Drängen auf Pflegereform: "Klatschen ist zu wenig, handeln ist gefragt"

Drängen auf Pflegereform: "Klatschen ist zu wenig, handeln ist gefragt"
Pflegeorganisationen und Berufsverbände fordern in offenem Brief an die Regierung einen echten Pflegegipfel. Auch der Seniorenrat ist es leid, seit 15 Jahren "vertröstet zu werden".

Seit 15 Jahren wird in Österreich über eine Pflegereform diskutiert, herausgekommen sei dabei wenig. Ein Diskussionsprozess, der im vergangenen Sommer begonnen hat, sei "über ein engagiertes Brainstorming nicht hinausgekommen". Das kritisieren insgesamt zwölf Organisationen in einem offenen Brief an die Regierung. 

Sie fordern nun einen Pflegegipfel, der - so wird angemerkt - "nicht mit einer Pressekonferenz beginnt", sondern in dem Schwerpunkte festgelegt, Priorisierungen vorgenommen, Arbeitsaufträge vereinbart und ein Stufenplan für die Umsetzung entwickelt wird. Eben ein "strukturierter, zielgerichteter (!) Prozess", wie betont wird. 

Unterschrieben haben diesen offenen Brief die großen Hilfsorganisationen wie Rotes Kreuz, Caritas, Diakonie, Hilfswerk und Volkshilfe, aber auch der Gesundheits- und Krankenpflegeverband, Vertreter der entsprechenden Fachgruppen der Arbeiterkammer Wien, des Gewerkschaftsbundes (ÖGB) und der Gewerkschaft öffentlicher Dienst (GÖD). 

Auch der Seniorenrat hat sich zu Wort gemeldet. Vorsitzende Ingrid Korosec kritisierte im Gespräch mit dem KRUIER vor allem Gesundheits- und Sozialminister Wolfgang Mückstein. Im Mai habe es einen Gesprächstermin gegeben, bei dem Folgegespräch vereinbart worden sein. Dazu sei es aber trotz schriftlichem Urgieren des Seniorenrats (noch) nicht gekommen.

Korosec ist es offenbar leid, "immer wieder vertröstet zu werden". Gegenüber Ö1 betont sie: "In der Pandemie wurde geklatscht, wie toll die Pflegekräfte arbeiten. Aber nur klatschen ist zu wenig. Handeln ist gefragt." Bis 2030 müssen 100.000 zusätzliche Pflegekräfte ausgebildet werden, insofern dränge die Zeit. Auch, weil die Ausbildung zur Pflegkraft ja nicht über Nacht passiere und einige Zeit in Anspruch nimmt.

Auch Pensionistenverbandspräsident Kostelka ist diese Vorgehensweise ebenso unverständlich: „Ich weiß nicht, was Minister Mückstein für einen Plan verfolgt. Ich weiß nur, dass man an den Betroffenen vorbei sicher keine Pflegereform wird machen können. Wir sind gesprächsbereit und erwarten jetzt einen zeitnahen Termin“

Dass die Taskforce Pflege im März ihren Bericht abgegeben hat, sei noch zu wenig. Es handle sich dabei laut Korosec um ein "Brainstorming, ein Wünsch-dir-was, bei dem alle Gruppen gesagt haben, was sie gerne hätten".

Als Beispiel für noch offene Punkte nennt Korosec die Fragen, in welcher Form pflegende Angehörige bevorzugt werden sollen, oder wie mit den unterschiedlichen Pflegesystemen der Länder umgegangen werden soll. Sie selbst spricht sich auch für eine Pflegelehre aus, die direkt nach der Pflichtschule absolviert werden kann.

Angesprochen auf den offenen Brief der Hilfsorganisationen zeigte sich Gesundheitsminister Mückstein am Donnerstag verständnisvoll. „Ich kann die Forderung besonders verstehen“, sagte er im Rahmen einer Pressekonferenz mit AK-Präsidentin Renate Anderl. Dass die Regierung die Reform zu langsam angehe, wie Kritiker sagen, stimme nicht.

„In der Pflegereform ist viel weitergegangen“, sagt Mückstein und verweist auf seinen Amtsvorgänger Rudolf Anschober, die Task-Force Pflege, die im März gestartet ist und die Vorhaben der Regierung, die Ausbildung der Pflegekräfte attraktivieren, deren Entlohnung verbessern und pflegende Angehörige entlasten zu wollen.

Dessen ungeachtet will der grüne Minister zu einem Runden Tisch einladen.

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