Das kaputte Gaspedal der Energiewende

Das kaputte Gaspedal der Energiewende
71 Milliarden Euro müssten für die Energiewende noch in diesem Jahrzehnt in grüne Energie investiert werden. Doch es hapert etwa an der Umweltverträglichkeitsprüfung. Das soll sich jetzt ändern

Was haben der schwarze Grubenlaufkäfer und der Steinkrebs in Köstendorf bei Salzburg, die Ziesel beim Wiener Heeresspital oder die Wechselkröten beim ehemaligen Nordbahnhof gemeinsam? Es handelt sich um schützenswerte Tiere, die bereits für Bau- oder Planungsstopps bei großen Infrastrukturprojekten gesorgt haben.

Das EU-Recht sagt, dass bei großen Eingriffen in die Natur geprüft werden muss, inwieweit diese Eingriffe umweltverträglich sind, und dieser Gegensatz – Bauvorhaben versus Natur- und Artenschutz – findet sich meist in langwierigen und teuren Umweltverträglichkeitsprüfungen, kurz UVP, wieder.

Das kaputte Gaspedal der Energiewende

UVP-Reform notwendig

Inzwischen ist offensichtlich, dass diese Verfahren dermaßen langwierig und teuer sind, dass eine Reform der UVP unumgänglich ist. Zwar wurden Genehmigungen nach UVP-Verfahren im Durchschnitt nach nur rund einem Jahr erteilt. Für die wirklich großen Projekte können es jedoch Jahre bis Jahrzehnte sein. Rekordhalter sind bisher zwei Pumpspeicherprojekte in Tirol, eines im Kühtai, das andere im Kaunertal, die jeweils fast zehn Jahre bis zur Genehmigung brauchten.

Diese langen Bewilligungsverfahren stehen nun im Fokus, denn gestern, Donnerstag, hat das Parlament die Gesetze zur Energiewende im Strombereich beschlossen: Bis 2030 soll der Strom bilanziell nur mehr grün sein, Gaskraftwerke bleiben nur mehr als Notreserve übrig. Vor allem Windkraft und Fotovoltaik sollen die Lücke bei der Erzeugung schließen.

Das kaputte Gaspedal der Energiewende

„Für die Klima-, Energie- und Mobilitätswende brauchen wir rasch den Ausbau der dazu erforderlichen Infrastruktur. Wichtige Investitionen in Wasserkraft, Windkraft, Speicher, Verteil- und Übertragungsnetze oder Eisenbahnverbindungen stecken aber jahrelang im Nadelöhr Umweltverträglichkeitsprüfungs-Verfahren fest“, ärgerte sich Karlheinz Kopf, Generalsekretär der Wirtschaftskammer (WKÖ) erst Anfang dieser Woche. Die WKÖ hat deshalb mit Industriellenvereinigung und Österreich Energie ihren Katalog an Vorschlägen präsentiert, wie das künftig rascher und „rechtssicher“ umgesetzt werden können.

Es geht um viel: Nach Berechnungen des Energieinstituts der Wirtschaft seien allein für den Ausbau der erneuerbaren Energien und der dazugehörigen Infrastruktur bis 2030 Investitionen von mehr als 71 Milliarden Euro nötig.

Beschleunigung

Gefordert werden etwa eine Beschleunigung und bessere Strukturierung des Genehmigungsverfahrens, eine Effizienzsteigerung durch Digitalisierung oder ein übersichtlicher, gut aufbereiteter Zugang zu wichtigen Informationen.

Es geht aber nicht nur um gefährdete Tiere, die solche Projekte verhindern können: Im UVP-Verfahren haben freilich auch Nachbarn, Standort- als auch die Nachbargemeinde, Bürgerinitiativen und eine große Zahl an Umweltorganisationen Parteienstellung. Sie können also jederzeit Einwendungen oder Beschwerden im Verfahren vorbringen – was besonders bei Stromleitungs-, Windkraft- als auch Fotovoltaikprojekten in den vergangenen Jahren zu teils immensen Verzögerungen geführt hat. „Es gibt fast kein Ausbauprojekt, das bei uns nicht beeinsprucht worden ist“, erklärt Stefan Zach von der EVN.

Energieministerin Leonore Gewessler ist das Problem wohl bekannt. Sie hat im Herbst 2021 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die das Verfahren effizienter machen soll. Dort sind neben Ministeriumsmitarbeitern auch Vertreter von UVP-Behörden der Bundesländer vertreten, zudem noch ein Vertreter des Bundesverwaltungsgericht, Anwälte von Projektwerbern, eine Landesumweltanwältin, ein Standortanwalt, zwei Projektplaner, als auch Vertreter von Ökobüro und Umweltdachverband. „Aktuell wird der Endbericht erstellt, der im Februar auch mit einer großen Runde an Stakeholdern diskutiert werden soll“, sagt Gewessler.

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