Kommt im Herbst der Ibiza-Corona-U-Ausschuss?
Mit den Stimmen der Grünen hätte der „Ibiza-U-Ausschuss“ um drei Monate verlängert werden können. Daraus wird nichts. Das stellte Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer im ORF-Report am Dienstag indirekt klar. Man wolle konstruktiv arbeiten, nicht schon wieder neu wählen, meinte Maurer. Man könnte es auch so formulieren: Würden die Grünen für eine Verlängerung und damit gegen die ÖVP stimmen, wäre die Koalition beendet. Das wäre derzeit nicht im Sinne der Grünen.
Gerangel um U-Ausschuss-Verlängerung
Der U-Ausschuss gerät nun in Zeitnot. Die Auswertung aller Aktenberge wird sich nicht mehr ausgehen. Bis 15. Juli können noch Beweismittel eingebracht werden, der Ausschuss endet am 22. September. Die Opposition kann direkt danach einen neuen U-Ausschuss zum gleichen Thema verlangen. Der Untersuchungsgegenstand könnte also wiederum die Causa Ibiza und türkis-blauen Postenschacher umfassen. Er könnte aber auch erweitert, präzisiert oder verändert werden. Es gibt einen ersten, konkreten Vorschlag.
FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker skizziert auf KURIER-Anfrage folgende Idee: Die Causa Ibiza und türkis-blauer Postenschacher bleiben Teil des Untersuchungsgegenstands – dazu kommen Beschaffungen, PR-Kampagnen und Medieninserate der türkis-grünen Regierung in Corona-Zeiten.
Der Skandal um den heimischen Masken-Produzenten Hygiene Austria sei ein konkretes Beispiel, so Hafenecker. Zusätzlich soll ein noch stärkerer Schwerpunkt auf die Causa ÖBAG und die tschechische Sazka-Gruppe gelegt werden. SPÖ und Neos - Hafenecker bietet Kooperation an - können sich ein ähnliches Modell vorstellen, wollen derzeit aber noch nicht ins Detail gehen.
"Die Regierung liefert genug Gründe für U-Ausschüsse", sagt SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer und nennt das türkis-grüne Corona-Management und Verfehlungen des Innenministeriums beim Terroranschlag im vergangenen November als Beispiele.
Auszeit bis 2022
Fest steht: Die Oppositionsparteien, aber auch die Grünen hätten den Ibiza-U-Ausschuss gerne fortgesetzt. Ein fließender Übergang von einem Ausschuss zum nächsten ist nämlich nicht möglich. Sämtliche Akten des alten Ausschusses müssen vernichtet und für den neuen wiederum neu beantragt werden. Das kostet Zeit und Geld. Krainer übt Kritik: „Das ist doch ein Schildbürgerstreich. Dann müssten wir im September alle Akten schreddern, die im Jänner dann wieder geliefert werden.“
Warum erst im Jänner? Zwar kann eine Minderheit – konkret ein Viertel der Abgeordneten – im Parlament die Einsetzung eines U-Ausschusses verlangen. Bis der Geschäftsordnungsausschuss und der Nationalrat diesen abgesegnet haben, dauert es aber bis zu acht Wochen. Und: Stimmt der Nationalrat dem Verlangen nicht zu, muss der Verfassungsgerichtshof (VfGH) darüber entscheiden. Das kann ebenfalls zwei Monate dauern. Verzögert sich dann noch die Lieferung der Akten, wäre ein potenzieller Ibiza-Corona-Untersuchungsausschuss also erst im Frühjahr 2022 arbeitsfähig.
Grüne Nibelungentreue?
Die Opposition weiß das und verurteilt die grüne „Koalitionsräson“. Die ÖVP habe sich mit ihrem „Spielen auf Zeit“ durchgesetzt, meint Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper. „Die Grünen legitimieren das Verhalten von Kurz und Blümel“, sagt Krainer. Hafenecker und Krainer betonen zwar, dass die Grünen im U-Ausschuss konstruktive Arbeit leisten würden. „Frau Maurer fällt hingegen immer nur durch Destruktivität auf“, schießt Krainer gegen die Klubchefin.
Tatsächlich könnten sich die Grünen nun aus Räson selbst in die Defensive manövrieren: Folgt die Opposition Hafeneckers Vorschlag, dürfte auch die Arbeit grüner Minister in Corona-Zeiten begutachtet werden. Um nur ein Beispiel zu nennen: Im Zusammenhang mit Impfstoffbestellungen unter Ex-Gesundheitsminister Rudolf Anschober werden sich die Abgeordneten wohl dessen Befragung nicht entgehen lassen …
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