Der Tod des Sektionschefs: Was Pilnaceks Smartwatch verriet
Es ist fast ein Jahr her, dass in einem stillen Seitenarm der Donau bei Mautern (NÖ) eine männliche Leiche im Wasser trieb. Bei dem Toten handelte es sich um niemand geringeren als den früheren Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek (60).
Polizisten im Visier
Nach dem Leichenfund am 20. Oktober 2023 um 07.51 Uhr Früh ist die niederösterreichische Polizei im Visier der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA).
Warum das? Der Anfangsverdacht des Amtsmissbrauchs gründet auf einer Anzeige bei der WKStA im März 2024. Im Grunde dreht es sich darum, ob die Polizei an den privaten Laptop von Pilnacek kommen wollte, um davon Daten abzusaugen. Die Untersuchungskommission, die die Ära Pilnacek im Justizressort unter die Lupe nimmt und aufarbeitet, hatte wegen der Umstände Anzeige erstattet.
"Wir ermitteln gegen zwei namentlich bekannte Täter und weitere unbekannte Täter wegen des Vorwurfs des Missbrauchs der Amtsgewalt bzw. Bestimmung dazu“, so WKStA-Mediensprecher, Oberstaatsanwalt René Ruprecht.
Gemäß der Strafprozessordnung ermittelt
Die Beschuldigten sind lang dienende Kriminalbeamte, die Vorwürfe laut Meinung der Polizei "konstruiert". Ein Jahr nach dem Vorfall zeigen Ermittlungsakten und parlamentarische Anfragebeantwortungen durch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), dass lege artis, also laut geltender Strafprozessordnung vorgegangen wurde. Die Anfrage kam von FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker.
Die Ermittlungen sind einem Umstand geschuldet: Die Onlineplattform Zackzack.at von Herausgeber Peter Pilz hatte Informationen veröffentlicht, wonach zwei Mordermittler des NÖ Landeskriminalamtes (LKA) bei einer engen Vertrauten von Christian Pilnacek in Rossatz "mit Nachdruck“ nach einer Aktentasche, dem privaten Laptop und einem USB-Stick gesucht hätten.
Die Inhalte des Laptops tauchten später just bei Peter Pilz auf.
Als Geisterfahrer gestoppt
Der bisherige Ermittlungsstand zeige aktuell keine Hinweise auf einen Amtsmissbrauch.
Der Umstand, dass es sich bei dem Toten um den politisch bestens vernetzten und damals suspendierten Justiz-Sektionschef handelt, ließ bei der Polizei von Anfang an die Alarmglocken schrillen. Beamte hatten Pilnacek wenige Stunden vor seinem Tod als Geisterfahrer auf der S5 gestoppt. Deshalb war für die erhebenden Beamten klar: "Alle Augen sind auf uns gerichtet. Nur nichts übersehen“, so der Tenor.
Die verständigte Gemeindeärztin stellte nach der kriminalpolizeilichen Leichenbeschau protokollarisch um 9.30 Uhr den Tod Pilnaceks fest. Dreizehn Minuten später wurde die Staatsanwaltschaft Krems informiert.
Obduktion angeordnet
Um 10 Uhr wurde der Fall von der Mordgruppe des LKA übernommen und die Tatort-Spezialisten hinzugezogen. Ab 12.30 Uhr erfolgte die Spurensicherung. Es ergaben sich zunächst keine Hinweise auf ein Verbrechen.
Dennoch und um alle Eventualitäten auszuschließen, ordnete die Staatsanwaltschaft um 14.45 Uhr die Sicherstellung der Leiche sowie eine gerichtsmedizinische Untersuchung nach Paragraf 128 der Strafprozessordnung (StPO) an.
Freiwillig übergeben
Um 16 Uhr suchten zwei Mordermittler Karin W., die enge Vertraute Pilnaceks, in Rossatz auf. "Persönliche Gegenstände des Verstorbenen wurden von der Inhaberin freiwillig der Kriminalpolizei übergeben, da von dieser kein Kontakt zu den nächsten Angehörigen bestand. Die Gegenstände wurden gegen eine Übernahmebestätigung übernommen und in weiterer Folge dem Rechtsanwalt der Familie ausgefolgt", heißt es in Karners Anfragebeantwortung.
Warum nach einer Aktentasche gesucht wurde
Aufgrund mehrerer Anfragen durch die Hinterbliebenen zum Verbleib eines privaten Notebooks und persönlicher Gegenstände, wurden auch diesbezügliche Erhebungen getätigt, heißt es im Akt. Dies sei der Staatsanwaltschaft auch mitgeteilt worden, so Karner in seiner Anfragebeantwortung.
Wo hier ein Amtsmissbrauch zu finden sein soll, ist der Landespolizeidirektion NÖ noch schleierhaft. Hätte die Obduktion ergeben, dass Pilnacek ermordet wurde, hätten Handy, Laptop usw. umgehend als wichtige Beweismittel sichergestellt werden müssen. "Es wären miserable Polizisten, wenn sie nicht nach diesen Gegenständen fragen würden", so ein involvierter Polizeioffizier zum KURIER.
Nur Pilnaceks Smartwatch ausgewertet
Es sei eine Mär, dass die Kriminalisten Daten von Pilnaceks Sachen absaugten, um sie auswerten zu lassen, so die Aussagen im Gerichtsakt. "Mit Ausnahme der getragenen Smartwatch im Hinblick auf eine allfällige Feststellung des Todeszeitpunktes durch Auswertung der Vitalfunktionen/Geodaten in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Krems, wurde keine Auswertung elektronischer Einrichtungen durchgeführt“, heißt es im Akt.
Die Daten der Uhr bestätigten das Ergebnis der Gerichtsmedizin, wonach Christian Pilnacek ertrunken ist. Die letzten Wege konnten genau nachvollzogen werden. Ein Fremdverschulden, Hinweise auf eine Gewaltanwendung, oder einen Kampf, wurden nicht festgestellt, heißt es im Obduktionsbericht.
Auch der zeitliche Ablauf ist aufgrund der Daten der Smartwatch belegt und nachvollziehbar, haben die Ermittlungen ergeben.
Kommentare