"Die Einzelnen reden nur, aber sie wollen nichts tun!"

"Die Einzelnen reden nur, aber sie wollen nichts tun!"
Der KURIER hat sich auf der Straße umgehört, wie die Menschen die Klimakrise einschätzen und was sie selbst tun, um der Klimakrise entgegenzuwirken.

Von Sylvia Huber

Der Klimarat hat seine Empfehlungen für die Klimapolitik vorgestellt - nun liegt es an der Regierung, zu bestimmen, ob bzw. welche Vorschläge davon umgesetzt werden. Fakt ist, die Regierung hat das Ziel, Österreich bis 2040 klimaneutral zu machen, ins Regierungsprogramm geschrieben. Darüber, wie Österreich dieses Ziel erreicht, herrscht Uneinigkeit - auch in der Bevölkerung.

Das zeigt sich auch bei der Befragung, die der KURIER auf Wiens Straßen durchgeführt hat. Den meisten Befragten ist die Problematik der Klimakrise und die Dringlichkeit einer Reaktion bewusst. Von einzelnen ist jedoch zu hören, dass der Klimawandel von den Medien inszeniert sei und keine Bedrohung darstelle. Hanno (30) beispielsweise zweifelt, was die Darstellung des Klimawandels angeht: "Vielleicht gibt's den Klimawandel, aber ich kann nicht bewerten, ob es den in der Form gibt, wie ihn die Medien darstellen." Trotzdem achte er auf seine Umwelt, verschmutze sie nicht und fahre nicht mit dem Auto.

Grundsätzlich sind viele der Meinung, dass zu wenig von der Politik wie auch von den Bürgern selbst getan werde, um der Klimakrise entgegenzusteuern. Es sei Unterstützung von der Regierung notwendig, wenn die Bürger nachhaltiger leben sollen, meint Gerda (55): "Es gibt viele, die sich das nicht leisten können. Der Kleine schaut, dass er überhaupt über die Runden kommt." Sie sei skeptisch, ob Hilfe von der Regierung zu erwarten sei. Laut Teeme (50) tragen auch wirtschaftliche Akteure eine Mitschuld: "Vor allem Öl- und Energiekonzerne haben eine starke Lobby. Sie versuchen, klimapolitische Maßnahmen hinauszuzögern." Elisabeth (69) ist vor allem hinsichtlich des Verhaltens der Bevölkerung unzufrieden: "Die Einzelnen reden nur, aber sie wollen nichts tun! Sie fahren überall mit dem Auto hin und sie fliegen dauernd hin und her. Sie wollen Pools und werfen Zigaretten auf die Straßen. Wenn der Einzelne nichts macht, kann die Politik auch nichts ändern."

Die meisten der Befragten benützen öffentliche Verkehrsmittel, um Emissionen zu verringern, allerdings würden sie sich eine Forcierung nachhaltiger Verkehrspolitik durch die Politik wünschen. Soll heißen: Öffentliche Verkehrsmittel sollten, so Natalia (22), stärker ausgebaut und günstiger werden: "Ich würde gerne mehr mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, aber das Autofahren kommt billiger für mich. Das ist heftig!"

Der Vorschlag des Klimarates, einen verpflichtenden autofreien Tag pro Woche einzuführen, wird von vielen als gut befunden, allerdings nur, wenn dies wiederum mit einem Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel einhergehe. Nachgefragt nach klimafreundlichen Maßnahmen, die die Befragten schon jetzt im Alltag integrieren, nennen rund ein Drittel den Verzicht auf Fleisch und etwas weniger die Reduktion von Onlinebestellungen.

"Die Einzelnen reden nur, aber sie wollen nichts tun!"

Bernhard (25), Elektroanlagentechniker

Bernhard sagt, „dass die Klimakrise völlig falsch angegangen wird“. Er befürworte höhere Preise für Treibstoffe, sodass jene mehr zahlen, die auch mehr fahren. Zudem wünsche er sich das Zurückdrängen der Erdölindustrie und hält mehr von Wasserstoff- als von Elektroautos. Bernhard kritisiert das umweltschädigende Verhalten von jenen, die ständig ein neues Handy kaufen oder in den Urlaub fliegen.

„Wenn alle Menschen zusammenarbeiten würden, würden wir jetzt in der Klimakrise ganz woanders stehen.“

"Die Einzelnen reden nur, aber sie wollen nichts tun!"

Lee (21), Studentin

Lee ist der Meinung, dass die Klimakrise eine sehr ernstzunehmende Angelegenheit sei. Sie recycelt und benutzt statt des Autos die öffentlichen Verkehrsmittel. Sie denkt, dass verpflichtende Maßnahmen vonseiten der Regierung notwendig seien, um die Menschen zu klimaschonendem Verhalten zu bringen.

 

"Die Einzelnen reden nur, aber sie wollen nichts tun!"

Natalia (22), Studentin

Natalia sei sich der Problematik der Klimakrise bewusst. Sie esse vegetarisch und kaufe regional ein. Sie fahre viel mit öffentlichen Verkehrsmitteln, allerdings hindern sie die hohen Preise dieser an einem völligen Umstieg vom Auto, sagt sie. Denn trotz der aktuell hohen Treibstoffkosten sei das Auto für sie günstiger als mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, weil sie von außerhalb in die Stadt pendeln müsse. Auf dem Land sei sie auf das Auto angewiesen, da vor allem dort der öffentliche Verkehr noch nicht genügend ausgebaut sei. Sie sei enttäuscht von der Regierung und erwarte sich mehr Unterstützung für klimafreundliches Verhalten.

„Die Regierung sagt, sie unterstützt uns beim klimafreundlichen Verhalten, aber es kommt irgendwie nichts an.“

"Die Einzelnen reden nur, aber sie wollen nichts tun!"

Roswitha (41), Fahrradmechanikerin

Für Roswitha stellt die Klimakrise ein gravierendes Problem dar. Sie fahre viel mit dem Fahrrad und den öffentlichen Verkehrsmitteln. Sie ist der Meinung, dass mit einer Reduktion des Automobilverkehrs der Ausbau des öffentlichen Verkehrs einhergehen müsse.

Auf den Vorschlag des Klimarates, einen verpflichtenden autofreien Tag einzuführen, erwidert sie: „Wenn die Öffis ausgebaut sind, dann wird das hoffentlich nicht mehr nötig sein, weil dann eh viel weniger Menschen mit dem Auto fahren.“

"Die Einzelnen reden nur, aber sie wollen nichts tun!"

Teeme (50), Universitätsprofessor und Unternehmensprüfer

Der Uniprofessor schätze die Klimakrise als sehr großes Problem ein. Er benutze nur öffentliche Verkehrsmittel und seine Familie verzichte auf Fleisch.

Durch seinen Beruf, in dem er Unternehmen auch hinsichtlich ihres nachhaltigen Wirtschaftens prüft, sei er zusätzlich sensibilisiert worden. Die Politik mache zu wenig. Einen Grund für die mangelnden klimapolitischen Maßnahmen sehe er im Einfluss von Energie- und Ölkonzernen auf die Politik. Auch Klimaleugner steuern dazu bei, dass die Klimakrise in der Politik und Gesellschaft nicht angegangen werde, so Teeme. Er mache sich vor allem um seine Kinder Sorgen, die 14 und 17 Jahre alt sind und von den Folgen des Klimawandels betroffen sein werden. Hoffnung sehe er darin, dass jüngeren Menschen die Dringlichkeit nach Lösungen für den Klimawandel bewusst sei.

„Ich bin eher pessimistisch, aber es ist wichtig, weiterhin zu versuchen, den Klimawandel aufzuhalten.“

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