Die Spar-Rezepte der Top-Profis

Das wahre Ausmaß der Budgetprobleme zeigt sich erst jetzt.
Das Budget-Loch ist ohne Tabus zu sanieren: Vom Aus für Subventionen bis zu Privatisierungen.

Viele Reformen dauern lange und kosten anfangs mehr als sie bringen. Wirtschaftsforscher brüten daher über den kurzfristigen Sparmöglichkeiten. Es gilt ein Budgetloch von bis zu 40 Milliarden Euro zu stopfen. So wurde etwa Freitagnacht klar, dass die finanz-marode Hypo Bank binnen drei Wochen noch eine Milliarde Euro benötigt, um eine Bilanz zu erstellen (mehr dazu hier).

Die Spar-Rezepte der Top-Profis
Der KURIER hat mit den Top-Experten, WIFO-Chef Karl Aiginger, Christian Keuschnigg, Leiter des Instituts für Höhere Studien (IHS) und Rechnungshofpräsident Josef Moser die wichtigsten Ideen für eine Budget-Sanierung gesammelt. Auch wenn die Fachleute unterschiedliche Schwerpunkte sehen, eines ist angesichts der Dimensionen des Sparpaketes klar: „Man muss querbeet durchs Budget kürzen und die Belastungen breit streuen, damit die Maßnahmen politisch akzeptiert werden“, sagt Keuschnigg.

Die Experten greifen schließlich heiße Eisen an:

Privatisierungen Der IHS-Chef ist für einen Verkauf von Post (noch 53 % in Staatsbesitz) und Telekom (28%).

Die Spar-Rezepte der Top-Profis
Ein System der Verschwendung
„Wir brauchen eine sofortige Reduktion des Defizits.“ Ein großer Teil der höheren Neuverschuldung komme „einmalig“ aus der Bankenhilfe für die Hypo. Daher seien budgetäre Einmal-Maßnahmen gerechtfertigt. Ein dreistelliger Millionenbetrag müsste zu erlösen sein. Auch Aiginger spricht sich für „kleinere Privatisierungen“ aus, sprich „ein paar Prozentpunkte“ bei Post, Telekom oder Bundesforsten.

Steuersünder Der WIFO-Chef fordert aber im Gegenzug eine „Meldepflicht für Auslandsvermögen“ samt 20-prozentiger Abschlagssteuer für unversteuertes Kapital. Aiginger: „Nach dem Vorbild des Abkommens mit der Schweiz. Auch in Luxemburg oder auf den Cayman Inseln liegt viel Geld.“

Pensionen Die Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters ist kein Tabu mehr. Keuschnigg geht am weitesten und fordert eine automatische Anhebung pro Jahr um zwei, drei Monate – parallel zur Alterung. Auch das Frauenpensionsalter müsste rascher als jetzt geregelt an das Antrittsalter der Männer angeglichen werden. „2024 ist viel zu spät“. Aiginger ist ebenso für eine Pensions-Automatik, will aber „mehr Flexibilität“ im System einbauen. Sprich höhere Zu- und Abschläge, bei mehr Freiwilligkeit beim Pensionsantritt.

Förderdschungel Das Fördervolumen beträgt 15 Milliarden Euro. Zwei- und Dreifachförderungen sind an der Tagesordnung. 10 Prozent ließen sich einsparen.

Die Spar-Rezepte der Top-Profis
APA1690647 - 01012010 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA 040 II - Rechnungshofpräsident Josef Moser während einer Pressekonferenz am Freitag, 22 . August 2008, in Wien. Nach der Affäre um die Landeshaftungen für die Kärntner Hypo Alpe Adria Bank fordert Rechnungshofpräsident Josef Moser von den Ländern eine transparente Darstellung ihrer Finanzen. Er kritisiert, dass aus den Rechnungsabschlüssen vielfach nicht einmal die Höhe der Haftungen des jeweiligen Landes hervorgeht. APA-FOTO: HERBERT PFARRHOFER
Schlupflöcher Ein Thema, das auch Rechnungshofpräsident Moser – neben Strukturreformen von Bildung bis Gesundheit – unter den Nägeln brennt. Moser: „Wir haben allein im Einkommenssteuerbereich 558 Steuerbegünstigungen. Dadurch kommt es zu einem Steuerentfall von neun Milliarden Euro, ohne dass evaluiert wird, ob wir diese Ausnahmen brauchen.“ Nachsatz: „Nach diesem Muster gehört die ganze Verwaltung durchforstet.“

Höhere Steuern Aiginger spricht sich auch für Steuererhöhungen aus – dafür soll der Faktor Arbeit entlastet werden. Dazu schlägt er eine höhere Mineralöl-, Tabak- und Grundsteuer vor. In einem nächsten Schritt solle der Eingangssteuersatz sinken. Das müsste durch weitere Ausgabenkürzungen aber „erst verdient“ werden. Keuschnigg schlägt einen anderen Weg vor: Er ist für Gebühren „bei Leistungen des Staates, die persönlich zugeordnet werden können“. Das heißt: Studiengebühren, Ambulanzgebühren.

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