Corona-Krise bei der Post: Wie es dazu kommen konnte

Corona-Krise bei der Post: Wie es dazu kommen konnte
Warum und wie die Covid-19-Fälle in den Post-Verteilerzentren, einem Kindergarten und einem Flüchtlingsheim zusammenhängen.

Zwei Verteilerzentren der Post, in denen es plötzlich zu auffallend vielen Covid-19-Infektionen kommt; dazu ein Kindergarten in Wien-Liesing, der wegen Corona-Infektionen geschlossen werden muss – und schließlich kommt noch ein Flüchtlingsheim in Wien-Erdberg ins Spiel: Wie hängen all diese Standorte zusammen, um die seit dem Wochenende Aufregung herrscht?

Und stimmt, was Innenminister Karl Nehammer am Sonntag in den Raum stellte, nämlich: Dass in der Bundeshauptstadt „zu wenig“ getan wird, um das Coronavirus in Schach zu halten?

Corona-Streit: Nehammer attackiert Wien

Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen:

Hat die Stadt Wien einfach ignoriert, dass Covid-19-Infektionen aus einem Flüchtlingsheim in Wien-Erdberg auf Post-Verteilerzentren und einen Kindergarten „übergeschwappt“ sind, wie dies FPÖ und ÖVP kritisieren?

Laut dem Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker ist das Gegenteil passiert: Die Stadt Wien untersucht einen großen „Infektionscluster“. Dabei wurde der Behauptung nachgegangen, dass es in einem Flüchtlingsheim in Wien-Erdberg einen Fall mit Corona-Symptomen gibt. Nach einer positiven Testung wurden die Kontakte dieser Person weiterverfolgt und Leiharbeiter identifiziert, die für die Post arbeiten. So sei man überhaupt erst auf die Verteilerzentren gekommen. Eine zentrale Rolle spielt beim erwähnten Infektionscluster eine Leiharbeitsfirma, bei der einzelne Mitarbeiter der Post-Verteilerzentren angestellt waren. Die Infektion in einem Kindergarten in Liesing ist vermutlich ebenfalls auf die Leihfirma zurückzuführen – die infizierte Kindergärtnerin ist mit einem Leiharbeiter verheiratet.

Wird in Wiener Flüchtlingsheimen und Obdachloseneinrichtungen zu selten und wenig getestet?

Laut Stadt Wien wurden in Flüchtlingseinrichtungen bislang 67 Mitarbeiter und 955 Bewohner getestet. Bis auf das erwähnte Heim in Wien-Erdberg seien keine positiven Testungen in Flüchtlingseinrichtungen bekannt. In Wohnungsloseneinrichtungen wurden bislang 953 Tests gemacht (63 Mitarbeiter, 920 Bewohner). Alle Tests verliefen negativ.

Welche Konsequenzen haben die jüngsten Fälle auf die Covid-19-Strategie?

Die Stadt Wien will nun verstärkt auf Leiharbeitsfirmen zugehen und diese testen. Der alarmierende Grund: Leiharbeiter bekommen in der Regel keinen Lohn, wenn sie sich krank melden. Viele arbeiten daher oft krank weiter. Für die Meldung und Eindämmung von Covid-19 ist das ein Problem.

Wird es nun zu Verzögerungen bei der Auslieferung von Paketen kommen?

Laut Post-Sprecher Markus Leitgeb kann es in machen Fällen passieren, dass die Auslieferung ein bis zwei Tage länger dauern wird. Er betont, dass die beiden Verteilerzentren Hagenbrunn und Wien-Inzersdorf weiterhin in Betrieb sind. Kleinformatige Pakete werden derzeit umgeleitet und über das Briefzentrum in Wien verschickt. Insgesamt werden derzeit bis zu 700.000 Pakete pro Tag versendet. „Das ist ein Aufkommen wie zu Weihnachten“, berichtet Leitgeb.

Welche Aufgabe übernimmt nun in den Zentren das Bundesheer?

Die 270 angeforderten Soldaten sind nicht für die Auslieferung zuständig, sondern helfen in Hagenbrunn beim Sortieren der Pakte und beim Beladen der Fahrzeuge mit. Seit Sonntag läuft der Schichtbetrieb. Die Unterstützungsleistung wird von der Post bezahlt.

Hat die Post bei den Sicherheitsvorkehrungen geschlampt?

„Nein“, sagt Sprecher Markus Leitgeb. Die meisten auf Covid-19 positiv getesteten Personen hätten keine Symptome gezeigt und wussten somit nicht, dass sie erkrankt sind. Bei der Post vermutet man, dass sich viele Arbeiter im Familienverband angesteckt haben. Man lege großen Wert darauf, dass in den Postzentren der Sicherheitsabstand eingehalten werde, auch gilt Mundschutz als Pflicht.

Ist es üblich, dass bei der Post Asylwerber zum Einsatz kommen?

Die Post bedient sich an einer Reihe von Personalfirmen, die Arbeiter müssen dabei bestimmte Richtlinie erfüllen. Ob es im aktuellen Fall zu Verfehlungen gekommen ist, wird derzeit geprüft.

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