Deutsch: „Ein Freibrief für Antisemitismus“

Deutsch: „Ein Freibrief für Antisemitismus“
Kritik an Staatsanwaltschaft, weil Ermittlungen wegen Verhetzung eingestellt wurden.

Ein Banker mit Hakennase und Knöpfen mit Davidstern lässt sich von einem Regierungsvertreter anfüttern: Diese „Karikatur“ stellte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache im Vorjahr auf seine Facebook-Seite. Viele bewerten den Cartoon als antisemitisch. Bundespräsident Heinz Fischer verurteilte den Cartoon als „Tiefpunkt politischer Kultur“.

Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien wegen Verhetzung wurden im Jänner eingestellt. Jetzt sorgt die Antwort von Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) auf eine Anfrage der SPÖ-Abgeordneten Sonja Ablinger für Empörung. Karl verteidigt die Begründung der Staatsanwaltschaft, dass durch die Karikatur „nicht gegen die Gesamtheit der jüdischen Bevölkerung gehetzt wurde“, sondern nur Kritik an der Bundesregierung und dem Euro-Rettungsschirm geübt werden sollte.

Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, ist fassungslos: „Das ist ein Freibrief für Antisemitismus in Österreich. Antisemitismus ist jetzt hoffähig, für einen demokratischen Staat ist das unhaltbar“, sagte er zum KURIER. Von der Regierungsspitze erwartet er sich eine Stellungnahme. „Der Bundeskanzler und der Vizekanzler sollten ihre Meinung kundtun. Lippenbekenntnisse genügen nicht mehr. Die Regierung muss Antisemitismus ernsthaft bekämpfen.“

Der Pressesprecher der Justizministerin betonte, dass Karl nicht daran denke, etwas an ihrer Position zu ändern. „Es gibt keinen Grund, an der Staatsanwaltschaft zu zweifeln.“

Die FPÖ griff am Freitag die SPÖ an. Der Cartoon sei nicht antisemitisch, in der SPÖ gebe es „gefährliche antisemitische Tendenzen“, sagte Generalsekretär Harald Vilimsky. So würden von SPÖ-Abgeordneten wie dem Wiener Omar Al-Rawi Muslime gegen die jüdische Bevölkerung aufgehetzt.

Menschenrechtsanwalt und Universitätsprofessor Richard Soyer findet, die Auslegung des Verhetzungs-Vorwurfes durch die Staatsanwaltschaft stehe nicht mit EU-Bestimmungen im Einklang. Jede Person könne sich an die Generalprokuratur wenden und die Erhebung einer Wahrungsbeschwerde beim Obersten Gerichtshof anregen. So könnte auch der Europäische Gerichtshof in Luxemburg um eine EU-konforme Auslegung des österreichischen Verhetzungsstraftatbestandes ersucht werden.

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