"Wir werden mit mehr Türken rechnen müssen"

Efgani Dönmez beurteilt die Lage in seinem Geburtsland kritisch.
Der türkische Beitritt wird der Sargnagel für die EU, prophezeit der Grüne Politiker Efgani Dönmez.

Wenig schmeichelhaft fällt das Urteil von Efgani Dönmez, Grüner Politiker und ehemaliger Bundesrat, über das am Freitag beschlossene Abkommen zwischen der Türkei und der EU aus. "Damit werden die Probleme nicht gelöst", sagt der in der Türkei geborene Sozialarbeiter im Gespräch mit dem KURIER. "Früher hat der libysche Diktator Gaddafi dafür gesorgt, dass die Flüchtlinge nicht nach Europa kommen, jetzt zahlen wir der Türkei viel Geld dafür. Dabei tritt die türkische Regierung die Rechtsstaatlichkeit mit Füßen und sie treibt eine massive Islamisierung voran. So eine Türkei hat in der EU nichts verloren. Wenn die Eliten Europas den Beitritt der Türkei vorantreiben, wird das der Sargnagel der EU." Die Ablehnung beruhe nicht darauf, dass die Türken Türken und Muslime seien, sondern darauf, dass die Regierung die Religion instrumentalisiere. "Islamisten haben in der EU nichts verloren, das ist ein absolutes No go." Europa solle hingegen den säkulären und aufgeklärten Stimmen den Rücken stärken.

Laut dem EU-Türkei-Abkommen sollen türkische Staatsbürger in Zukunft ohne Visum in die EU einreisen dürfen. "Es sind jetzt schon viele Gruppierungen in Europa, die ethnisch, politisch und religiös organisiert sind, darunter sind viele regierungsnah. Diese Strukturen und Netzwerke tragen ihre Konflikte nach Österreich herein. Viele hier lebende Türken werden versuchen, ihre Familienangehörigen, die in der Türkei verfolgt werden, hieher zu holen. Wir werden mit mehr türkischen Bürgern rechnen müssen. Außerdem wissen wir aus der Migrationsforschung, dass bestehende Netzwerke mehr Einwanderer anziehen."

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