Doskozil kündigt "massive" Kontrollen am Brenner an

Mikl-Leitner (ÖVP) Doskozil (SPÖ) an der bulgarisch-türkischen Grenze
Weil die EU-Außengrenze nicht effektiv geschützt wird, solle die Brennergrenze mit Einsatz von Soldaten kontrolliert werden.

Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) geben keine Entwarnung in der Flüchtlingskrise. Doskozil hat in der Tageszeitung Die Welt "massive Grenzkontrollen am Brenner, auch mit Soldaten" angekündigt. Mikl-Leitner sagte dem Münchner Merkur, Österreich sei "fest entschlossen", die Brennergrenze zu sichern.

Doskozil nimmt Verkehrsstaus in Kauf

"Da die EU-Außengrenzen derzeit noch nicht effektiv geschützt werden, wird Österreich in Kürze strikte Grenzkontrollen hochziehen", betonte Doskozil. "Ja, wir sind fest entschlossen, diese Grenze zu sichern", sagte Mikl-Leitner. Sicherheit und Stabilität habe "oberste Priorität", sagte sie auf die Frage nach möglichen Behinderungen im Urlaubsverkehr an der österreichisch-italienischen Grenze. "Auch wenn es zu Staus kommt, gibt es dafür sicherlich Verständnis seitens der Bevölkerung."

Doskozil begründete das Vorgehen Österreichs damit, dass die Flüchtlinge durch den EU-Türkei-Deal zunehmend Ausweichrouten nehmen würden. "Wir erwarten eine starke Nutzung der zentralen Mittelmeerroute in den kommenden Wochen." Heuer seien 14.600 Flüchtlinge über diese Route nach Europa gekommen, das seien 44 Prozent mehr als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum.

Mikl-Leitner: "Werden nicht achselzuckend umkehren"

Auch Mikl-Leitner warnte vor einem Anschwellen des Flüchtlingsstroms in der schönen Jahreszeit. "Wir wissen, dass in einigen Tagen das Wetter besser und wärmer wird und dass sich ab dann wieder Hunderttausende auf den Weg machen", sagte die ÖVP-Politikerin. "In der Türkei warten an der Grenze zu Griechenland etwa 700.000 Menschen, in Istanbul sind 400.000 Menschen Richtung Bulgarien orientiert. Die werden nicht achselzuckend umkehren."

Quote größtenteils erfüllt

Unterdessen teilte Innenministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck mit, dass Österreich die EU-Verteilungsquote schon größtenteils erfüllt hat. Wien hat sich zur Aufnahme von 1.900 Flüchtlingen im Rahmen des "Resettlements" verpflichtet, aber schon 1.400 Flüchtlinge aufgenommen. 100 Personen warteten derzeit auf die Einreise.

Im Flüchtlingsdeal wurde vereinbart, dass die Europäische Union für jeden aus Griechenland in die Türkei zurückgeführten Syrer einen syrischen Kriegsflüchtling übernimmt. Die ersten Syrer werden bereits am Montag in den EU-Staaten erwartet. Für Österreich gebe es "derzeit noch keine zeitliche Perspektive", sagte Grundböck.

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) glaubt nicht, dass im Rahmen des EU-Türkei-Deals viele Syrer legal in die EU-Staaten kommen werden. "Denn so viele selbstlose Syrer wird es nicht geben, die einen Schlepper bezahlen, um dann wieder zurückgeschickt zu werden und so einem anderen Syrer den Weg nach Europa ermöglichen", sagte Kurz der Schweizer Boulevardzeitung Blick.

Zwei Tage vor Beginn der geplanten Rückführungen von Flüchtlingen und Migranten in die Türkei sind erste Details bekannt geworden. Demnach sieht der Plan der griechischen Küstenwache und der EU-Grenzschutzagentur Frontex vor, dass von Montag bis Mittwoch insgesamt rund 750 Asylsuchende mit zwei türkischen Schiffen von der Insel Lesbos in den Hafen Dikili gebracht werden.

Ein Polizist pro Flüchtling

Dies berichtete die halbamtliche griechische Nachrichtenagentur ANA-MPA am Samstag unter Berufung auf Regierungskreise. Demnach sind auch drakonische Sicherheitsmaßnahmen vorgesehen: Ein Polizist soll jeweils einen Menschen begleiten, der ausgewiesen wird.

Bei den Schiffen handelt es sich um den türkischen Katamaran "Nazli Jale" und die türkische Kleinfähre "Lesbos". Das erste Schiff kann pro Reise rund 200 Menschen (100 Migranten oder Flüchtlinge sowie 100 Polizisten) transportieren. Die Kleinfähre könne pro Überfahrt 50 Migranten und 50 Polizisten mitnehmen, hieß es weiter.

Ausschreitungen befürchtet

Die erste Überfahrt soll gegen 10.00 Uhr Ortszeit (9.00 MESZ) in Mitilini, dem Hauptort von Lesbos, starten. Die illegal nach Griechenland eingereisten Migranten sollen zuvor mit Bussen aus den Aufnahmelagern von Moria nach Mitilini gebracht werden. Viele Migranten weigerten sich, ausgewiesen und in die Türkei zurückgebracht zu werden, hieß es. Sicherheitskräfte auf den Inseln befürchteten Ausschreitungen.

Kurz über "selbstlose Syrer"

Der EU-Türkei-Deal sieht vor, dass die EU-Staaten für jeden Syrer, der von Griechenland in die Türkei zurückgeschoben wird, einen syrischen Kriegsflüchtling von dort aufnehmen. In einem Interview mit der Schweizer Boulevardzeitung Blick antwortete Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) auf die Frage, welches Land die ersten syrischen Kriegsflüchtlinge aufnehmen wird. Kurz: "Das wird erst zu klären sein. Es wird aber keine große Zahl zusammenkommen. Denn so viele selbstlose Syrer wird es nicht geben, die einen Schlepper bezahlen, um dann wieder zurückgeschickt zu werden und so einem anderen Syrer den Weg nach Europa ermöglichen."

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