Versüßt hat ihm das Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) mit einem Punschkrapfen, die er seinem Vize bei den Koalitionsgesprächen servierte. Der Name „Punschkrapferl-Koalition“ für die erste rot-pinke Regierung auf Landesebene war geboren.
Teamplayer
Wiederkehr ist ein Teamplayer, er bekannte sich zu der Koalition und stand für sie ein, manchmal wohl auch gegen die eigene Überzeugung: Etwa als die Roten wegen der Wien Energie ins Strudeln geriet und die Pinken – im Gegensatz zur Opposition – nicht auf Aufarbeitung pochten. Was ihm allerdings auch die Kritik einbrachte, es mit der viel beschworenen Transparenz nicht ganz so ernst zu meinen.
Gemeinsam mit Ludwig verkündete er heuer schließlich auch den vorgezogenen Wien-Wahltermin in einem Video auf Social Media. Ein Zeichen der Einigkeit, nachdem die Bundes-Neos aus den ersten Verhandlungen mit ÖVP und SPÖ ausgestiegen waren und die Roten hart kritisierten. Dass Wiederkehr nicht glücklich mit dem Platzen der Verhandlungen war, verbalisierte er mit für einen Politiker ungewöhnlich selbstkritischen Worten: „Ich habe mir jeden Tag seit Ende der Verhandlungen gedacht: Was hätte ich besser machen können?“, erklärte er im KURIER-Interview.
Selbstironie
Selbstironie ist ihm ebenfalls nicht fremd. Als er 2018 zum Nachfolger von Beate Meinl-Reisinger als Neos-Wien-Chef erkoren wurde, prangten die Worte „Kennt keiner. Kann viel“ auf den Plakaten mit seinem Konterfei. Seine amikale Art hat ihm das Image des ewigen Schulsprechers, der er tatsächlich war, eingebracht, das er bis jetzt noch nicht ganz losgeworden ist, obwohl er immer wieder Kante zeigt.
Bis Wiederkehr seine eigene politische Handschrift fand, dauerte es tatsächlich etwas – in der von Corona geprägten Anfangszeit kein einfaches Unterfangen. Nach dem ersten Regierungsjahr verbuchte er mit einer Whistleblower-Plattform, auf der anonym Korruptionsverdachtsfälle gemeldet werden können und Lerncafés noch recht bescheidene Erfolge.
Schlammschlacht
Mit der Zeit wurde er am Politparkett aber sicherer und fiel mit ungewohnt klaren Worten zur Integration auf. Er startete eine Reform der Skandalbehörde MA 35, die für Einwanderung zuständig ist, und suchte nach Lösungen für den Familiennachzug, der das Wiener Schulsystem massiv belastet. Auch wenn er Akzente setzte – wie die Einführung von Orientierungsklassen für geflüchtete Kinder –, stieß er an die Grenzen seines Stadtrats-Wirkungsbereichs.
Im Sommer lieferte er sich darum auch eine medial geführte Schlammschlacht mit Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP), in der sie sich gegenseitig bezichtigten, an den diversen Problemen im Bildungsbereich Schuld zu sein. Nun kann er beweisen, ob er auf Bundesebene mehr umsetzen kann. Dass er es im Zuckerl ebenso engagiert versuchen wird, wie im Punschkrapferl, ist zu erwarten. Ob er es schafft, das bleibt abzuwarten.
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