Christoph Ulmer - bis heute Strippenzieher

Christoph Ulmer - bis heute Strippenzieher
Der Ex-Strasser-Kabinettschef geriet durch den U-Ausschuss in den Fokus. Er soll bis heute im Innenressort Einfluss ausüben, sagen Kritiker.

Er spricht leise und antwortet höflich, wenn auch bestimmt; wieder und wieder streicht er sich die Haare aus dem Gesicht: Bei seinen Auftritten im parlamentarischen Untersuchungsausschuss wirkte Christoph Ulmer zurückhaltend, nahezu schüchtern und unsicher. Fotografiert oder gefilmt zu werden, das war ihm merkbar unangenehm.

Das ist die eine Seite des einstigen Kabinettschefs von Innenminister Ernst Strasser.

"Wenn er mit Strasser durchs Haus marschierte, haben plötzlich die Telefone geläutet. Die Leute haben sich gegenseitig vorgewarnt. Man hatte Angst", erzählen hingegen Bedienstete des Innenministeriums ( BMI).

Es sind Menschen wie Hermann Greylinger. Greylinger ist überzeugter Sozialdemokrat, Personalvertreter im Ministerium, und er nimmt für sich in Anspruch, zwischen Stil und Inhalt genau zu unterscheiden.

Was den Stil anbelangt, weiß er über Strassers junge "Erfüllungsgehilfen", sprich die Mitarbeiter im Kabinett, wenig Gutes zu berichten: "Es wurden Aufträge erteilt und rücksichtslos erfüllt – oder es gab Beton. Anregungen oder inhaltliche Diskussionen mit den Mitarbeitern gab es erst gar nicht."

Strasser habe ein "Schreckensregime" etabliert, sagt Greylinger – und der gebürtige Tiroler Ulmer soll dabei sein engster Verbündeter gewesen sein. Das ist die andere Seite der Geschichte.

Dass der 42-jährige Familienvater als ehemaliger Kabinettschef und damit Ressort-Bediensteter nun überhaupt derart in der Öffentlichkeit steht, verdankt er vor allem dem U-Ausschuss.

Tetron-Affäre

Wie berichtet, versuchen die Abgeordneten des Nationalrats zu klären, was 2003 bei der Vergabe des Blaulichtfunks "Tetron" falsch lief, ob allenfalls Schmiergeld floss – und ob man behaupten kann, Ulmer war als "Schattenminister" (© Grünen-Mandatar Peter Pilz) in mögliche Malversationen verwickelt.

Auf den ersten Blick wirkt so manches auffällig. Da ist etwa Ulmers jahrelange Freundschaft zum Waffen-Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly, mitsamt den Jagden auf dessen Gütern.

Da sind die bemerkenswerten Karrieren, die ehemalige Mitarbeiter des Kabinetts ausgerechnet bei Unternehmen machten, die mit dem Blaulichtfunk in Verbindung gebracht werden: Bernhard Krumpel etwa erhielt nach seiner BMI-Zeit bei "Tetron" einen Geschäftsführer-Job – das Konsortium hatte den Zuschlag für den Funk erhalten. Sein Ex-Kabinettskollege Wolfgang Gattringer wiederum wechselte zu Alcatel, einem Tetron-Konsortialpartner.

Und da ist zudem das Faktum, dass Ulmer nach seinem Ausscheiden aus dem Ressort einen Konsulentenvertrag für das Funkprojekt mit dem Ministerium hatte.

Weil Ulmer in den vergangenen Jahren (über eine Firma) als Berater für das BMI engagiert war – während seiner Karenzierung – sagen viele: "Ulmer ist bis heute ein , Strippenzieher" und entscheidet mit." Immerhin sitze sein ehemaliger Kabinettskollege Michael Kloibmüller – auch ein Strasserianer der ersten Stunde – auf seinem Platz, sprich: dem Sessel des Kabinettschefs.

Einig sind sich Freunde wie Kritiker, dass Ulmer – der Sohn eines Richters – ausnehmend intelligent ist.

"Er ist ein Stratege. Er war immer klug genug, bei heiklen Entscheidungen zwar das Heft in der Hand zu halten, aber selbst nie in den Akten vorzukommen. Und im Ministerium hat er seine Pläne gnadenlos durchgezogen", erzählt ein Insider.

Ist der Mann mit dem blassen Teint tatsächlich gnadenlos?

Ulmers Freunde erzählen die Sache anders: "Wir waren nicht gnadenlos, sondern konsequent. Natürlich fielen Entscheidungen, die nicht allen gefallen haben – insbesondere beim Personal", sagt ein früheres Kabinettsmitglied. Tatsächlich seien hochrangige Sozialdemokraten aus Schlüsselfunktionen entfernt worden. "Was die Betroffenen aber verschweigen, ist: Es gab faire Angebote und Gespräche. Nur gefielen sich die Leute in der Märtyrer-Rolle besser. "

Der Ex-Strasser-Mann will nicht namentlich genannt werden. Er ist nicht der Einzige. Diejenigen, die den umstrittenen Minister und seine engsten Mitarbeiter verteidigen könnten, machen sich rar, man will – wenn überhaupt – nur im Hintergrund erzählen.

Rauer Umgangston

"Der Umgangston war unter Strasser nicht der feinste. Da hat der Chef auf die Mitarbeiter abgefärbt", gesteht ein Weggefährte ein. "Aber das eigentliche Problem waren die Personalvertreter. Bis Strasser haben sie das Ministerium geführt, und plötzlich wollte der Ressortchef die Linie bestimmen. Das hat vielen nicht gepasst, egal ob christlich-konservativ oder sozialdemokratisch."

Kritiker hingegen sagen, es sei bei Postenbesetzungen in erster Linie um die Partei (ÖVP), nicht um die Fähigkeiten der Personen gegangen.

Und wie beurteilt Ulmer selbst seine damalige Rolle? Was sagt er dazu, dass er weiter als Strippenzieher gilt? Was hat es mit seinen Beraterverträgen auf sich?

Am besten könnte er selbst all diese Fragen beantworten, doch der KURIER bemühte sich vergeblich: Ulmer schweigt, und zwar ausnehmend konsequent.

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