Meist unbeliebt: Warum Innenminister mit ihrem Image kämpfen

Meist unbeliebt: Warum Innenminister mit ihrem Image kämpfen
Warum die Chefs des Innenressorts seit Jahren mit ihrem Image in der Öffentlichkeit zu kämpfen haben – und warum sich die Parteien dennoch um dieses Ministerium reißen.

Wenn Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) dienstlich nach Deutschland muss, dann ist das für ihn fast wie ein Wohlfühlurlaub. Dort zählt er bei einigen Medien mittlerweile als Vorbild für die deutsche SPD-Innenministerin Nancy Faeser, die Bild-Zeitung hat ihm wegen seiner Asylpolitik sogar den Titel „Minister Knallhart“ verliehen – ein Lob.

➤ Mehr dazu: Warum Innenminister Karner in Deutschland so gut dasteht

Zurück in Österreich ist die Situation eine andere. Da muss er damit leben, dass Innenminister keine hohen Beliebtheitswerte haben. Der jüngste Vertrauensindex hat dem Niederösterreicher ein Wert von minus 27 ausgewiesen. Dass unter Türkis-Blau der damalige Ressortchef Herbert Kickl (FPÖ) gar minus 32 aufgewiesen hat, ist nur wenig Trost für ihn. Auch der aktuelle Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) war 2021 in seinem letzten Monat als Innenminister im Minusbereich zu finden.

Aber woran liegt das?

Tatsache ist, dass das Innenministerium in einer Regierung eines der zentralen Ressorts ist. Es geht in erster Linie um Sicherheit und damit um eines der größten Anliegen der Bevölkerung. Da werden grundsätzlich keine Abstriche geduldet, da wird auch Härte verlangt.

Das Asyl-Problem: Härte gewünscht, aber nicht im Einzelfall

Wobei da die Asylpolitik besonders hervorgehoben werden muss. Die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler will zwar eine restriktive Flüchtlingspolitik. „Wenn es konkret wird, dann legt man das dem Innenminister aber rasch als Unmenschlichkeit aus“, sagt Politanalyst Thomas Hofer.

Beispiele: Dass Asylwerber mit einem negativen Bescheid abgeschoben werden, hat die Zustimmung einer Mehrheit. Wenn es aber um einen Flüchtling geht, für den sich etwa eine Gemeinde starkmacht, weil sie ihn als integriert ansieht, dann ist die Situation schon eine andere.

Man erinnere sich an den Fall „Arigona“, als eine Schülerin abgeschoben wurde. Die damalige Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) wollte ganz besondere Härte zeigen und sprach sogar davon, dass sie sich von den „Rehlein-Augen“ des Mädchens nicht beeindrucken lasse.

"Ich habe nach den Gesetzen vorzugehen, egal ob mich Rehlein-Augen aus dem Fernseher anstarren oder nicht."

von Innenministerin Maria Fekter (2009)

über die Asyl-Causa Arigona Zogaj

Oder die Schülerin Tina, ihre Schwester und deren Mutter, die Karl Nehammer als Innenminister in einer nächtlichen Aktion von der Polizei holen ließ, um sie nach Georgien zu transportieren. Das brachte ihm nicht nur viel Kritik in der Öffentlichkeit ein, letztendlich sprach sie auch das Bundesverwaltungsgericht gegen die Aktion aus.

➤ Mehr dazu: Abschiebung von Tina nach Georgien war rechtswidrig

Mit der Asylpolitik hat auch Gerhard Karner zu kämpfen. Seine „Asylbremse“, die er seit seinem Amtsantritt politisch predigt, ist dem rechten FPÖ-Lager zu wenig, den Linken und etlichen NGOs hingegen geht er zu weit. Sie kritisieren auch, dass er bei all seinen Aktionen mit Staaten wie Ungarn zusammenarbeite, wo Flüchtlinge kaum Asyl finden – oder gar nicht finden wollen. Karner verteidigt dennoch immer wieder die Zusammenarbeit mit Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán.

Zuletzt warf die Asylkoordination dem Innenministerium vor, mit geschönten Zahlen zu operieren, wenn es um die Abschiebungen geht. Wobei es auch um eine Auslegungssache geht. Im Innenressort wird auch mitgerechnet, wenn ein Asylwerber mit einem negativen Bescheid freiwillig das Land verlässt.

Für NGOs zählt nur das zwangsweise Außer-Landes-Bringen. Ein Mitarbeiter aus dem Ministerium in der Herrengasse jedenfalls knüpft das schlechte Image vor allem auch daran, dass kein anderes Regierungsmitglied in der Öffentlichkeit so polarisiert wie der Innenminister.

Riesiges Aufgabengebiet - um das bei Koalitionsverhandlungen gerungen wird

Was das Innenministerium noch zu einem politischen Minenfeld macht, ist das riesige Aufgabengebiet. Es reicht von der Polizei bis zur Durchführung der Wahlen. So stand etwa Wolfgang Sobotka (ÖVP) als Innenminister vor allem wegen der Bundespräsidentenwahl im Visier der Kritiker.

Weil die Wahl wegen defekter Kuverts und der Handhabung bei Briefwahlstimmen noch einmal durchgeführt und dann auch noch verschoben werden musste, hatte der nunmehrige Nationalratspräsident damals sehr viel Erklärungsbedarf.

Und da ist noch ein Punkt: Mit rund 38.000 Mitarbeitern ist das Innenressort vom Personal her das größte Ministerium. „Wenn es dann irgendwelche Verfehlungen gibt, dann ist immer auch gleich der Innenminister in der Ziehung“, heißt es aus dem Ressort.

So war es etwa bei Karl Schlögl (SPÖ) der Fall gewesen. Er galt eigentlich als einer der wenigen beliebten Minister. Bis zum Fall Marcus Omofuma im Jahr 1999, der bei seiner Abschiebung nach Nigeria fahrlässig getötet worden war. Schlögl kam danach politisch gehörig ins Wanken.

Trotz der Imageprobleme gilt das Innenministerium bei Koalitionsverhandlungen als Schüssel- und Wunschressort. Bis zum Jahr 2000 hat dort die SPÖ regiert, danach zog die ÖVP in der Herrengasse ein und stellt dort bis heute die Minister. Die einzige Ausnahme: Herbert Kickl (FPÖ) in der Zeit von Türkis-Blau. Und das war auch ein Grund dafür, dass die Koalition nach dem Ibiza-Video nicht mehr weitergeführt worden war.

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