ORF: Regierung entlässt ihren letzten unabhängigen Rat

Franz Küberl sitzt seit 1998 in den ORF-Aufsichtsgremien
Kirchenvertreter Franz Küberl findet sich nicht mehr auf der Regierungsliste für das oberste ORF-Gremium

***UPDATE 18.40 Uhr***

Franz Küberl darf nach 20 Jahren seinen Aktenkoffer zusammenräumen. Der Caritas-Mann (64) sitzt seit 1998 im obersten ORF-Gremium (früher: Kuratorium, heute: Stiftungsrat) und gilt als eine der wenigen Stimmen, die sich nicht Fraktionszwängen unterworfen hat (und an parteipolitischen Sitzungen im Vorfeld von Abstimmungen teilnahm).

Küberl bestätigte seinen Abgang dem Standard. Ihm soll laut der Zeitung der Präsident des Katholischen Familienverbands, Alfred Trendl, nachfolgen. Küberl kam 2014 auf einem Regierungsticket in den Stiftungsrat. Kurz zuvor war das ORF-Gesetz geändert worden. Früher hatte ein Kirchenvertreter einen fixen Platz im Gremium.

Mehrheit für Wrabetz-Absetzung wäre vorhanden

Trendl ist laut Presse der ÖVP zuzuordnen. Damit ergibt sich in den folgenden Monaten (die Räte sind noch nicht bestellt) ein Gleichgewicht zugunsten der Regierungsparteien ÖVP und FPÖ. Sie haben gemeinsam 24 Stimmen im 35-köpfigen Stiftungsrat und damit eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Diese wäre theoretisch notwendig, um die ORF-Führung abzusetzen.

Bau-Zores

Anlass für eine mögliche (aber derzeit unwahrscheinliche) vorzeitige Abberufung wären die Zores bei der Baustelle Küniglberg. Morgen, Montag, tagt ein Sonderfinanzausschuss, der sich mit dem "Plan B" zur ORF-Sanierung beschäftigt. Generaldirektor Alexander Wrabetz will nach Problemen bei der Widmung ein alternatives Projekt zur Unterbringung aller Wiener ORF-Einheiten am Küniglberg vorstellen. Ein Alternativszenario sei, in bestehenden Hallen einen trimedialen Newsroom zu implementieren.

Das Bauprojekt ist mit 300 Millionen Euro veranschlagt. Wegen Protesten der Anrainer und ausstehender Widmungen durch den Bezirk muss der ORF nun rasch umplanen.

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