Kern zu ORF-Einflussnahme: "SPÖ hat auch Fehler gemacht"

SPÖ-Chef Kern im Gespräch mit KURIER-Herausgeber Brandstätter
Die SPÖ tritt gegen "Boulevarddemokratie" von ÖVP-FPÖ auf – in puncto ORF ist man allerdings auch selbstkritisch.

"Ein System, das beendet gehört."

So nennt SPÖ-Chef Christian Kern im Gespräch mit KURIER-Herausgeber Helmut Brandstätter die Versuche der ÖVP-FPÖ Regierung, Einfluss auf den ORF zu nehmen: Nicht nur, dass FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache Zeit im Bild-Anchorman Armin Wolf der Lüge bezichtigt hat und die ORF-Gebühren abschaffen will – jetzt wurde auch bekannt, dass der frühere Caritas-Chef Franz Küberl im Stiftungsrat Alfred Trendl, dem ÖVP-nahen Präsidenten des Katholischen Familienverbands, weichen soll (mehr dazu hier). Er galt als eine der wenigen unabhängigen Stimmen im Stiftungsrat, sein Abgang könnte ÖVP-FPÖ nach Meinung von Kritikern eine Zwei-Drittel-Mehrheit sichern.

Dass das der SPÖ nicht gefallen kann, ist klar; und dass sie sich als Oppositionspartei darüber echauffiert, ebenso. Nur: Warum die hat SPÖ das politischen Einflussnahme-System dann im ORF nie geändert? "Da hat auch die SPÖ Fehler gemacht", sagt Kern dazu.

In anderen Worten heißt das: Auch die SPÖ hat natürlich versucht, Einfluss zu nehmen. Erinnern kann man da etwa an die Causa Fritz Dittlbacher; dessen Bestellung zum TV-Chefredakteur – ein Wunsch der damaligen SPÖ-Geschäftsführerin Laura Rudas – stieß auf enormen Gegenwind und führte zum Abgang von Informationsdirektor Elmar Oberhauser. Oder der Fall Niko Pelinka: Dass er, Leiter des SPÖ-"Freundeskreises" im Stiftungsrat, Büroleiter von ORF-General Wrabetz werden sollte, konnte nur mit Mühe und Not verhindert werden.

Faymanns Fehler

Freilich, dass all jene Fehltritte sich in der Ära Faymann ereignet haben, macht es Kern um einiges leichter. "Wir machen einen Schlussstrich, wir haben daraus gelernt", sagt er. Nur: Ändern hätte er das ORF-Gesetz ja auch in seiner Amtszeit können. Das sei nachbetrachtet auch falsch gewesen: "In der letzten Legislatur wäre das mit FPÖ und NEOS gegangen, das haben wir verabsäumt."

Das Eingeständnis ist übrigens nicht die einzige Distanzierung, die Kern von der Medienpolitik seines Vorgängers unternimmt. In jenem Grundsatzpapier, das er am Montag vorgestellt hat – die Diskussionsgrundlage für das neue Parteiprogramm, das Kern der SPÖ bis zum Herbst verpassen will (mehr dazu hier) – ist nämlich die Rede von einer "populistischen Boulevarddemokratie" in Österreich.

Was damit gemeint ist?

Wohl die Fortsetzung des Kampfes, den Kern schon im Wahlkampf geführt hat: Da war er von Faymanns freimütiger Inseraten-Politik abgewichen und hatte sich mit dem Boulevard, und da vor allem mit Österreich, angelegt. Das Blatt hatte wegen ausbleibender Inserate massiv gegen ihn kampagnisiert, was in persönliche Angriffe gegen seine Frau gipfelte – Anwürfe, die entgegnet werden mussten.

Urwahl des SPÖ-Chefs

Dass eben jenes Österreich nun meldet, dass die Riege um Faymann an Kerns Sessel säge, sei darum "völliger Schwachsinn", wie er sagt. Er werde entgegen aller Unkenrufe SPÖ-Vorsitzender bleiben. Was er sich aber vorstellen könne, ist eine Demokratisierung der Wahl zum Parteichef: "FPÖ und ÖVP sind ja reine Führerparteien", sagt er. In der SPÖ sei darum eine Urwahl des Chefs – also ein Entscheid aller 175.000 Mitglieder über ihn – durchaus denkbar.

Warum eigentlich, Christian Kern

Kommentare