Eine blau-rote Landesregierung?
Da die ÖVP künftig nur noch 13 Abgeordnete im steirischen Landtag sitzen hat und die SPÖ nur noch 11, haben die beiden bisherigen Regierungsparteien keine Mehrheit mehr.
Und selbst mit einem dritten Partner, etwa den Neos, wäre eine Mehrheit nur ganz knapp abgesichert. Also politisch kaum lebensfähig. Zudem hat es nun Mario Kunasek laut der Landesverfassung in der Hand, Regierungsverhandlungen zu führen.
Dabei wird er sich mit der SPÖ wohl leichter tun als mit der ÖVP, die sich ihren Landeshauptmann Christopher Drexler nur schwer als Nummer zwei hinter Kunasek in einer Landesregierung vorstellen kann. Anton Lang hatte diese Position schon bisher inne und hegt keine Abneigung gegenüber den Blauen. Auch wenn man in der Wiener Parteizentrale so eine Koalition nicht sehr gerne sehen würde. Es wäre nicht das erste Mal, dass auf Landesebene Rot und Blau gemeinsam regieren.
Das hat es ja bereits im Burgenland vor einiger Zeit eine rot-blaue Landesregierung gegeben. Und das könnte sich im Jänner wiederholen, wenn Landeshauptmann Hans Peter Doskozil seine absolute Mehrheit verliert und die FPÖ mit Norbert Hofer stark zulegt. Es wäre auch nicht das erste Mal, dass die SPÖ einen Freiheitlichen zum Landeshauptmann macht. Diese Unterstützung gab es seinerzeit auch in Kärnten durch den damaligen SPÖ-Vorsitzenden Peter Ambrozy für Jörg Haider.
Dass sich alle Parteien gegen Mario Kunasek verbünden, um ihn als Landeshauptmann in der Steiermark zu verhindern, ist eher unwahrscheinlich. Das würde angesichts des Wahlerfolgs zu noch schwereren Verstimmungen führen - auch in der Bevölkerung.
Verstimmungen gibt es seit Sonntag auch auf Bundesebene, nachdem Wahlverlierer Christopher Drexler die Regierungspolitik von Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) angegriffen hat. Ohne Nehammer beim Namen zu nennen, bedankte er sich am Wahlabend zynisch bei der Bundespolitik in Wien und stufte sich selbst als "Bauernopfer" dieser Politik ein. So deutlich war noch kein Landesparteivorsitzender nach einer Wahlniederlage geworden.
Kritik aus den Bundesländern
Es kamen aber auch aus anderen Bundesländern Forderungen in Richtung Karl Nehammer im Zusammenhang mit den Regierungsverhandlungen. So schrieb der niederösterreichische Landesgeschäftsführer Matthias Zauner in einer Presseaussendung: "Der heutige Wahlsonntag in der Steiermark sollte den Verhandlern auf Bundesebene eine weitere deutliche Warnung sein, dass sich die Menschen endlich spürbare Lösungen für die großen Themen Standortpolitik, Leistungsgerechtigkeit und Integration wünschen."
Die türkis-rot-pinken Verhandler sind jedenfalls unter Zugzwang, während sich die FPÖ genüsslich auf ihren Erfolgen auf Landesebene ausruht. Die Verhandlungen gehen diese Woche weiter, das Programm ist extrem dicht. Und das steirische Wahlergebnis zeigt, dass sich die Menschen endlich klare Ansagen wünschen. Dass gilt nicht nur für Karl Nehammer, sondern auch für Andreas Babler und sein SPÖ-Team. Die Sozialdemokraten konnten in der Steiermark erneut nicht zulegen, vielmehr haben sie auf niedrigem Niveau noch einmal ein wenig verloren. Von den Verhandlern kann sich eigentlich nur Beate Meinl-Reisinger von den Neos als Gewinnerin fühlen. Allerdings mit der Einschränkung, dass der Zugewinn der Pinken sehr minimal ist.
Herbert Kickl jedenfalls kann sich derzeit fußfrei ansehen, ob diese komplizierte Regierungsbildung gelingt. Wenn sie scheitert, wird er sicherlich wieder in den Ring steigen. Allerdings stärker als zum Zeitpunkt der Nationalratswahl. Und dann kann ihn Bundespräsident Alexander Van der Bellen auch nur noch schwer verhindern.
Die Rolle der Grünen
Ein spezielles Kapitel sind die Grünen, die an diesem Wahlsonntag in der Steiermark die Hälfte ihrer Wählerinnen und Wähler verloren haben. Obwohl sie auf Bundesebene nicht mehr in eine Regierungsbildung involviert sind, obwohl der Klimaschutz noch immer zu den wichtigsten Themen zählt. Die Bevölkerung dürfte da aber nicht mehr so mitgehen, wie aus Straßenbefragungen am Wahltag zu vernehmen war. Da wurden etwa sehr wohl auch Probleme mit dem Verkehr angesprochen, die nicht gelöst werden. Auch, weil in der Zeit der türkis-grünen Regierung überregionale Straßenbauten gestoppt worden sind.
Auch sie werden sich nach dieser Wahl - immerhin ist Parteivorsitzender Werner Kogler ein Steirer - einiges überlegen müssen, um mit der Bevölkerung wieder ins Gespräch zu kommen. Und ihr den Klimaschutz schmackhaft zu machen.
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