Der Härtetest für Türkis trägt schwarz

Sebastian Kurz mit seinen Quereinsteigern im Ministerteam
Die größte Herausforderung für Kurz und sein Team der Quereinsteiger lauert in den eigenen Parteireihen. Eine Analyse.

Alle Scheinwerfer sind dieser Tage rundum die Uhr auf Sebastian Kurz gerichtet. Was wurde eigentlich aus Mitterlehner? Politische Zwischenrufe oder gar eine Abrechnung mit seinem internen Rivalen mied er bisher eisern. Just zum Start von Türkis-Blau sprach er erstmals offen darüber, woran er politisch gescheitert sei: "Mein Problem war nicht die Zusammenarbeit mit dem Regierungspartner, sondern das strategisch-taktische Neuwahlkalkül von einigen in unserer Partei", sagt der 61-jährige Ex-ÖVP-Chef im Wirtschaftsmagazin Trend, ohne Kurz explizit zu nennen: "Ich wollte zum Scheitern der Regierung nichts beitragen, sondern sie zum Erfolg führen. Diese Doppelmühle war für mich nicht zu gewinnen."

Sprich: Der ÖVP-Chef wollte Rot-Schwarz noch einmal ins Laufen bringen und so für die nächste Wahl wieder attraktiv machen. Kurz & Co. hatten eine Fortsetzung der Regierung mit der SPÖ selbst unter schwarzer Führung längst abgeschrieben. Ihr Mantra: "Mit den Sozis gehen keine Reformen."

Abgeschliffen

Dazu kam Mitterlehners persönliches Handicap: Er war nach Jahrzehnten in Sozialpartnerschaft und Politik derart abgeschliffen, dass seine politischen Konturen zu schwammig blieben, um Rot-Schwarz zu reanimieren. Österreichs Politik steht so mit diesem Wochenende vor einem doppelten Wechsel: In der ÖVP ist das Team Kurz dabei, bald überall die Macht zu übernehmen. Es setzt dabei auf eine Partei als Koalitionspartner, die als Gegner der herrschenden politischen Klasse groß geworden ist. Die "Doppelmühle", die Mitterlehner beklagt, muss nun Sebastian Kurz in anderer Aufstellung bespielen. Auch Mitterlehner reüssierte in der ÖVP nur solange als "Django", als die Umfragen Bewegung nach oben signalisierten. Das weiß niemand besser als Sebastian Kurz. Er wird daher alles tun, um den demonstrativen Honeymoon mit Strache zu verlängern.

Die ersten türkis-blauen Konfliktthemen werden daher auf die lange Bank geschoben. Weder werden die Kammern abgeschafft, noch werden die Mitglieds-Beiträge gesenkt. Wirtschafts- und Arbeiterkammer haben vorerst nur Sparpläne vorzulegen. Für das hochsensible Thema automatischer Volksabstimmungen wurde eine noch nicht näher definierte Testphase ausgemacht.

Landtagswahlen als Härtest

Der erste ÖVP-interne Härtetest für Kurz steht schon Anfang kommenden Jahres an, wenn die regierenden ÖVP-Landeschefs in Niederösterreich, Tirol und Salzburg zur Wiederwahl anstehen. Nur dann, wenn die Schwarzen ihre Vormacht auch als Türkise verteidigen können, bleibt das erste schwarze Murren gegen das türkise Wien eine Episode. Denn vielen in den ÖVP-Ländern schmeckt einiges im Koalitionspakt gar nicht – vom Aus fürs Rauchverbot bis zur befürchteten Beschneidung von Länderrechten.

Auf die größte Skepsis stößt bei den Polit-Füchsen zwischen Linz und Bregenz aber, dass der türkise Kanzler im ÖVP-Regierungsteam auf lauter Frischlinge setzt. Bis auf Kurz und Blümel hat keiner der acht schwarzen Kabinettsmitglieder politische oder gar Regierungserfahrung. Der eine oder die andere wird diese beim ersten Zusammentreffen mit den selbstbewussten Landesfürsten brutaler und schneller machen, als ihm lieb sein kann.

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