Ein Danke an die Heldinnen und Helden der Corona-Krise
Der KURIER hat die Vertreter der sechs Berufsgruppen gefragt, was sie leisten, was sie hoffen und was sie befürchten.
Am vergangenen Montag wurden seine Kollegen und er aus St. Pölten nach Wien gerufen, als ein Terrorist auf Menschen schoss, jetzt steht wieder der Dienst in der niederösterreichischen Landeshauptstadt im Vordergrund. Seit 1998 ist Michael Wolfsberger bei der Polizei, es sei die Abwechslung, die den Beruf für ihn so interessant mache, erzählt der 43-Jährige. Zusätzlich gefordert ist die Exekutive aber seit Monaten auch durch die Pandemie. „Wir sind derzeit verstärkt unterwegs, um Gastro-Kontrollen durchzuführen. Auch die Ausgangsbeschränkungen sind natürlich ein Thema. Wir sind froh, dass sich die Bürger zu einem großen Teil an die neuen Regeln halten“, berichtet Wolfsberger. Die Krise bewirke aber auch Positives, so der Niederösterreicher. „Man merkt, dass die Menschen sehr dankbar sind, dass es uns gibt“, sagt der Beamte, der auch Mitglied der Einsatzeinheit ist und deshalb immer wieder bei gefährlichen Vorfällen an vorderster Front mit dabei ist. Als Dankeschön bekam das Team um den 43-Jährigen zuletzt von Bürgern Süßigkeiten geschenkt. Ein schöne Geste in dunklen Zeiten.
„Erst gestern hat mir wieder eine Mama Schokolade gebracht, damit ich durchhalte. Das tut schon gut“, erzählt Anita Macher (50), Leiterin eines KIWI-Kindergartens in Wien Ottakring. Dabei gehe es ihr nicht um Dankbarkeit, sondern um das Gefühl der Gemeinsamkeit mit Eltern und Kindern. Ihr Team arbeitet seit dem ersten Lockdown durch, der Kindergarten ist von 7 bis 18 Uhr geöffnet. Sie selbst pendelt jeden Tag von Niederösterreich in die Stadt – eineinhalb Stunden pro Strecke. „Um meine eigene Gesundheit mache ich mir weniger Gedanken – wir Pädagogen werden ja irgendwann nicht mehr krank“, lacht sie. Sorgen bereitet ihr eher, dass sie ihre Mutter anstecken könnte. „Auch für meine Mitarbeiter trage ich die Verantwortung. Sie waren meine Helden in diesem Jahr.“
Corona habe wie ein Brennglas bestehende Probleme in den Kindergärten offenbart, sagt Macher: zu wenig Pädagogen, schlechte Bezahlung. „Anders als beim ersten Lockdown habe ich jetzt aber das Gefühl, dass die Wichtigkeit der Institution erkannt wurde. Ich wünsche mir, dass das auch nach der Pandemie so bleibt.“
Anzahl der Beschäftigten in der Branche: 35.000
Einstiegsgehalt, brutto pro Monat: EUR 1.600
Mund-Nasen-Schutz, Brille, Gesichtsschild, Haube, zwei Paar Handschuhe, Kittel: Katrin Ferstl hat mittlerweile so viel Routine, dass sie innerhalb von fünf Minuten in der Schutzausrüstung steckt. Vor neun Monaten, als die ersten Corona-Patienten auf der Abteilung für Infektiologie der Klinik Favoriten intensiv betreut werden mussten, dauerte die Prozedur noch 15 Minuten.
Jetzt sind alle Betten mit hoch ansteckenden Covid-Erkrankten belegt. „Wir haben seit Februar ständig dazu gelernt“, sagt die 29-Jährige und spricht damit therapeutische wie pflegerische Fortschritte an. „Es macht Freude, wenn wir gegen die Krankheit ankommen und jemanden entlassen können.“ Traurige Momente kennt Ferstl freilich genauso. Der Austausch im Team hilft, damit umzugehen. Die Wienerin sucht zudem Ausgleich in der Natur: „Beim Wandern bekomme ich den Kopf frei.“ Angst vor einer Ansteckung im Spital hat sie nicht, die Gefahr sei draußen größer. Im Falle einer Infektion vertraue sie auf das heimische Gesundheitssystem, für sie der wahre Held. „Ich mache nur meinen Job – weil ich helfen will.“
Normalerweise liegen auf der Intensivstation 9D im Wiener AKH/MedUni Patienten nach einer Organtransplantation. Im März wurde sie zur Covid-Station mit sechs Intensivbetten umgewandelt. „Wir sind gewohnt, schnell zu reagieren. Doch der Umgang mit Covid-19-Patienten ist sehr aufwendig. Allein das An- und Ausziehen der Schutzkleidung braucht Zeit“, sagt Bernhard Rössler. Diese und andere Abläufe zu erarbeiten und zu trainieren war zu Beginn eine der größten Herausforderungen. „Die im Frühjahr spürbare Unsicherheit ist gewichen. Der Umgang ist viel routinierter geworden. Noch immer kommt das Team bei Kontakt mit Angehörigen von Patienten, etwa mit schwerem Lungenversagen, in schwierige Situationen. „Wegen nötiger Schutzmaßnahmen sehen sie die Erkrankten oft bis zu drei Wochen nicht. Man merkt diese Belastung.“ Mit längeren Telefongesprächen versuche man den Bedürfnissen gerecht zu werden. Neben Herausforderungen nimmt er viel Positives wahr: „Der Zusammenhalt im Team ist extrem groß. Auch über Abteilungen hinweg herrscht eine nie da gewesene Zusammenarbeit.“
Anzahl der Beschäftigte in der Branche: 3.000
Einstiegsgehalt, brutto pro Monat: EUR 6.073,48
Anfang März war Maria Zimmer Skifahren. Vom Geschehen zu Hause in Wien bekam sie kaum etwas mit. Als sie dann zurück in den Dienst als Stationsleiterin der Pflege Leopoldstadt kam, war plötzlich alles anders. „Es ist auf einmal sehr ruhig geworden, weil die Bewohner keinen Besuch mehr haben durften“, erzählt die 56-Jährige. „Für viele war das sehr belastend und wir sind oft mit dem Telefon herumgerannt“. Auch jenen Bewohnern, die selbst ein Handy haben, mussten Zimmer und ihre Kollegen vermehrt technische Hilfe leisten, damit sie mit den Angehörigen Kontakt halten konnten.
Ein Teil der Station wurde für Testungen abgegrenzt. Hier tragen die Pflegekräfte volle Schutzkleidung. Maria Zimmer stört das nicht. „Ich habe aber generell mehr Angst, mich im Supermarkt anzustecken, als in der Arbeit“, sagt sie. Zwar hätten sich die Spielregeln seit März oft und schnell geändert, die Haus-Leitung habe das aber gut weiterkommuniziert, sodass es wenig Unklarheiten gab, sagt Zimmer. Und: „Ich bin nicht eine, die herumjammert. Dafür mag ich meinen Job zu sehr.“
Anzahl der Beschäftigten in der Branche: 38.144
Einstiegsgehalt, brutto pro Monat: EUR 1.960
Zuerst hieß es, die Schulen seien ab Mittwoch geschlossen. Dann war es doch schon am Montag so weit. Karin Hofrichter, Lehrerin für Deutsch, Geschichte, Werken, Kochen, etc. an der Musikmittelschule Am Schöpfwerk erfuhr das über die Medien. In den Tagen darauf schaffte sie es nach und nach, ihre Schüler (die jüngsten erst zehn) dazu zu bringen, sich auf einer Internetplattform zu registrieren, über die sie ihnen ab nun Aufgaben und Unterlagen schickte. Das Problem: „Nicht alle Schüler haben einen Laptop. Ein Handy haben sie zwar schon, aber darüber Aufgaben zu erledigen, ist schwierig“, schildert Hofrichter.
Auch als es im Frühjahr Notbetrieb an der Schule gab, stand Hofrichter in der Klasse. Dabei hat sie bis heute Bedenken, wie groß das Ansteckungsrisiko für sie ist. „Es gibt so viele unterschiedliche Studien, ob Kinder nun ansteckend sind, oder nicht“, erzählt sie. Umgekehrt werde auch von den Schülern viel verlangt. „Wenn man sagt, sie sollen in den Pausen am besten gar nicht vom Platz gehen, dann ist das für Kinder schon hart.“
Anzahl der Beschäftigten in der Branche: 125.000
Einstiegsgehalt, brutto pro Monat: EUR 2.400
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