Die ÖVP ist seit dem Abgang von Kurz kaum zur Ruhe gekommen. Zwar hat sein Nachfolger an der Parteispitze Karl Nehammer einen respektablen Start hingelegt, war aber zuletzt wegen unbedachter Aussagen beim Parteitag in Tirol („dann brauchen wir entweder Alkohol oder Psychopharmaka“) und durch die offen zur Schau getragenen Eingriffe der Landeshauptleute Johanna Mikl-Leitner, Thomas Stelzer und Christopher Drexler unter Druck geraten. Er musste seine Haltung zum Preisdeckel bei Energie binnen Tagen um 180 Grad drehen. In den Umfragewerten liegt die ÖVP bei rund 22 Prozent und damit um 15 Prozentpunkte unter dem letzten Ergebnis von Kurz bei der Nationalratswahl 2019.
Kurz selbst tourt mittlerweile für den US-Milliardär Peter Thiel rund um den Globus und hat zuletzt mit Investor Alexander Schütz ein Unternehmen mit Büros in Israel und Dubai gegründet. Bei einem Besuch des Konzerts von Elina Garanča im Juli im Stift Göttweig ließ er anklingen, dass ihn die heimische Innenpolitik kaum noch beschäftige. Erst gestern ließ Krone-Kolumnist Michael Jeannée mit einem Ruf nach Kurz aufhorchen. Er wünsche sich „statt Nehammer, Rauch und Gewessler“ lieber „Kurz, Kurz, Kurz“ in die Politik zurück.
Das scheint zumindest bis zu einem Abschluss der bisher anhängigen Verfahren der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen falscher Zeugenaussage im Untersuchungsausschuss und wegen der Verwicklung in die sogenannte Inseratenaffäre nicht denkbar, Kurz selbst hat eine Rückkehr auch ausgeschlossen. Er postete zuletzt Fotos mit einem Tigerbaby im niederösterreichischen Kernhof und war bei einem Robbie Williams-Konzert im noblen Saint-Tropez.
Beim Kongress in Salzburg wird mit Wolfgang Schüssel ein weiterer ehemaliger ÖVP-Bundeskanzler auftreten: Er diskutiert mit dem früheren deutschen Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg über Geopolitik. Das Programm ist mit Andrea Orcel (Chef der italienischen Uni-Credit), Hildegard Wortmann (Vorstand der Audi AG) und dem im Ausland erfolgreichen steirischen Manager Meinrad Spenger hochkarätig besetzt. Spenger ist als neuer Chef eines fusionierten französisch-spanischen Mobilfunkriesen im Gespräch. Von der Bundesregierung nehmen Europa-Ministerin Karoline Edtstadler und Wirtschaftsminister Martin Kocher teil. Die meisten Themen auf den Podien drehen sich um Geopolitik, Energie und Start-ups. Hinter den Kulissen aber wohl um Sebastian Kurz.
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