Seit Deutschland vergangene Woche einen Plan zur teilweisen Legalisierung von Cannabis bekannt gemacht hat, ist die Debatte auch in Österreich wieder gestartet.
Am Wochenende waren es die Neos bzw. deren Jugendorganisation, die Junos, die dazu aufforderten, mit Deutschland gleichzuziehen. Die dortigen Pläne seien ein Schritt in die richtige Richtung.
Konkret fordern die Junos die kontrollierte Freigabe von Cannabis an lizenzierten Verkaufsstellen. Dabei sollen Volljährige in Fachgeschäften, wie beispielsweise Apotheken, unbeschränkt Cannabis erwerben können.
„Dealer fragen Jugendliche nicht nach dem Ausweis, lizenzierte Händler schon. So zu tun, als ob Cannabis kein Teil der Gesellschaft sei, ist falsch“, sagt Junos-Chefin Sophie Wotschke. Den derzeitigen Umgang mit Cannabis in Österreich nennt sie „scheinheilig“.
Die ÖVP ist traditionell gegen eine Legalisierung von Cannabis. Diese sei nämlich „lediglich Klientelpolitik für einige Wenige und gleichzeitig eine potenzielle Gesundheitsgefährdung für die Bevölkerung“, wie der türkise Generalsekretär Christian Stocker sagt. Das habe nichts mit der Realität zu tun, kontert Wotschke.
Doch wie sieht die – zumindest im Hinblick auf die strafrechtliche Verfolgung – aus?
Einmal vorweg: Der Besitz von Cannabis ist in Österreich grundsätzlich strafbar. Die Statistik des Justizministeriums zum unerlaubten Umgang mit Suchtgiften differenziert aber nicht zwischen den verschiedenen Substanzen, bezieht sich also nicht ausschließlich auf Cannabis.
Die Auswertung ist dennoch interessant. In den vergangenen fünf Jahren gab es in Österreich insgesamt 185.783 Anzeigen wegen unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften. In 153.743 Fällen folgte eine Einstellung. In 18.083 Fällen kam es zu einer Diversion, das heißt, es wurde auf ein förmliches Strafverfahren verzichtet. Zu einer Verurteilung kam es 18.313 Mal. Stark vereinfacht gesagt heißt das, nur etwa jeder Zehnte, der beim unerlaubten Umgang (nicht Handel!) mit Suchtgift erwischt wird, wird dafür verurteilt.
Im Unterschied zu ihrem Koalitionspartner treten die Grünen für eine Entkriminalisierung von Cannabis ein. Das würde bedeuten, dass der Besitz einer bestimmten Menge nicht länger als Straftat gewertet wird, Handel und Herstellung aber verboten bleiben. „Entscheidend ist für uns, dass Jugendliche nach einem Cannabis-Konsum nicht kriminalisiert werden und ein niederschwelliger Zugang zu therapeutischen Angeboten besteht“, heißt es aus dem Gesundheitsministerium.
In der SPÖ ist man jedenfalls gegen eine „völlige Liberalisierung“ des privaten Konsums. Allerdings: „Jedenfalls sprechen wir uns für den Einsatz von und erleichterten Zugang zu Cannabis-Präparaten für medizinische Zwecke bei entsprechender Indikation aus“, heißt es aus dem roten Parlamentsklub.
Deutschland hat die geplante Neuregelung ja auch damit begründet, dass so ein besserer Jugendschutz möglich sei. Immerhin hat der Cannabis-Konsum von Jugendlichen laut dem deutschen Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in den vergangenen Jahren zugenommen.
Für Österreich zeigen die Ergebnisse des Drogenberichts 2022, dass die Lebenszeiterfahrung mit Cannabis-Konsum bei Jugendlichen über den Zeitraum 2003 bis 2018 stabil geblieben ist. Auch die HBSC-Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zeigt eine stabile Entwicklung bei Burschen in den Jahren 2010 bis 2022. Bei Mädchen wird allerdings seit 2010 ein Anstieg verzeichnet. Laut Gesundheitsministerium wird Cannabis aktuell von sieben Prozent der Mädchen und neun Prozent der Burschen ab der neunten Schulstufe konsumiert.
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