Ein Service, das offenbar wirkt. Es habe keine vorzeitigen Abreisen oder Stornos gegeben, sagt die Wirtin. „In der Region Wilder Kaiser hatten wir bisher keinen einzigen Corona-Fall. Die Gäste haben keine Angst vor einer Ansteckung, sondern vor den Folgen einer Quarantäne, also, dass sie nicht zur Arbeit können.“
Stornos für den Herbst
In Vorarlberg hat die Reisewarnung „eingeschlagen wie eine Bombe“, sagt Gregor Hoch vom Oberlecher 5-Stern-Hotel Sonnenburg. „Deutsche Gäste haben storniert, die Buchungen für Oktober und November sind völlig eingebrochen.“ Zugegeben, jetzt ist nicht Hauptsaison, aber wenn eine solche Reisewarnung vor Weihnachten kommt, kann sich die Branche warm anziehen. Schließlich sorgen deutsche Gäste je nach Region und Betrieb für 45 bis 60 Prozent der Gästenächtigungen. Im Zillertal sind derzeit etwa 80 Prozent der Gäste Deutsche, schätzt Seilbahnsprecher Franz Hörl. „Dass sie alle da bleiben, kann man nicht voraussetzen.“
Auch in Salzburg-Stadt zittern Hoteliers vor einer Reisewarnung als Weihnachtsgruß aus Berlin. „Gibt es eine Reisewarnung für mehrere Bundesländer, ist ja automatisch ganz Österreich betroffen“, meint Andreas Gfrerer vom Stadthotel Blaue Gans. Der deutsche Gesundheitsminister habe schließlich auch nicht nur von Urlauben am Berg, sondern gleich pauschal von Auslandsreisen abgeraten. Auch in den Städten wäre eine Reisewarnung zu Weihnachten fatal. „Für uns ist der Dezember der zweitstärkste Monat im Jahr“, verweist er unter anderem auf Christkindlmärkte. Bei den Gästen sei der Blick auf die Infektionszahlen mittlerweile so selbstverständlich wie jener auf den Wetterbericht.
Eine „Katastrophe“ wäre eine Reisewarnung aber nicht nur für den Tourismus, wird im Büro von Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) betont. Bayern und Salzburg seien in vielerlei Hinsicht eng verwoben. Der „kleine Grenzverkehr“ – etwa für die Arbeit, zum Einkaufen, um Freunde oder Familie zu besuchen – gehöre zum Alltag. „Deshalb versuchen wir mit aller Kraft, die Infektionszahlen herunterzubringen, zum Beispiel durch die Vorverlegung der Sperrstunde auf 22 Uhr, um nicht in die Nähe des kritischen Werts zu kommen“, sagt ein Sprecher Haslauers.
Damit meint er den Wert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in der sogenannten Sieben-Tages-Inzidenz. Ab 50 stuft das Robert-Koch-Institut in Berlin ein Gebiet als gefährlich ein. Salzburg lag zuletzt bei rund 33.
Tirol, Vorarlberg und Wien haben den Wert überschritten, Niederösterreich liegt laut aktueller Auswertung der Corona-Kommission in Österreich nur knapp darunter (49). Die Schweiz hat Niederösterreich und auch Oberösterreich trotzdem auf ihre rote Liste gesetzt.
Gesamt-Österreich liegt laut Gesundheitsministerium mit Stand Samstag bei 50,4 – also knapp über dem kritischen Wert. Deutschland könnte seine Reisewarnung theoretisch auf ganz Österreich ausdehnen. Auf KURIER-Nachfrage im Außenamt heißt es, man habe derartiges nicht vernommen, weitere Schritte seien aber nie ausgeschlossen.
Für Tirol ist die Reisewarnung ein „schwerer Schlag“, sagt Landeshauptmann Günther Platter, der schnell wieder von der roten Liste herunterkommen will. Helfen sollen auch in Tirol die vorgezogene Sperrstunde und strengere Regeln fürs Après-Ski. „Wenn wir eine Wintersaison haben wollen, braucht es klare Regeln.“
Kommentare