bewährungsstrafen verurteilt. Ein früherer Airbus-Manager und ein weiterer Beschuldigter fassten Freiheitsstrafen wegen schwerer Untreue und Beihilfe dazu aus. In sechs Fällen werden die Ermittlungen eingestellt, weil die Betroffenen in ähnlichem Zusammenhang bereits in Deutschland verurteilt wurden oder in Österreich im Visier der Strafverfolger sind.

April: Die Eurofighter-Ermittlungen gegen den ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser werden nach einem entsprechenden Antrag seines Anwaltes Manfred Ainedter eingestellt.

2020
Jänner: Im türkis-grünen Regierungsprogramm sucht man vergeblich konkrete Pläne zur Ausgestaltung der Luftraumüberwachung und der Zukunft der Eurofighter. Lediglich ein „Bekenntnis zur Luftraumüberwachung“ gibt es - sie soll durch eine „adäquate und kosteneffiziente Lösung“ erfolgen.

Februar: Airbus hat gegenüber den US-Behörden unlauteres Verhalten bei der Eurofighter-Anschaffung in Österreich gestanden. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) fordert Wiedergutmachung vom Jet-Hersteller. Finanzprokuratur-Präsident und Kurzzeit-Innenminister Wolfgang Peschorn erwartet eine Anklage gegen Airbus auch in Österreich

April: Das Straflandesgericht Wien stellt das Verfahren zu Doskozils Betrugsanzeige ein. Ermittlungen wegen des Verdachts auf Geldwäscherei, Untreue und Korruption sind aber nach wie vor am Laufen, betont die WKStA.

Juli: Verteidigungsministerin Tanner lässt die 50 Jahre alten Saab 105 des Bundesheeres ausfliegen und setzt damit vorerst bei der Luftraumüberwachung nur noch auf die Eurofighter, bis ein Vertragsausstieg möglich sei. Indonesion zeigt sich am Kauf der Flieger interessiert.

November: Die Hoffnungen, die Eurofighter auf juristischem Weg loszuwerden, lösen sich endgültig in Luft auf. Das Oberlandesgericht Wien weist die Beschwerden der WKStA und der Republik gegen die Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts des Betrugs bei der Beschaffung der Eurofighter im Jahr 2003 und beim sogenannten Vergleich im Jahr 2007 durch das Landesgericht für Strafsachen zurück. Andere Verfahrenskomplexe sind aber weiterhin offen, heißt es bei der WKStA.

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