Die allgemeine Impfpflicht rückt näher
Nach fast zwei Jahren Pandemie verliert das Wort Impfpflicht immer mehr an Schrecken. Zu Beginn der Corona-Krise war es politisch ein Tabu, eine allgemeine Impfpflicht überhaupt nur anzudenken. Mittlerweile haben mehrere Bundesländer für bestimmte Berufsgruppen wie Gesundheitspersonal, Lehrkräfte oder teilweise auch Landesbedienstete bei Neuaufnahmen eine Impfung gegen das Coronavirus als Voraussetzung eingeführt.
Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) plant nun eine Impfpflicht für alle, die im Gesundheitsbereich tätig sind. Die Ärztekammer begrüßt den Schritt, wobei der burgenländische Präsident Michael Lang mit seiner Reaktion besonders aufhorchen ließ. Er stellte die Forderung nach einer allgemeinen Impfpflicht in den Raum. Seine Begründung: „In einem Gemeinwesen trifft jeden die gleiche Verantwortung, und somit kann es keine Ausnahmen von allgemein notwendigen Maßnahmen geben.“
Impfvorstoß der Landesräte
Michael Lang ist mit seiner Meinung nicht allein. Zuletzt wagten sich auch einige Politiker aus der Deckung – vorerst allerdings nur inoffiziell. Schauplatz war die Konferenz der Gesundheitsreferenten der Bundesländer mit Minister Wolfgang Mückstein am vergangenen Donnerstag in Tirol. Auf der Tagesordnung war dieses Thema zwar nicht zu finden, unter Allfälliges soll es aber unter den Landesräten eine intensive Debatte gegeben haben.
Der Vorstoß in Richtung allgemeine Impfpflicht soll von den Bundesländern Tirol und Vorarlberg gekommen sein, wie danach zu hören war. Die Reaktionen darauf waren unterschiedlich ausgefallen, sodass ein für solche Tagungen vorgesehener einstimmiger Beschluss nicht möglich schien.
Daraufhin gab es einen Kompromissvorschlag, der vor allem auch von Wien unterstützt worden sein soll. Es wurde rasch ein Text ausgearbeitet, den man dem Gesundheitsministerium übermitteln wollte. Die genaue Formulierung dieses Ersuchens, die dem KURIER vorliegt:
„Die LandesgesundheitsreferentInnenkonferenz ersucht das BMSGPK, die bestehenden, insbesondere aber die notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen zu klären, die als Voraussetzungen für eine allfällige Impfpflicht in Teilbereichen oder für die ganze Bevölkerung erforderlich sind.“
Zur Abstimmung gelangte der Text jedoch nicht mehr. Deswegen tauchte das Thema dann auch nicht mehr bei der anschließenden Pressekonferenz auf. Da forderten Tirols Landesrätin Annette Leja (ÖVP) und Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) als Sprachrohr für alle Landesräte nur die Ausweitung der FFP2-Maskenpflicht in ganz Österreich.
Das Thema einer generellen Impfpflicht ist deswegen aber noch nicht vom Tisch. Ein Argument, warum dieses Vorpreschen vorerst noch gebremst worden ist, war nämlich die Tatsache, dass Wolfgang Mückstein zum Zeitpunkt dieser Impfdebatte nicht mehr per Video zugeschaltet war. Ohne den Gesundheitsminister diese heikle Frage zu diskutieren, hätte keinen Sinn gemacht, soll ein Mitglied der Länderrunde angemerkt haben.
Sobald Mückstein die nächste Konferenz mit jenen Referenten, die in ihren Bundesländern für das Impfen zuständig sind, einberuft, will man die Diskussion über eine Impfpflicht für alle neu eröffnen. Und dann eben mit dem Minister persönlich diskutieren.
Heftige Politkonfrontation
Einen Vorgeschmack darauf, welche heftigen politischen Konfrontationen eine generelle Impfpflicht auslösen wird, gab es schon am Wochenende. Da gab es etwa auf Twitter ein Match zum verpflichtenden Stich, obwohl vorerst nur die Gesundheitsberufe angekündigt worden waren.
So wurde in der ÖVP ein Tweet des burgenländischen SPÖ-Landesgeschäftsführers Roland Fürst herumgereicht, in dem er schreibt, dass er als traditioneller Linker eine Impfpflicht und „eine Spaltung der Gesellschaft“ ablehne. Und: Wer für beides ist, „müsste logischerweise bei den nächsten Wahlen die ÖVP wählen“. Dafür erntete er nicht nur beim politischen Gegner, sondern auf Twitter bei so manchem Proponenten der linken Community viel Kritik. Fürst zum KURIER: „Das war bewusst provokant, weil der Grat zwischen der notwendigen Solidarität der Allgemeinheit und dem Eingriff in die persönliche Freiheit ist ein sehr schmaler. Die Diskussion darüber muss man in einer Demokratie aushalten.“
Aus der ÖVP ist wiederum bereits zu hören, dass der Forderung nach so einer Impfpflicht immer lauter werde. Diese fordert auch die ehemalige Neos-Politikern Irmgard Griss. In der FPÖ wiederum bezeichnete Niederösterreichs Landesparteiobmann Udo Landbauer geplante Maßnahmen als „Impfapartheid“.
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