EU-Vorsitz: Kern erwartet "ein einziges großes Fotoshooting"

EU-Vorsitz: Kern erwartet "ein einziges großes Fotoshooting"
Der SPÖ-Chef hegt keine großen Erwartungen an die Bundesregierung. Auch beim EU-Budget rechnet er mit keinem Durchbruch.

SPÖ-Chef Christian Kern hegt keine allzu großen Erwartungen an Österreichs EU-Vorsitz unter der ÖVP-FPÖ-Regierung. "Ich habe den Verdacht entwickelt, das Ganze wird ein einziges riesiges Fotoshooting werden. Nach dem Pandabär ist jetzt die EU-Kommission als nächstes dran", sagte Kern im Vorfeld des Europatags im APA-Interview.

Man dürfe aber auch keine zu unrealistischen Erwartungshaltungen haben, was bei einer Ratspräsidentschaft überhaupt möglich ist. Seit dem letzten EU-Vorsitz Österreichs gebe es inzwischen eine "feste Ratsstruktur mit einem Präsidenten, der in Wahrheit die ganze Arbeit macht", so Kern. Österreichische Beamte seien zwar in die Vorbereitungen involviert, die Dinge seien aber im Laufen und Fließen.

"Ich erwarte mir von der Bundesregierung wenig. Die Themen, die da angesprochen werden, die ganze Migrationsgeschichte, das ist seit dem Malta-Gipfel auf der Tagesordnung, und da gibt es auch große Fortschritte. Die Zahl der Asylanträge in Europa geht massiv zurück. Das hat damit zu tun, dass die Beschlüsse aus dem Februar 2017 jetzt auch wirklich sukzessive exekutiert werden", sagte Kern.

EU-Vorsitz: Kern erwartet "ein einziges großes Fotoshooting"

Christian Kern zusammen mit Jean-Claude Juncker (l.) und Martin Schulz (r.) auf europäischem Parkett.

Kern selbst hatte bei seinen Vorbereitungen auf den EU-Vorsitz, in die er als Bundeskanzler bis Dezember vergangenen Jahres eingebunden war, auf die Schwerpunkte Arbeitsmarktpolitik, Steuerpolitik, EU-Budget und Migrationspolitik gesetzt. "Wir brauchen endlich eine Umsetzung der Entsenderichtlinie und eine Klärung der Frage, zu welchen Bedingungen Menschen auf unseren Arbeitsmarkt kommen können. Da hat es massiven Missbrauch gegeben."

Seitenhieb gegen Kurz

Er rechnet auch nicht damit, dass die Diskussion über den künftigen EU-Finanzrahmen in den sechs Monaten unter Österreichs Vorsitzführung entschieden sein wird. "Wir brauchen mehr Geld für Forschung und Entwicklung, mehr Geld für den Schutz der Außengrenzen, mehr Geld für Investitionen. Wenn man das unter der Prämisse sieht, dass der Etat insgesamt nicht mehr wachsen soll, muss man entscheiden, was man alles nicht haben möchte. Wir werden irgendwann sagen müssen, wo es Einsparungen geben soll." Kern sieht entsprechendes Potenzial im Agrarbereich.

Dass sich die Regierung in ihren außenpolitischen Aktivitäten auf den Spuren des früheren SPÖ-Kanzlers Bruno Kreisky sieht, kommentiert Kern zudem kritisch: "Probieren kann man es ja. Aber eine krachendere Abfuhr als der russische Außenminister Lawrow dem Herrn Kurz erteilt hat, hab ich selten gesehen. Das ist ja obskur, wenn wir sagen, wir sind Vermittler in Syrien. Es braucht einen Vermittler zwischen den Kriegsparteien, aber den gibt es schon, und Russland ist ja dort nicht Kriegspartei."

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