EU-Wahl: Europas Rechte haken Straches Sturz ab

Vorbei - die einstigen Verbündeten Heinz-Christian Strache und Marine Le Pen
Der Abgang des FPÖ-Chefs dürfte die erwarteten Zugewinne der Rechtspopulisten nicht dämpfen.

Die große pan-europäische Allianz der Rechtspopulisten, von der Italiens Innenminister und Lega-Chef Matteo Salvini träumt – hat das Skandal-Video von Ibiza diesen Plan pulverisiert? Gehen Salvini, Marine Le Pen, Geert Wilders und Co. nun am Sonntag mit gedämpften Chancen in die EU-Wahlen?

Wenig deutet darauf hin. Vielmehr dürften die Auswirkung jenes Videos, in dem sich Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus um Kopf und Kragen redeten, auf europäischer Ebene kaum Auswirkungen haben. Tunlichst bemühen sich die bisher der FPÖ nah gestandenen rechtspopulistschen Freunde um Distanzierung: „Eine rein innerösterreichische Angelegenheit“. Nichts also, was die eigenen Wähler kümmern müsste. Und diese Botschaft dürfte durchaus ankommen: Europaskeptische Wähler von Spanien bis Polen haben ihre eigenen Wahlmotive. Sie werden sich von Straches Gebaren kaum abschrecken lassen.

Marine Le Pen wiederum, die den tief gestürzten FPÖ-Chef bisher als ihren politischen Freund zur Seite hatte, zeigte Milde: „Er hat einen schwerwiegenden Fehler begangen“, sagte die Chefin des französischen rechtspopulistischen Rassemblement National (früherer Front National). Dieses Fehlverhalten sei aber umgehend durch seinen Rücktritt geahndet worden, behauptet Le Pen. Und damit ist das peinliche Thema aus ihrer Sicht auch schon wieder Erledigt. Lega-Chef Salvini hält sich dagegen an das Motto: Schweigen über den Ibiza-Skandal ist Gold.

„Man darf die Rolle, die die FPÖ innerhalb der europäischen Rechten spielt, nicht überbewerten“, gab auch der Politologe Martin Dolezal (Universität Salzburg) gestern gegenüber der APA zu bedenken. Man habe nach dem Platzen der Affäre sofort gesehen, dass die Rechtspopulisten in Europa „zwischen Personen und Parteien differenzieren – also zwischen Strache und der FPÖ“.

Vier Mandate hatte die FPÖ bisher im Europaparlament (von insgesamt 18 österreichischen EU-Abgeordneten). Bis Freitagabend lauteten die Prognosen noch: Fünf Mandate. Doch selbst wenn die FPÖ-Wähler ihre Partei nun abstrafen sollten, hat der Verlust von ein oder zwei Abgeordneten auf europäischer Ebene so gut wie keine Auswirkung.

Schub aus Italien

Denn der große Schub für die europäischen Rechtspopulisten wird am Sonntag vor allem aus Italien erwartet. Matteo Salvinis Lega dürfte allein um die 20 Mandate dazugewinnen. Sein Plan: Eine Allianz aller Rechtspopulisten im EU-Parlament soll die zweitstärkste Kraft werden – hinter der Europäischen Volkspartei (EVP).

Selbst Ungarns Premier Viktor Orban und dessen Regierungspartei Fidesz will Salvini auf seine Seite ziehen. Der zeigte sich durchaus geschmeichelt und empfahl seiner Parteimutter EVP gar die Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten, doch von einer Allianz war in Budapest noch nicht die Rede.

Dabei beginnt auch das neue Zugpferd der europäische Rechtspopulisten seit kurzem ein wenig zu schwächeln. Gegen seinen erbitterten Widerstand musste Salvini seinen Staatssekretär Armando Siri entlassen. Der Grund: Verdacht auf Bestechlichkeit. Dass der Innenminister seinen engen Vertrauen rauswerfen musste, sahen Italiens Medien als seine „erste verlorene Schlacht“.

Und dass nach dem Tiefschlag für Salvini nun auch die FPÖ einen abbekam, sieht so mancher Verschwörungstheoretiker in Brüssel bereits als „keinen Zufall“.

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