Es muss nicht immer die Uni sein

Die Ausbildungskosten unterscheiden sich je nach Branche
Immer mehr Maturanten finden als Lehrlinge ihr Glück – beste Chancen sind in MINT-Jobs

Eigentlich verlief Elisabeth Hafergut-Fuchs’ Karriere nach Plan: Sie studierte Ernährungswissenschaften und arbeitete dann in der Qualitätssicherung eines Pharma-Konzerns. Doch obwohl das Geld stimmte, wurde sie in ihrem Job nicht glücklich: „Meine Aufgabe war es, Menschen auf ihre Fehler hinzuweisen. Meistens habe ich jemanden unglücklich gemacht.“ Mit 35 folgte sie ihrem Herzen und begann eine Lehre als Zuckerbäckerin. Heute ist sie selbstständig, bietet Konditorkurse an. Und ist glücklich.

Auch Nico Schobesberger hat umgesattelt. Während des Studiums der Kommunikationswirtschaft besuchte er oft seine damalige Freundin in der Schweiz, wo er begann, sich für Schokolade zu interessieren. Zurück in Österreich beschloss er, Chocolatier zu werden. Binnen 11 Monaten schloss er die Lehre ab. Heute ist er stellvertretender Produktionsleiter in einer Schokoladenmanufaktur.

Lehrlinge mit Matura

Mit einer Matura in der Tasche den Weg in die Lehre statt an die Uni zu wählen, ist in Österreich noch immer selten. Knapp 5.000 Lehrlinge haben Matura. Dabei spricht viel für die duale Ausbildung: Der Fachkräftemangel verspricht gute Jobaussichten, vor allem in technischen Berufen.

In Österreich fehlen derzeit rund 160.000 Fachkräfte. Alleine in Oberösterreich 30.000. Bis 2030 könnte die Lücke hier auf 130.000 anwachsen – für ein Industrieland fatal. „Es ist ein schleichender Prozess“, sagt Joachim Haindl-Grutsch, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung OÖ. Hier ist der Mangel besonders groß im Bereich der MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik). „Durch die Digitalisierung steigt der Bedarf enorm“, sagt Haindl-Grutsch – und zwar auf allen Bildungsstufen: Lehre, HTL, Fachhochschule, Universität.

Es muss nicht immer die Uni sein

Mehr HTL-Schülerinnen

Um die Jugend für Technik zu begeistern, wurden zahlreiche Programme gestartet – zum Teil schon auf Volksschulebene. Die Anstrengungen zeigen Wirkung: Der Anteil der Mädchen in den HTL konnte seit 2009 fast verdoppelt werden. Auch in typisch männlichen Lehrberufen steigt der Frauenanteil.

Was für eine MINT-Ausbildung spricht? „Gute Jobaussichten, gute Karrierechancen und sehr gute Bezahlung“, sagt Haindl-Grutsch – auch ohne Studium: „Wenn das Kind einer studierten Soziologin eine Mechatroniklehre macht, dann ist das kein Bildungsabstieg, ganz im Gegenteil.“

Kürzere Lehre mit Matura

Darum wird auch gezielt um Maturanten für eine Lehrausbildung geworben. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Ausbildung kann um ein Jahr verkürzt werden, auch bei der Bezahlung steigen Maturanten nicht schlecht aus: In vielen KVs sind bessere Bezahlungen für Lehrlinge über 18 vorgesehen, zahlreiche Betriebe zahlen ihnen von sich aus den Hilfsarbeiterlohn. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Fördermodelle für Lehrlinge mit Matura.

Es muss also nicht immer ein Studium sein. Aber egal, welchen Weg man einschlägt: Neben fundierten Fachkenntnissen braucht man „Zukunftsskills“, sagt Thomas Meyr, Geschäftsführer des Instituts für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw): „Soziale Kompetenzen sind stark gefragt. Man sollte sich in andere Berufe hineindenken können. Ganz wichtig sind auch Fremdsprachenkenntnisse.“ Digitale Kompetenzen setzt Meyr als „neue Allgemeinbildung“ ohnehin voraus.

Ständig fortbilden

„Das, was man tut, soll man gut machen“, sagt Meyr. „Es ist besser, ein exzellenter Installateur zu sein, als ein durchschnittlicher Politikwissenschafter. Denn der exzellente Installateur kann sich selbstständig machen.“ Was jedoch den Installateur nicht vom Politikwissenschafter unterscheidet: Egal wie gut man ist, man muss sich ständig fortbilden. „Den Installateur braucht es auch in 20 Jahren noch. Aber es wird ein anderer Installateur sein als heute“, sagt Meyr.

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