Das Protokoll des Salzburger Finanzskandals

27. September 2012: Es kommt zu einem persönlichen Treffen zwischen Landehauptfrau Gabi Burgstaller (S) und Rathgeber. Die Frau spricht über ihre entzogene Vollmacht, eine Warnung über drohende Verluste gibt es nicht.
Wie Monika R. der Landesspitze ihre Millionenspekulationen offengelegt haben soll: Der KURIER hat den brisanten Aktenvermerk. Wusste Gabi Burgstaller früher Bescheid?

Am Montag, dem 26. November, fand im Büro von Salzburgs Finanzlandesrat David Brenner um 17 Uhr eine brisante Besprechung statt. Mit dabei waren neben Brenner noch drei Mitarbeiter aus seinem Büro sowie Eduard Paulus, Chef der Finanzabteilung des Landes Salzburg und drei seiner Mitarbeiter – darunter Monika R., jene Landesbedienstete, die Millionen verspekuliert haben soll.

Der Aktenvermerk zum Download:

Was bei diesem und zwei weiteren Treffen an diesem Tag besprochen wurde, hielt Paulus in einem Aktenvermerk fest. Es ist die Dokumentation des angeblichen Geständnisses von Monika R., von dem die Landespolitik seit Auffliegen des Finanzskandals spricht. Das zweiseitige Protokoll liegt dem KURIER vor. Demnach hat sich folgendes zugetragen:

Paulus und Harald Kutschera, jener Mitarbeiter, der den Job von Monika R. übernommen hat, haben um 10 Uhr zunächst Mitarbeiter Brenners „über den Verdacht“ informiert, dass R. Wertpapiere gekauft habe – „und diesen Vorgang auf (...) Durchläuferkonten (...) so verbucht haben könnte, dass dieser Sachverhalt nicht auffällt.“

Das Protokoll des Salzburger Finanzskandals

Um 16.30 Uhr konfrontierten Paulus und Kutschera laut Aktenvermerk R. mit ihrem Verdacht. Kurz darauf wurde die Besprechung im Büro von Brenner fortgesetzt: „Monika R. gibt darauf hin vor allen Anwesenden zu, dass sie in der beginnenden Finanzkrise 2006/2007 eine Schieflage der von ihr in den Vorjahren seit 2001 abgeschlossenen Derivate zur Kenntnis nehmen musste. Sie habe darüber niemandem berichtet, um ihre Kollegen und Vorgesetzten zu schonen. Es sei ihr Ehrgeiz gewesen, diesen Verlust selbständig wieder aufzuholen.“ R. gab weiters an, dass „aktuell nur mehr rund 340 Mio. € offen seien“– und meinte, der Betrag könnte „leicht verdient werden, wenn die bisherige Strategie weiterverfolgt würde“.

Detailliert wird dann beschrieben, wie sie hinter dem Rücken ihrer Vorgesetzten und der zuständigen Experten agiert haben soll: „Frau Monika R. gibt weiters (...) zu, dass sie seit Bestehen des Finanzbeirates und seit dem Zeitpunkt der Einführung der Finanzberichte, die monatlich von der Deutschen Bank in Frankfurt gerechnet werden, dem Abteilungsleiter, den Mitgliedern des Finanzbeirates und der Rechenstelle in Frankfurt nie korrekt über den tatsächlichen Bestand an Geschäften berichtet habe.“ Ein Mitarbeiter habe die Geschäftsabschlüsse zwar „mitunterfertigt, ihr aber so vertraut, dass er nicht auf die Idee gekommen sei, dass ihre Meldungen nach Frankfurt nicht vollständig sein könnten“.

R. soll überdies zugegeben haben, den Landes- und den Bundesrechnungshof „nicht immer korrekt und vollständig informiert zu haben“.

Laut Protokoll haben Brenner und die übrigen Anwesenden „diese Verheimlichung“ scharf kritisiert. R. bekam von Brenner „den Auftrag, an der Aufklärung der finanziellen Fakten rückhaltlos mitzuwirken“. Kurios: Zwei Tage später nahm Brenner R. noch in den Budgetausschuss des Landtages mit – und verlor kein Wort darüber, was am 26. November in seinem Büro besprochen wurde.

R.s Anwalt Herbert Hübel sagte, „dass von einem Geständnis keine Rede sein kann“. Seine Mandantin sei „zu 100 Prozent unschuldig“.

E-Mail der Beamtin bringt Burgstaller unter Druck

Hat die Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller doch viel früher über den drohenden Finanzskandal Bescheid gewusst? Sie selbst sagte gegenüber dem ORF, sie wurde erst am 3. Dezember über die Malversationen der Abteilung für Finanz- und Vermögensverwaltung unterrichtet.

Wie der Standard berichtet, hat die Landesbeamtin R. aber bereits am 21. September eine dringliche E-Mail („In persönlicher Sache!“) an Burgstaller gesendet. R. bittet darin Burgstaller um Hilfe und weist  darauf hin, „dass die letzte Empfehlung des Finanzbeirates im Zinsbereich im Zeitraum 2009/2010 dem Land mehr als 130 Mio. Euro kosten wird und bereits mehr als 27 Mio. Euro bis dato gekostet hat“. Von den 340 Millionen Verlust, ist in dem Mail aber keine Rede.

R.s Anwalt Herbert Hübel  bleibt dabei: Burgstaller habe schon im September  von den  drohenden Verlusten erfahren. Burgstaller widerspricht dieser Darstellung in der ZiB 1. Sie sei zwar von der Mitarbeiterin davon informiert worden, dass „etwas im Argen sei“. Dass es aber im offiziellen Finanzmanagement „andere Kanäle“ geben habe, sei kein Thema gewesen.

Der Rechnungshof hat sich indessen in den Finanzskandal eingeschaltet. In Kürze  sollen Prüfer die Finanzgebarung des Landes erneut prüfen.

Am späten Nachmittag endetet auch die Sitzung der Fraktionsführer im Landtag zur Frage eines U-Ausschusses. Voraussichtlich am 16. oder 23. Jänner soll bei einer Sondersitzung des Landtages der Startschuss gegeben werden.

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