Euro-Gegner Sarrazin befeuert Straches Wahlkampf

2011 lauschte Strache Sarrazins Thesen zu den Immigrationsproblemen in Deutschland.
Wien-Auftritt: Der Autor ortet schon „den Keim für die nächste Finanzkrise“.

Polizeiabsperrungen vor der Hofburg, strenge Zugangskontrollen, knallvoller Saal: Wenn Thilo Sarrazin spricht, ist ihm noch immer Aufmerksamkeit gewiss. Mittwochabend war der Autor, der eigentlich für seine harschen Worte gegen Ausländer bekannt ist, in Wien, um über die Euro-Krise zu sprechen – und damit den Wahlkampf der FPÖ zu befeuern.

Europa braucht den Euro nicht“, heißt Sarrazins 2012 erschienenes Buch, das er auf Einladung von Volksanwalt Peter Fichtenbauer, Ex-Vize-Klubobmann der FPÖ und Präsident des liberalen Klubs, vorstellte. „Es war falsch, eine gemeinsame Währung einzuführen, ehe es einen gemeinsamen Bundesstaat gibt“, lautet seine These. Der Euro habe Wachstum und Wohlstand nicht begünstigt, sondern in Krisenländern eher beeinträchtigt. So sei etwa die Türkei dank kräftiger Abwertungen viel besser durch die Wirtschaftskrise gekommen als die Griechen mit dem Euro.

Mit Europas Krisenpolitik geht er hart ins Gericht: Die Übernahme von Haftungen via Rettungsschirmen sei falsch und verhindere Reformen. Dass die Europäische Zentralbank die Schuldnerstaaten mit Staatsanleihen finanziert und zu ihren Gunsten die Zinsen niedrig hält, beinhalte voraussichtlich „den Keim für die nächste große Finanzkrise“.

Doch die rund 1200 Besucher – darunter auch ÖVP-Bezirks-Chefin Ursula Stenzel – kennen Sarrazin wohl nicht wegen seiner lautstarken Euro-Kritik, sondern wegen seines umstrittenen Bestsellers „Deutschland schafft sich ab“. Mehr als 1,5 Millionen Mal wurde sein Buch über die Probleme mit Zuwanderern inzwischen verkauft.

Europa schafft sich ab

Daher sparte Sarrazin das Thema auch am Mittwoch nicht aus: Der Euro sei auch aus dem Ziel heraus entstanden, dem Bedeutungsverlust in Europa entgegenzuwirken. Schließlich schrumpfe Europa, während die Bevölkerungszahlen in Afrika explodieren.

Das Thema nahm in der Podiumsdiskussion auch FP-Parteichef Heinz-Christian Strache gerne auf: „Das gesamte christliche Abendland schafft sich ab, wenn wir nicht in die europäischen Familien investieren“, meinte er in Anspielung an Sarrazins Aufreger-Buch. Diese Prioritäten seien wichtiger als das Projekt Euro um jeden Preis.

Mittlerweile habe er oft das Gefühl, „der Euro ist eine Ersatzreligion. Da werden gar Denkverbote ausgesprochen.“ Mit nationalen Währungen würde es vielen Ländern besser gehen. Da stimmte auch Sarrazin zu. Sein Fazit: „Wir haben den Euro nicht gebraucht. Aber das zählt in der Politik nicht.“

Skandalautor

Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde Sarrazin als Berliner Finanzsenator, der selten um einen flotten Spruch verlegen war. Von April 2009 bis September 2010 war der gelernte Volkswirt auch Vorstandsmitglied der Bundesbank. Grund für sein Ausscheiden waren die teils äußerst umstrittenen Thesen seines 1,5 Mio. Mal verkauften Buches „Deutschland schafft sich ab“, wo er etwa restriktive Bedingungen für Zuwanderungen fordert. Sarrazin (68) ist nach wie vor Mitglied der SPD.

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