Causa Kurz: ÖVP-Kritik an "Vorverurteilung"

Der frühere ÖVP-EU-Abgeordnete Richard Seeber wurde am Montag (nicht rechtskräftig) am Innsbrucker Landesgericht vom Vorwurf des schweren Betrugs freigesprochen. Er soll an einen Berater Scheinrechnungen von 400.000 Euro ausgestellt haben. Richter Andreas Mair erklärte, Seeber werde im Zweifel freigesprochen.
Anklagebehörde im Fall Seeber ist die WKStA – die gleiche Staatsanwaltschaft, die auch gegen Sebastian Kurz ermittelt. Kurz beteuert ja, die WKStA sei auch in seinem Fall auf dem Holzweg.
Bereits letzte Woche hatte es aus Sicht der ÖVP gute Neuigkeiten von der Justiz gegeben. Christian Pilnacek wurde vom Vorwurf des Verrats eines Amtsgeheimnisses freigesprochen (hier klagte die Staatsanwaltschaft Innsbruck und nicht die WKStA an). Ermittlungen gegen Ex-Finanzminister Hartwig Löger wurden eingestellt, eine Anzeige gegen Gernot Blümel wegen Falschaussage im U-Ausschuss niedergelegt.
ÖVP-„Warnungen“
Dieses Momentum nutzt die ÖVP nun einmal mehr, um vor „bedenklichen Entwicklungen in der Justiz“ zu warnen. Dieses Mal steigt ein ehemaliger ÖVP-Abgeordneter und Wirtschaftsjurist in den Ring: Georg Vetter, der 2015 vom Team Stronach zur ÖVP wechselte.
Bei einem Gespräch mit mehreren Medien am Montag sagt Vetter, eine Wortwahl wie „linke Zellen in der WKStA“ würde er nicht verwenden. Trotzdem möchte der Ex-ÖVP-Mandatar vor einigen Missständen warnen. Seine Vorhalte gegenüber der Justiz im Detail:
Beispiel 1: Die ausführliche Anordnung zur Hausdurchsuchung – in der Causa Kurz 104 Seiten – sei eine Vorverurteilung. Das Gesetz regle, wie eine Anordnung zur Hausdurchsuchung auszusehen habe. „Von einem Sachverhalt und einer Beweiswürdigung steht im Gesetz nichts. Die Kombination von Sachverhalt und Beweiswürdigung, versehen mit einem Bewilligungsstempel vom Gericht, schaut nach einem Urteil aus“, kritisiert Vetter.
Beispiel 2 Laut Vetter dürfen nur Ermittlungsergebnisse in den Akt, nicht aber Anordnungen zur Hausdurchsuchung. Würden die Anordnungen nicht im Akt sein, so würden sie über die Anwälte der Beschuldigten nicht publik werden. Durch die Veröffentlichung der Anordnungen und der Auswertungen der Chatprotokolle komme es zu einer „Schwächung der Waffengleichheit zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung“.
Beispiel 3 Auch die Zufallsfunde betrachtet Vetter kritisch: Man könne „nicht mehr von einem Zufallsfund reden, wenn die Staatsanwaltschaft in sichergestellten Chats bewusst nach bestimmten Begriffen sucht, die nichts mit den laufenden Ermittlungen zu tun haben“.
Außerdem solle die WKStA aufs Tempo achten und Monate, aber nicht Jahre ermitteln, „um den Verdacht zu vermeiden, sie treibe ein politisches Spiel“.
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