Die ewige Suche nach einem gemeinsamen europäischen Asylsystem

Karoline Edtstadler im Gespräch mit Experten über aktuelle Herausforderungen für Österreich und Europa
Europaministerin Edtstadler lud – im Rahmen der EU-Zukunftskonferenz – eine Expertenrunde zum „Zukunftslabor“.

Am 9. Mai, dem Europatag, startete – pandemiebedingt ein Jahr später als geplant – die große EU-Zukunftskonferenz. Bis zum Frühjahr 2022 sollen Ideen für die Weiterentwicklung der Union gesammelt werden. Ausdrücklich erwünscht ist die Beteiligung der Bürger, die sich in Bürgerforen sowie über eine Online-Plattform einbringen können (futureu.europa.eu).

In diesem Rahmen lädt Europaministerin Karoline Edtstadler zu sogenannten „Zukunftslaboren“: Gesprächsrunden mit Experten zu den Themen der Zukunftskonferenz (wie etwa Digitalisierung, Rechtsstaatlichkeit, Demokratie oder Klimawandel). Einer jener insgesamt neun Themenblöcke befasst sich mit Migration. Am Mittwochnachmittag fand dazu im Bundeskanzleramt ein Zukunftslabor statt – der KURIER war im Anschluss an das Expertengespräch zur Runde mit den resümierenden Statements geladen.

Dass das Thema durch die dramatischen Ereignisse in Afghanistan an Brisanz  noch gewinnen würde, sei zum Zeitpunkt der Planung nicht absehbar gewesen, so Edtstadler. Naturgemäß bestimmten aber die Einschätzungen über die möglichen weiteren Entwicklungen iM Land am Hindukusch die Debatte unter den geladenen Experten.

Dabei stellte Edtstadler die österreichische Position klar: keine „weitere, freiwillige Aufnahme von Flüchtlingen“, da man „bereits einen überproportional großen Beitrag seit der Migrationskrise 2015 geleistet“ und „mit etwa 44.000 Mitgliedern weltweit die viertgrößte afghanische Community pro Kopf“ habe.

Aber klar sei auch, „dass wir vor Ort und in den Nachbarstaaten Afghanistans helfen müssen“. Am Mittwoch hat  die Bundesregierung ein Soforthilfepaket in der Höhe von 18 Millionen Euro beschlossen, was vom – beim Zukunftslabor anwesenden – Leiter von UNHCR Österreich, Christoph Pinter, als „wichtiger Schritt“ begrüßt wurde.

Einen wesentlichen Punkt der Debatte stellte die Frage eines – immer wieder eingemahnten – gemeinsamen europäischen Asylsystems dar. Ein Hindernis auf dem Weg dorthin seien etwa die äußerst unterschiedlichen Betroffenheiten der Mitgliedsländer von Fluchtbewegungen, so der Demograph Rainer Münz.

Ob und wann mit einer starken Fluchtbewegung aus Afghanistan nach Europa zu rechnen sei, wird derzeit ebenfalls intensiv diskutiert. Derzeit gebe es eine solche nicht, so Pinter. Sehr wohl müsse man aber auf eine solche vorbereitet sein, meinte etwa Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger (Generaldirektor des International Centre for Migration Policy Development). Wenn man 1996 – als die Taliban zum ersten Mal für fünf Jahre das Land übernahmen – heranziehe, so habe es damals eine Verfünffachung der Asylanträge in Europa gegeben. Auf die derzeitige Situation umgelegt, ergebe sich daraus „ein Potenzial von 200.000 bis 300.000 neuen Asylanträgen in Europa für die nächsten ein bis eineinhalb Jahre“, so Spindelegger.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund formulierte Edtstadler als für sie leitendes Prinzip einer europäischen Asylpolitik, dass die EU „nicht den Fehler machen“ dürfe, „Pull-Faktoren zu schaffen und falsche Signale in die Welt zu senden“.

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