Christoph Leitl: Reisender in Sachen Netzwerk und Innovation

Das südkoreanische Institut ETRI testet virtuelle Realität in einem Paraglider
"Wenn wir Exportnation bleiben wollen, brauchen wir Zugang zu technischen Innovationen", so Leitl.

Stolz zeigt Christoph Leitl einen Zeitungsartikel aus dem Jahr 1998 her. Als oberösterreichischer Wirtschaftslandesrat hat er Barcelona besucht, für ihn schon damals die Design-Hauptstadt Europas.

Am Ende seiner Amtszeit als Kammerpräsident wollte er wieder hierher kommen, in die Stadt mit den 480 Jugendstilhäusern, die seit den Olympischen Spielen auch das Meer in ihre Architektur einbezogen hat, und wo in den letzten Jahren eine boomende Kreativindustrie mit neuen Zentren für Design entstanden ist.

Das Büro der Außenhandelsstelle ist in einem historischen Juwel untergebracht, in der Casa de les Punxes, einem Stadtpalais, das Josep Puig i Catafalch im Jahr 1905 auch schon mit technischen Neuheiten ausstattete. Der mit seinen Werken allseits präsente Antoni Gaudi hatte viele Kollegen, die auch herrliche Werke des Jugendstils schafften.

Ein Abkommen der Wirtschaftskammer mit dem Barcelona Design Center soll österreichischen Unternehmen Zugang zu 160 katalanischen Unternehmen bieten, die neues Design entwickeln oder in diesem Bereich forschen.

Christoph Leitl: Reisender in Sachen Netzwerk und Innovation

Christoph Leitl am Dach der Casa de les Punxes im
Zentrum von Barcelona

Weltweite Abkommen

Christoph Leitl wechselt nach 18 Jahren in der Wirtschaftskammer Österreich an die Spitze der europäischen Vertretung, der Eurochambres in Brüssel. Da hatte er noch den Ehrgeiz, in Europa, den USA und Asien mit Elite-Unis und wissenschaftlichen Instituten Abkommen zu schließen, die österreichischen Unternehmern Zugang zu Forschungsergebnisse ermöglichen oder deren Netzwerke zur Verfügung stellen. Am Beginn stand die ETH Zürich, eine der besten Technik-Unis der Welt, die alleine 10.000 Kooperationen weltweit hat, die nun WKÖ-Mitglieder helfen können. In den USA gehören die Harvard-University und Stanford, der „Olymp der Innovationen“ (Leitl) zum Netzwerk und in Asien das KAIST in Südkorea. Diese Elite-Uni wurde erst 1971 gegründet, auf jeden Professor kommen nur 10 Studenten, so gelangt man an die Weltspitze. An der Nanyang Universität in Singapur versprach die damalige Wissenschaftsministerin Beatrix Karl im Jahr 2011, dass mehr Studenten aus Österreich kommen würden, dort hat man davon leider nichts gemerkt.

Genau das motiviert Christoph Leitl: „Überall werden technische Innovationen erarbeitet, auf die die Industrie zugreifen kann. Wenn wir Exportnation bleiben wollen, brauchen wir den Zugang dazu. 60 Prozent unseres Wohlstands verdienen wir außerhalb unserer Grenzen.“

Bessere Ausbildung

Bessere Ausbildung und einfachere Vernetzung mit den Unternehmen, das gilt natürlich auch für Österreich. Das fängt schon mit der Lehre an. Da will Leitl, dass mehr Lehrlinge auch Matura machen, dann „ist das depperte Sozialprestigedenken weg.“

Eigentlich müsste sich Österreich eine Elite-Uni leisten können – die südkoreanische KAIST hat ein Budget von 720 Millionen Euro – aber durch die Abkommen der WKÖ soll es wenigstens Zugang zu den Besten der Welt geben. Das betraf bisher Grundlagenforschung und Innovationen, die in der Industrie umgesetzt werden können. Mit der abschließenden Reise nach Mailand und Barcelona wird auch die Kreativwirtschaft eingebunden, die weltweit hohe Zuwachsraten aufweist.

Das Istituto Europeo di Design (IED) in Mailand ist eine der wichtigsten Adressen für Forschung und Ausbildung. Masterkurse dauern drei Jahre, Absolventen werden überall gesucht. Michael Fried, Chef des Büroartikelherstellers Bene, lobt die Italiener, weil ihr Industriedesign Form und Funktion bestens zusammenbringt. Aber auch erfolgreiche Unternehmen bräuchten immer wieder einen Anstoß von außen, gerade gutes Design lebe von Erneuerung, so Fried.

Bunter Agnelli-Erbe

Der Agnelli-Erbe Lapo Elkann, der nach einem wechselhaften Leben ein eigenes Designstudio in Mailand unterhält und an der Entwicklung des neuen FIAT 500 beteiligt war, glaubt an eine grundsätzliche Veränderung der Mobilität. Die Städte würden sich durch mehr Fahrräder und Motorroller verändern, dazu kämen die technischen Notwendigkeiten durch mehr Elektroautos. Elkann sieht hier große Herausforderungen für Technik und Design.

In Barcelona betont Juan Romero i Circuns, Chef der staatlichen Investitionsagentur ACCIO, dass die katalanische Hauptstadt inzwischen zu den beliebtesten Zentren für Start-ups in Europa gehört. Die vielen großen und kleinen Designfirmen seien der Grund dafür, die Stadt biete einfach die richtige Atmosphäre für Kreative. Deshalb sei es auch gelungen , hohe Budgets des EU-Förderprogramms Horizon 2020 nach Barcelona zu bringen.

Fragen zur politischen Lage Kataloniens hört sich Romero i Circuns ruhig an, glücklich machen sie ihn nicht. Er trägt eine gelbe Schleife am Revers, die stehe nicht für Unabhängigkeit, sondern für die Freilassung der separatistischen Politiker. Wäre sein Job schwieriger, wenn Katalonien Spanien verlässt? Da lächelt er gequält und Leitl springt ihm bei: „Gut, dass Katalonien Teil der EU ist.“ Kein Widerspruch des Katalanen.

Leilt war nicht immer so diplomatisch, er hat ja Österreich einmal als „abgesandelt“ bezeichnet. Tut ihm das leid?

„Aufgeigen statt absandeln“, laute der Slogan, jetzt umso mehr, als die Betriebe ein weltweites Netzwerk für Innovationen haben.

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