Doktor Wlazny und Mister Pogo: Die Gratwanderung des Bierpartei-Chefs
Einst "klassische SPÖ-Wählerin", ist Sozialarbeiterin Helga Bergmann an diesem Abend hier, weil sie mit der SPÖ und den anderen Parteien nichts mehr anfangen kann. Vor allem aber aus Neugierde.
Gemeinsam mit mehreren Hundert anderen Mitgliedern und Unterstützern ist sie am Freitag zur Parteiversammlung von Dominik Wlaznys Bierpartei im Schutzhaus auf der Wiener Schmelz gekommen. Wie berichtet, will die Partei des 37-jährigen Mediziners, der als Musiker Marco Pogo bekannt wurde, in den Nationalrat einziehen. Laut Umfragen ist das möglich.
Wahlprogramm kann Wlazny seinen Fans an diesem Abend noch keines anbieten, doch das scheint die wenigsten zu stören.
Etwas klarer zu benennen als das Programm sind die Köpfe, die zum inneren Parteizirkel gehören. Was auffällt, sind die Verflechtungen mit den geschäftlichen Projekten des Jungpolitikers. Zentrale Rolle spielt sein Vater Michael Wlazny. Er ist Bundesgeschäftsführer der Bierpartei, aber auch Geschäftsführer des Unternehmens „Pogo’s Empire“. Dazu gehört das Label von Dominik Wlaznys Band Turbobier, aber auch die gleichnamige Biermarke.
Aus diesem Umfeld stammen auch andere wichtige Partei-Funktionäre. Gastronomin Marlene Swoboda ist für Finanzen zuständig, Max Hammel, der Videos für Wlazny produziert, ist Protokollant. „Es ist ja klar, dass man so ein Projekt mit Menschen hochzieht, zu denen man ein enges Vertrauensverhältnis hat“, sagt Wlazny.
Bloß Werbung?
Dennoch wurde der Vorwurf laut, sein politisches Engagement diene ähnlich wie einst bei Richard Lugner bloß als Werbe-Vehikel für seine geschäftlichen Aktivitäten.
Niko Alm widerspricht. Der Unternehmer war ein Jahr lang Bierpartei-Bezirksrat in Wien-Landstraße. „Politik schafft für die Projekte von Wlazny sicher Aufmerksamkeit. Aber die hätte er ohne sein Engagement auch. Turbobier-Konzerte sind seit vielen Jahren ausverkauft.“
Alm schätzt Wlazny als „sehr intelligenten, unglaublich vielseitigen Menschen“ ein. „Er ist schnell im Kopf und reflektiert. Außerdem hat er eine Art von Humor, die so in der Politik nicht anzutreffen ist.“
Durchwegs seriös
Verhaltener fällt das Urteil der Polit-Konkurrenz aus. Etwa in Wlaznys Heimat Simmering, wo er seit 2020 in der Bezirksvertretung sitzt. In dieser Zeit brachte er zahlreiche Anträge ein. Abgesehen von der Forderung nach Errichtung eines Bierbrunnens beschäftigen sie sich durchwegs mit seriösen Themen wie etwa den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen.
„Oft fällt der Inhalt der Anträge aber nicht in die Bezirkskompetenz“, erzählt Bezirksvorsteher Thomas Steinhart (SPÖ). Einem habe aber auch seine Partei zugestimmt: Die Gestaltung einer Kinderrechte-Fahne.
Laut Steinhart, der das persönliche Verhältnis zu Wlazny als „fair“ beschreibt, würde dieser an allen Sitzungen der Bezirksvertretung teilnehmen. Bei den Ausschusssitzungen würde er jedoch mit Abwesenheit glänzen, selbst wenn dort seine eigenen Anträge behandelt werden. Mangels Klubstatus darf Wlazny dort nur zuhören, aber nicht mitstimmen.
Allerdings sei Wlazny im Vergleich zu anderen Bezirksräten viel weniger in seinem Heimatbezirk präsent, fällt Steinhart auf. „Vielleicht, weil er ja als Künstler in ganz Österreich unterwegs ist.“
Als Frontmann seiner Band nimmt er im Rahmen der aktuellen Tour „Nobel geht die Welt zugrund“ wieder sein Alter Ego Marco Pogo an. Wahlwerbung werde er auf der Bühne keine machen, wird betont. Wlazny würde beide Rollen strikt trennen.
Wohl auch deshalb will man das Image der Spaßpartei langsam loswerden. Das Bier in Bierpartei steht neuerdings für „Bin in einer Reformbewegung“.
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