Sobotka gegen Durchgriffsrecht für Kanzler

Sobotka gegen Durchgriffsrecht für Kanzler
Der Bundeskanzler soll in Sicherheitsfragen mehr Macht bekommen, dafür müsste der Innenminister jedoch Kompetenzen abgeben.

Eigentlich wollte die Arbeitsgruppe Sicherheit, die dem SPÖ-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil und ÖVP-Innenminister Wolfgang Sobotka untersteht, schon in der Vorwoche das neue Sicherheitskonzept für Österreich unter Dach und Fach haben. Doch bei den letzten Verhandlungsrunden kamen die Gespräche plötzlich ins Stocken. Auch ein Termin am Freitagvormittag zwischen den beiden zuständigen Ministern brachte (noch) keine Lösung. Am Dienstag soll das Papiers nun beim Ministerrat präsentiert werden.

Richtlinienkompetenz

Doch eine Einigung scheint noch in weiter Ferne. In dem neuen Sicherheitspapier, das dem KURIER vorliegt, gibt es nämlich einige heikle Punkte. Allen voran die Installierung eines neuen Sicherheitskabinetts. Hier soll SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern neue Machtbefugnisse erhalten, wie man sie bisher aus der deutschen Regierung kennt: Eine Richtlinienkompetenz, also ein Weisungsrecht. Diese Richtlinienkompetenz soll aber ausschließlich im neuen Sicherheitskabinett gelten. Neben dem Kanzler gehören diesem Kabinett der Vizekanzler der Außen-, der Verteidigungs-, der Innen- und der Gesundheitsminister an. Zusammentreten soll dieses Kabinett im Falle eines nationalen Notstands. Verfassungsrechtler sehen eine Richtlinienkompetenz auf Anfrage des KURIER sehr kritisch.

Im letzten Moment scheinen einigen hochrangigen Beamten nun Bedenken gekommen zu sein. Denn im Innenministerium will man natürlich keine Kompetenzen in Sachen Sicherheit an das Verteidigungsministerium abgeben. Derzeit dürfen Soldaten nur Assistenzleistungen für das Innenministerium erledigen. SPÖ-Verteidigungsminister Doskozil wünscht sich in diesem Punkt schon seit Langem eine Aufwertung des Bundesheeres.

"Richtlinienkompetenz für Bundeskanzler kommt nicht in Frage"

In einer Aussendung am Montag teilte Innenminister Sobotka mit, dass er von einer Richtlinienkompetenz für den Bundeskanzler wenig hält. "Das kommt für mich nicht in Frage", wird Sobotka zitiert. Die Minister sollten weiterhin im Rahmen des Bundesministeriengesetzes ihre Zuständigkeiten wahrnehmen.

Experten skeptisch

Aber ganz abgesehen davon. Was passiert, wenn die FPÖ den nächsten Kanzler stellt? Dann hätte der blaue Kanzler eine Richtlinienkompetenz in Sicherheitsfragen. Auch das sehen einige Experten kritisch.

Fix soll hingegen sein, dass das Bundesheer weiterhin den Schutz strategischer Einrichtungen, die Bewachung von Botschaften und anderen wichtigen internationalen Behörden übernimmt. Seit 1. August bewacht das Heer die Botschaften, um die Polizei zu entlasten. Diese Kompetenzverschiebung hat sich offenbar bewährt.

Aufregung um Bundesheer-Reformpläne

Auch in Sachen Bundesheer-Führung hat Verteidigungsminister Doskozil neue Pläne. Der Generalstab hatte nach einer monatelangen Planung im März ein Reformkonzept präsentiert, das vom Bundeskanzleramt überarbeitet wurde, und dieses schlägt nun vor, dass fast alle Spitzenpositionen in der Zentralstelle des Verteidigungsministeriums künftig von Zivilisten besetzt werden. Auch die Funktion des derzeitigen Generalstabchefs, die durch einen Generalsekretär ersetzt werden soll. Genauer: Aus der jetzigen sogenannten MBO-9 (Militärberufsoffizier)-Funktion soll eine A1-9-Funktion werden. Einzig die Sektion IV soll weiterhin von einem Militär besetzt werden und zwar von Generalleutnant Karl Schmidseder.

Brisant sind diese Pläne umso mehr als derzeit kein Bundespräsidenten und damit kein Oberbefehlshaber des Bundesheeres im Amt ist.

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