Heute, Dienstag, findet eine erste richtungsweisende Abstimmung im Agrarausschuss des EU-Parlaments statt. Bei mehr als 800 Abänderungsanträgen kann zur Stunde niemand sagen, was am Ende für die Saatgutzüchter übrig bleibt. Klar ist nur, gegen wen der Widerstand gerichtet ist: die „Big 4“ beim Saatgut, das sind die Agrarindustriekonzerne BASF, Bayer, Syngenta und Corteva Agriscience. Von diesen vier stammen inzwischen mehr als die Hälfte der weltweit angepflanzten landwirtschaftlichen Produkte. Dieselben Konzerne machen auch gleichzeitig Milliardengeschäfte mit chemisch-synthetischen Spritz- und Düngemitteln, denn sie beherrschen fast zwei Drittel des Weltmarkts für Pestizide.
„Dabei ist lokal produziertes, genetisch vielfältiges Saatgut oft widerstandsfähiger gegen Krankheiten, Schädlinge und Auswirkungen der Klimakrise“, erklärt Magdalena Prieler. Die Wirtschaftswissenschaftlerin und Umweltaktivistin ist beim Verein Arche Noah engagiert, der sich neben einigen kleinen Produzenten und Privatinitiativen seit 35 Jahren für den Erhalt und die Entwicklung der Kulturpflanzenvielfalt einsetzt.
Mehr als 5.500 Sorten finden sich bei der Arche, bei Paradeisern allein seien es etwa 600 Sorten. Warum das wichtig ist? „Seit 1900 ist die Vielfalt unserer Kulturpflanzen durch die Industrialisierung der Landwirtschaft weltweit um etwa 75 Prozent zurückgegangen“, klärt Prieler auf.
Die kleinen Verbände hoffen auf konkrete Abänderungen beim Saatgutrecht: Etwa, dass Saatgut eben nicht nur mehr verkauft werden darf, wenn es zuvor offiziell registriert und zertifiziert wurde – das seien zu hohe bürokratische und finanzielle Hürden. Landwirte müssten untereinander wie bisher Saatgut weitergeben dürfen. Und es solle die Möglichkeit bewahrt bleiben, Saatgut mit einer im Vergleich zu industriellen Sorten höheren genetischen Vielfalt zu vermarkten.
Ein endgültiger Beschluss in der EU wird erst 2025 erwartet.
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