CETA: "Weder Chlorhuhn noch Ahornsirup-Schwemme"

Margarethe Schramböck weist CETA-Kritik zurück.
Die FPÖ verteidigt den Schwenk beim Freihandelsabkommen mit Kanada, Wirtschaftsministerin Schramböck lobt es mit Kern-Zitat.

Am heutigen Mittwoch segnete die Bundesregierung das Freihandelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada ab. Diesen Beschluss musste vor allem die FPÖ erklären, hatte man doch als Oppositionspartei heftige Kritik an dem Abkommen geübt. Aber auch Wirtschaftsministerin Margarethe Schramböck (ÖVP) machte sich noch einmal für CETA stark.

"CETA ist das beste Freihandelsabkommen, das die EU je geschlossen hat", sagte sie nach dem Ministerrat. Der Satz stamme nicht ursprünglich von Schramböck - sie zitierte damit den ehemaligen Kanzler und SPÖ-Chef Christian Kern. "Ich schließe mich dem vollinhaltlich an." Ein Seitenhieb auf die SPÖ, die jetzt gegen CETA Stimmung macht. Unter Rot-Schwarz wurde im Oktober 2016 bereits jener Teil des Abkommens unterzeichnet, der die Zuständigkeiten der EU betrifft, nun folgt der nationale Teil.

Angesichts der Greenpeace-Aktivisten, die in der Früh vor dem Bundeskanzleramt gegen CETA demonstrierten, meinte die Ministerin, man müsse die Sorgen durchaus ernstnehmen, sollte aber bedenken, mit welchem Land man da ein Abkommen schließe. "Kanada ist ein hochentwickeltes Industrieland." Und CETA "hält die hohen Standards und bietet Chancen für die Wirtschaft", betonte sie.

Schramböck: Überzeugungsarbeit war nicht nötig

Teile von CETA sind bereits seit einem halben Jahr in Kraft. "Seither konnten wir weder Chlorhühner entdecken, noch haben wir eine Ahornsirup-Schwemme erlebt", scherzte Schramböck. Über die positiven Effekte auf die Wirtschaft gab sie eine kurze Zwischenbilanz: Die Exporte im Handel seien seit dem Wegfall der Zölle um 24,4 Prozent gestiegen, alleine die Lebensmittel-Exporte um 41,9 Prozent. Das entspreche einem Exportwert von 19 Millionen Euro.

Auf die Frage, wie viel Überzeugungsarbeit die ÖVP bei der FPÖ habe leisten müssen - die Freiheitlichen hatten ja stets gegen CETA gewettert -, meinte Schramböck: "Das war gar nicht notwendig."

Das bestätigte Außenministerin Karin Kneissl, die formal für den völkerrechtlichen Vertrag zuständig ist: Es gebe ein Regierungsabkommen, und daran halte man sich. CETA sei eine der wesentlichen Bedingungen der ÖVP für die Koalition gewesen, "vielleicht sogar eine Conditio sine qua non", sagte die Außenministerin. Nachsatz: "CETA wäre so oder so gekommen, auch in einer anderen Regierungskonstellation, etwa mit der SPÖ."

CETA: "Weder Chlorhuhn noch Ahornsirup-Schwemme"

Umweltaktivistinnen am Mittwoch vor dem Bundeskanzleramt.

Aktivisten riegelten Kanzleramt ab

Die Umweltorganisation Greenpeace hatte Mittwochfrüh aus Protest CETA das Bundeskanzleramt am Wiener Ballhausplatz abgeriegelt. Rund 30 Aktivisten ketteten sich vor dem Eingang mit Stahlketten an. Auch Mitglieder von Global 2000 demonstrierten gegen den Beschluss der Regierung.

Die SPÖ warf den Freiheitlichen davor vor, umgefallen zu sein. Noch vor dem Sommer wird der Pakt mit den Stimmen der Freiheitlichen im Parlament "ruhigen Gewissens" ratifiziert. Das bestätigte Klubobmann Walter Rosenkranz am Mittwoch im Ö1-Morgenjournal. Einerseits sei CETA verbessert worden, andererseits sei die FPÖ im Sinne des Regierungsübereinkommens mit der ÖVP "pakttreu".

Die ÖVP hat Rosenkranz zufolge die Zustimmung zu CETA zur Koalitionsfrage gemacht: "Die ÖVP hat klar gesagt, CETA muss kommen - ohne Wenn und Aber: Sonst gibt es keine Regierung. Und da haben wir auch abgewogen, dass es besser ist, mit der FPÖ in gesamtstaatlicher Verantwortung hier Verantwortung zu übernehmen."

CETA: "Weder Chlorhuhn noch Ahornsirup-Schwemme"

FPÖ-Klubchef Walter Rosenkranz.

FPÖ argumentiert mit Schiedsgerichten

Rosenkranz argumentierte auch, dass das Volksbegehren nicht nur gegen CETA sondern auch gegen TTIP gerichtet war. TTIP komme "mit seinen schlimmen Dingen Gott sei Dank" nicht. CETA seien entscheidende Giftzähne gezogen worden. "Es braucht sich niemand um Lebensmittel-, Gesundheits-, Umweltstandards, die Daseinsvorsorge oder überbordende intransparente Investitionsgerichte zu fürchten. Das ist alles entschärft."

Außerdem könne man, "wenn tatsächlich etwas schief läuft" mit einfacher Mehrheit wieder aussteigen, sagt der FPÖ-Klubobmann. "Es ist einfach CETA besser geworden und wenn sich etwas zum Positiven ändert, können wir Freiheitlichen auch darauf reagieren", sagte er auch.

CETA: "Weder Chlorhuhn noch Ahornsirup-Schwemme"

Anti-CETA-Protest am Mittwoch vor dem Bundeskanzleramt.

Hofer erklärt neue Haltung

Die CETA-Ratifizierung gilt für die FPÖ als heikel. Führende Politiker wie Parteichef Heinz Christian Strache und Norbert Hofer unterschrieben dagegen. Hofer sagte als Präsidentschaftskandidat, er würde seine Unterschrift nur nach einer positiven Volksabstimmung setzen.

Hofer räumte am Mittwoch ein, dass er als Bundespräsidentschaftskandidat gegen CETA aufgetreten ist, und erklärte seine Haltungsänderung am Mittwoch damit, dass bei der "Richtungsentscheidung" die Mehrheit letztlich für Alexander Van der Bellen gestimmt habe, der für das Handelsabkommen war. Außerdem sei man ans Koalitionsabkommen mit der ÖVP gebunden, sagte auch Hofer: Die Zustimmung zu CETA sei für die Volkspartei entscheidend für eine Zusammenarbeit gewesen. "Bei diesem Punkt hat die FPÖ einen Kompromiss möglich gemacht und zu dem stehen wir."

Einen Gesichtsverlust vor den freiheitlichen Wählern kann Hofer nicht erkennen: "Mein Gesicht ist noch immer vorhanden." Die Bedenken, die man vor zwei Jahren gehabt habe, seien zu wesentlichen Teilen ausgeräumt, meinte Hofer etwa mit Blick auf Umwelt- und Sozialstandards.

Rosenkranz: FPÖ-Abgeordnete überzeugt

"Es waren andere Zeiten", so auch Rosenkranz, TTIP sei kein Thema mehr und Hofer sei nicht Präsident geworden. Eine Volksabstimmung sei schlicht "nicht möglich" gewesen. Im Parlamentsklub habe es bei einer Sitzung gestern noch "einigen Aufklärungsbedarf" für einige Abgeordneten gebraucht.

Rosenkranz erinnerte, dass CETA noch unter Ex-Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) auf den Weg gebracht worden sei. Die SPÖ wirft der FPÖ bei der CETA-Ratifizierung einen "Umfaller" vor. Sie verweist auf noch einige offene Fragen, die es für eine endgültige Ratifizierung etwa durch den EuGH zu klären gelte. Ein Teil von CETA ist bereits gültig, die Ratifizierung ist für jenen Teil nötig, der die umstrittenen Schiedsgerichte betrifft.

Thomas Langpaul (ORF) zu CETA

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