EU-Kommissar Oettinger: "Kleine Erhöhung" des EU-Budgets

Günther Oettinger
Der Deutsche verhandelt direkt mit dem Kanzler über mehr Geld und Österreichs EU-Vorsitz.

"Beim Geld hört die Freundschaft auf" – lautet ein gängiges Sprichwort. Den Bruch der Freundschaft mit Österreichs Regierungsspitze will Budgetkommissar Günther Oettinger aber erst gar nicht riskieren, wenn er heute, Montag, Sebastian Kurz und etliche andere Minister trifft, um über den mehrjährigen EU-Haushalt von 2020 bis 2027 zu verhandeln.

Dabei geht es um weit mehr als eine Billion Euro, allein das bisherige Budget liegt schon darüber. 1087,4 Milliarden Euro sind genau ein Prozent des BIP aller Mitgliedsländer, doch Oettinger will 1,11 Prozent, maximal 1,19 Prozent des BIP. Er fordert eine "sehr maßvolle kleine Erhöhung", wie er zuletzt mehrmals betonte. Der Kommissar verweist ständig darauf, dass durch den Brexit eine Lücke von 12 bis 14 Milliarden Euro jährlich im EU-Budget entsteht.

Doch davon will die österreichische Regierung, allen voran der Kanzler und Europa-Minister Gernot Blümel, nichts wissen. Ein Prozent des BIP ist für die türkis-blaue Koalition die absolute Obergrenze und kein Cent mehr soll nach Brüssel überwiesen werden.

Aber wie soll die EU-Kommission künftig Aufgaben, wie einen effizienten Außengrenzschutz oder die Sicherheits- und Außenpolitik, finanzieren? Gerade Letzteres fordert aber Österreich.

EU-Kommissar Oettinger: "Kleine Erhöhung" des EU-Budgets
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Eisernes Sparen

Die Antwort der Bundesregierung ist einfach: "Eisernes Sparen" bei der Verwaltung und anderen milliardenschweren Posten. Minister Blümel brachte das kürzlich bei seinem Brüssel-Aufenthalt unmissverständlich zum Ausdruck. Dass die Ausgaben für die Verwaltung trotz Erweiterung und neuer Herausforderungen – wie die Kosten für Flüchtlinge – seit vielen Jahren konstant bei fünf bis sechs Prozent des EU-Haushaltes liegen, lässt die Wiener Politiker unbeeindruckt. Österreich kann sich – zum Missfallen vieler anderer kleiner Länder – auch die Halbierung der Zahl der EU-Kommissare vorstellen, mit den Briten sind es derzeit noch 28.

Einfach werden die Verhandlungen Oettingers mit der österreichischen Regierung nicht. Er will Kurz und sein Minister-Team davon überzeugen, dass die finanzielle Lücke, die durch den Austritt Großbritanniens entsteht, einerseits zu 50 Prozent durch Kürzung bestehender Haushaltsstrukturen (zum Beispiel Landwirtschaft und Regionalpolitik) geschlossen wird, sowie zu weiteren 50 Prozent durch "ergänzende Einnahmen".

Hinter dem sachlichen und ganz harmlos klingenden Begriff "ergänzende Einnahmen", verbirgt sich aber großes Streitpotenzial.

Für die Kommission sind die Einnahmen aus dem Emissionshandel (ETS-System) oder die Einführung einer neuen EU-weiten Plastiksteuer vorstellbar. Kunststoff-Müll würde derzeit überhand nehmen, Altkunststoffe seien das neue Umweltproblem. ETS-Einnahmen und Plastiksteuer könnten direkt in den EU-Topf fließen. "Das Geld kommt damit dorthin, wo die Gesetzgebung liegt", nämlich in der EU-Kommission, argumentiert der Christdemokrat.

Ob die ÖVP-FPÖ-Koalition diesen neuen Einnahmequellen zustimmt, ist völlig offen. Experten sagen, "eher Nein", weil den Wählern versprochen wurde, keine neuen Abgaben einzuführen.

Kurz und Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger fordern, dass osteuropäische Länder einen größeren Beitrag leisten sollten. Das lehnen diese Staaten auch gar nicht ab. Wie Deutschland sind sie bereit, mehr in den EU-Haushalt einzuzahlen, immerhin bekommen sie auch viel Geld an Förderungen zurück.

Kunststück

Im Mai wird die EU-Kommission ihren Haushaltsvorschlag für die nächsten Jahre vorlegen. Das Zahlenwerk wird die Basis für die österreichische EU-Präsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 sein, das Budget mit allen Mitgliedern zu verhandeln. Ein Megaprojekt: Österreich muss den Spagat zwischen nationalen Eigeninteressen und einem Kompromiss schaffen. "Ein Kunststück", heißt es in Brüssel.

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