Pilnacek zur BVT-Razzia: Daten "nicht punktgenau" sichergestellt
Nach den Befragungen am Dienstag widmet sich der BVT-Untersuchungsausschuss auch am Mittwoch Zeugen aus dem Justizbereich. Zunächst musste Christian Pilnacek, Generalsekretär im Justizministerium, zur umstrittenen Razzia beim Verfassungsschutz Rede und Antwort stehen. Er wurde erst über die Razzia informiert, als diese bereits im Gange war. In einer internen Sitzung soll Pilnacek außerdem das Vorgehen von Innenminister Herbert Kickls Kabinett als "Skandal" bezeichnet haben.
Pilnacek, hat deutlich seinen Unmut über die Vorgangsweise des Innenministeriums und der Korruptionsstaatsanwaltschaft in der Verfassungsschutz-Affäre erkennen lassen. So hätte er sich erwartet, dass "der Dienstweg eingehalten" werde und sich sein Gegenüber im BMI direkt an ihn wendet.
Dass der Spitzenbeamte von den Vorgängen in der Causa alles andere als begeistert ist, war schon bekannt. So übte er laut einem medial veröffentlichten Sitzungsprotokoll einer am 12. März stattgefundenen Dienstbesprechung im Justizministerium Kritik daran, dass sein Pendant im Innenministerium, Peter Goldgruber, im Jänner direkt mit Staatsanwältin Ursula Schmudermayer Kontakt aufgenommen hatte.
BVT-Ausschuss: Tag 6 im Live-Ticker
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Guten Morgen aus der Wiener Hofburg!
Generalsekretär Christian Pilnacek aus dem Justizministerium ist eingetroffen. Die Sitzung wird natürlich medienöffentlich geführt.
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Verfahrensrichter Strauss macht seine üblichen Belehrungen und ist als Erster an der Reihe mit seinen Fragen.
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Beim U-Ausschuss geht es um die Frage der politischen Beeinflussung der staatsanwaltlichen Ermittlungen in der Causa BVT. Pilnacek wird als Auskunftsperson zum Beweisthema 3, Hausdurchsuchungen, befragt.
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Zur Erinnerung: Pilnacek wurde erst über die Razzia informiert, als diese bereits im Gange war. Pilnacek kritisierte, dass die EGS eingesetzt wurde ("wahnsinnig auffällig") und nannte das Vorgehen von Kickls Kabinett intern einen "Skandal".
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Pilnacek verzichtet auf ein Anfangsstatement. Wir steigen gleich in die Fragerunden ein.
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Strauss fragt, wann Pilnacek zum ersten Mal von den Hausdurchsuchungen vom 28. Februar beim BVT erfahren habe.
Der Generalsekretät erwähnt das Konvolut an anonymen Anzeigen, das im Herbst 2017 Thema im Justizministerium gewesen sei. Die WKStA sollte die Stichhaltigkeit prüfen.
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Von den Hausdurchsuchungen habe er am Tag nach der Razzia durch den Bericht der WKStA erfahren, also am 29. Februar.
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Pilnacek erklärt, die WKSta sei wie alle staatsanwaltlichen Behörden nicht zu Berichten über einzelne Ermittlungsschritte verpflichtet ist. Die WKStA sei noch dazu besonders selbstbewusst und habe daher auch nicht Bericht erstattet.
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Strauss fragt Pilnacek zur Hausdurchsuchung. Er könnte nicht zu eigenen Wahrnehmungen Stellung nehmen, da er nicht anwesend gewesen sei. Das EGS sei jedenfalls für die Sicherung der HD zuständig gewesen.
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Pilnacek antwortet sehr vorsichtig
Strauss fragt, welche Vorgangsweise Pilnacek empfohlen hätte. Der Generalsekretär bezeichnet das als Was-wäre-wenn-Frage, die er nicht beantworten könnte, weil sie auch nicht seine Wahrnehmungen betreffe.
Ob Ermittlungsfehler passiert seien, fragt Strauss. Pilnacekverweist auf die Entscheidung des OLG Wien. Die habe ohnehin schon zur Bewilligung der Razzia alles gesagt, was zu sagen ist (Entscheidung fiel auf rechtswidrig, Anm.).
Thema Amtshilfe: Als Beamter des Justizministers ist er an die Rechtssprechung gebunden. Und das OLG Wien habe entschieden, dass hier mit Amtshilfe vorzugehen gewesen wäre.
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ÖVP-Abgeordnete Johanna Jachs beginnt mit der Befragung: Wäre der Dienstweg besser gewesen? Rechtfertigung für die Vorgangsweise war laut PIlnacek: WKStA habe in Protokoll als Grund angegeben, dass BMI-Generalsekretär Peter Goldgruber der Anzeiger war.
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"Skandal"-Sager erklärt er mit "Emotionalität"
Inwiefern sei die Vorgangsweise der WKSta ein "Skandal", wie das Pilnacek einmal geäußert hat? Pilnacek: "Wer mich kennt, kennt auch meine mitunter zu Tage tretende Emotionalität."
Warum wurde eine Vorgangsweise gewählt, die nicht üblich ist? Pilnacek verweist auf Goldgruber, der sei zu fragen.
Dass eine bedeutende Institution der Republik zu durchsuchen, sei eben eine unübliche Sache, sagt Pilnacek, daher seien auch viele Teilaspekte der Causa nicht üblich.
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Warum keine Amtshilfe gewählt wurde, fragt Jachs. Pilnacek verweist auf die Sichtweise der WKStA, dass Amtshilfe nicht förderlich gewesen sei, weil BVT-Chef Gridling selbst zu den Beschuldigten im Konvolut zählte.
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Pilnacek: "Gelindere MIttel"
Es geht um ein Zitat Pilnaceks aus dem Aktenvermerk, dass das "Substrat bisher nicht dramatisch" sei. Was er damit meine? Dass die Vorwürfe, so wie sie durch die WKStA berichtet wurden, aus seiner Sicht nicht schwerwiegend genug waren, erklärt Pilnacek sinngemäß. "Für mich war nicht nachvollziehbar, warum in einer derart raschen Abfolge diese Anordnungen erlassen wurden." Man hätte mit "gelinderen Mitteln" vorgehen können. Das sei später auch die Sicht des OLG gewesen.
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Generalsekretär und Anzeiger in einer Person
SPÖ-Abgeordneter Kai Jan Krainer ist an der Reihe: Er wolle Pilnacek nicht als Generalsekretär ansprechen, das habe "so einen schalen Beigeschmack". Schmunzeln im Saal. Krainer verweist offenbar auf Generalsekretär Goldgruber.
Ob es üblich sei, mit Zeugen und dem Anzeiger (Goldgruber, Anm.) darüber zu sprechen, welche Polizeieinheit man auswähle. Pilnacek erklärt: "Die Staatsanwaltschaft verfügt über keine eigenen Ermittlungskräfte. Es muss immer geklärt werden, welche Exutivkräfte beauftragt werden."
Goldgruber sei nicht in zwei Funktionen aufgetreten. Sondern, er sei dazu verpflichtet, wenn er von einem möglichen Tatbestand weiß, diesen der Justiz zu melden. Krainer hakt nach: Aber dazu gehöre nicht, zu besprechen, welche Polizeieinheit verwendet werde. Pilnacek sieht heute darin offenbar keinen "Skandal".
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Krainer zitiert eine Kontaktaufnahme durch BMI-Kabinettsmitarbeiter A. mit Kabinettschef N. im Justizministerium vom Dezember 2017. Danach habe es ein Telefonat mit der Frage: "Wurde das eingestellt?" gegeben. Pilnacek nimmt an, dass es dabei um das ganze Anzeigenkonvolut gegangen ist. Was er zu N. gesagt habe? Den genauen Inhalt des Telefonats kenne er nicht mehr, aber es sei sein Interesse gewesen, dass den anonymen Vorwürfen nachgegangen werde um diese zu verifizieren oder falsifizieren.
Krainer vermutet, dass eigentlich das Kabinett des Innenministers die entsprechenden Infos haben wollte.
Was er dann gemacht habe? Pilnacek habe das an die WKStA weitergeleitet. Er wollte Klarheit haben über die vielen verschiedenen Vorwürfe im Anzeigenkonvolut. Die WKStA habe ihm berichtet, dass geprüft werde, ob es einen Anfangsverdacht gebe.
Krainer vermisst eine Antwort auf die damalige Frage "Wurde das eingestellt?" Pilnacek kann sie auch heute nicht geben, er habe die Frage nur weitergeleitet.
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DIe FPÖ-Fraktion übernimmt. Die Frage ist, ob Goldgruber mit der Anzeige rechtmäßig laut StPO gehandelt habe. Pilnacek bejaht das. Ob die Unterlassung auch strafbar sei? PIlnacek wundert sich, dass er als Auskunftsperson hier Rechtsauskünfte zu geben habe. Abgeordneter Markus Tschank will "ja nur die Medienöffentlichkeit informieren".
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Nächste Frage: Ist eine Hausdurchsuchung einer Behörde bei einem Amt grundsätzlich zulässig? Pilnacek betont erneut, hier nicht zu Rechtsfragen sondern zu seinen Wahrnehmungen Stellung nehmen zu wollen.
Es geht erneut um Frage der Amtshilfe. Pilnacek verweist erneut auf die Entscheidung der WKStA, nicht mit dem Belastungsverbot Gridlings in Konflikt zu kommen. Das OLG habe dies anders gesehen. FPÖ-Abgeordneter Tschank spricht von amtlichen Dateien in privaten Unterkünften. Ob man hier mit Amtshilfe an die entsprechenden Beweismittel komme? "In private Räumlichkeiten komme ich natürlich nicht im Wege der Amtshilfe", sagt Pilnacek.
Erfahrung mit diesem Thema hatte man noch vom Salzburger Finanzskandal, "wo ebenfalls Amtsräume durchsucht wurden", erläutert Pilnacek.
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Als Pilnaceks "Skandal"-Sager fiel, habe der die Einhaltung des Dienstwegs eingefordert habe. Tschank fragt, ob es überhaupt so einen ressortübergreifenden Dienstweg gebe. Pilnacek sagt, er halte es immer so, dass er direkt den Generalsekretär des jeweiligen Ministeriums kontaktiere. Ob das ein Dienstweg oder eine Usance sei? Pilnacek: "Eine Gepflogenheit."
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Das Übliche im Unüblichen
Stephanie Krisper (Neos) will wissen, ob es üblich sei, dass vorbereitende Gespräche mit Zeugen im Innneministerium stattfinden. "An diesem Fall ist wenig üblich". sagt Pilnacek. Und dass der Generalsekretär bei einer Zeugenvernehmung anwesen ist, ob das üblich sei?
Pilnacek: "Ich kann nicht sagen, was bei einem unüblichen Verfahren üblich ist." - Schmunzeln im Lokal 7.
Dass zwischen Schmudermayer und Goldgruber vereinbart wurde, die schriftliche Aufzeichnung der Kommunikation zu vermeiden, ob das üblich sei, wenn die WKStA zu Korruption ermittelt, was ja ihre hauptsächliche Aufgabe sei. "Üblich ist es dann, wenn besondere Gründe der Geheimhaltung bestehen", antwortet Pilnacek.
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Ob die Zwangsmaßnahme einer Hausdurchsuchung in diesem Fall verhältnismäßig gewesen sei? Pilnacek moniert erneut, dass er hiermit zu seiner persönlichen Einschätzung befragt werde. Er solle hier doch nur zu seinen Wahrnehmungen Auskunft geben, hält der Generalsekretär fest.
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Krisper spricht erneut einen Zirkelschluss der WKStA an: Man habe Zeitdruck bei der Befragung von Zeugen, könne aber keine weiteren Zeugen befragen, weil ein Zeitdruck bestehe. Daher die Eile bei der Hausdurchsuchung.
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Peter Pilz (Liste Pilz) fragt nach der Kontaktaufnahme mit der WKStA bezüglich der Fortführung der Ermittlungen. Ob er die Verdächtigten und Beschuldigten in diesem Verfahren gekannt habe? Pilnacek bejaht das im Großen und Ganzen. Kloibmüller und Z. hätten in diesem Personenkreis befunden, bestätigt Pilnacek. Pilz legt Pilnacek ein Foto vor, auf dem beide Beschuldigten im Fall Lansky zu sehen sind. Pilnacek erklärt, dass er selbst auch auf dem Foto zu sehen ist. Es geht um das am Vortag erwähnte Zusammentreffen im Wiener Innenstadtlokal Zum Schwarzen Kameel. Das Treffen habe zurzeit der Regierungsverhandlungen im Dezember stattgefunden.
Er möchte nicht über seine privaten Zusammenkünfte Auskunft geben. Pilz fragt, ob ihm bewusst gewesen sei, dass an der Bar zwei BVT-Mitarbeiter "postiert gewesen" sein sollen.
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Abendgestaltung und Amtsgeheimnis
Pilz will wissen, warum er sich mit den beiden zu einem Abendessen in diesem Lokal getroffen habe. Pilnacek erklärt, er besuche dieses Lokal häufig, zur "privaten Abendgestaltung". Würde er jedem aus dem Weg gehen, der ihn zu einem Verfahren befragen könnte, würde er in Wien nicht weit gehen können. In diesem Fall wäre es "grob unhöflich" gewesen, sich nicht dazuzusetzen. Dass an diesem Abend über die Causa Rubicon gesprochen worden sei, könne er ausschließen. Er halte das Amtsgeheimnis selbstverständlich ein. Jetzt will Pilz wissen, ob er mit diesen Leuten jemals über die gesamte Causa gesprochen habe. "War nicht Gegenstand meiner Gespräche", sagt Pilnacek. -
Pilz kommt zu einem Tagebuchvermerk: OStA sei nicht eingebunden worden, weil deren Leiterin mit einem hohen Beamten im BMI verheiratet gewesen sei, sagte WKStA-Chefin Vrabl-Sanda.
Das habe sich auf einen früheren Zeitraum bezogen, erklärt Pilnacek. Zum Zeitpunkt der Dienstbesprechung beziehungsweise der Razzia sei die abgesprochene OStA-Leiterin gar nicht mehr in dieser Funktion gewesen.
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"Der öffentlichste Ort Wiens"
ÖVP-Abgeordnete Jachs fragt etwas suggestiv, ob er, Pilnacek, ihr das Schwarze Kameel als Ort für ein konspiratives Treffen empfehlen könne. Pilnacek: "Das ist der öffentlichste Ort Wiens"
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Ein übersehenes Urteil
Jachs fragt wieder nach den dem Urteil des OLG Linz, wonach die Daten Lanskys nicht gelöscht werden mussten. Dieses Urteil sei im Ermittlungsverfahren der WKStA übersehen worden, wie auch der KURIER heute berichtet:
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Pilnacek kann sich das "nicht erklären"
Warum die fallführende Oberstaatsanwältin Schmudermayer die Entscheidung des OLG Linz zum Zeitpunkt der Anordunng der Razzia nicht gekannt habe, fragt Jachs. Pilnacek: "Das kann ich mir eigentlich nicht erklären."
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Kai Jan Krainer (SPÖ) ist wieder am Wort. Pilnacek habe im März öffentlich erklärt, dass bei der Razzia keine Daten von ausländischen Partnerdiensten mitgenommen worden seien. Das sei damals sein Kenntnisstand gewesen, erklärt Pilnacek. Er sei auf die ihm von der Staatsanwaltschaft übermittelten Berichte angewiesen gewesen.
Krainer fragt erneut nach der mit "Bundesverfassungsschutz Deutschland" beschrifteten CD. Das musste doch klar ersichtlich gewesen sein. Pilnacek äußert die Vermutung, dass die Hausdurchsuchung nicht vollkommen punktgenau erfolgt sei.
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Krainer spricht über die mögliche verschlechterte Reputation des BVT bei Partnerdiensten. Ob er, Pilnacek, von einem drohenden Ausscheiden des BVT aus dem Berner Club gewusst habe? Von diesem Vorgang im Juni habe er eine Wahrnehmung über einen Aktenvermerk. Warum dann der Innenminister im Juni im ORF-"Report" das alles als "easy cheesy" mit den Partnerdiensten bezeichnen konnte? Pilnacek hat darauf keine Antwort.
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FPÖ-Abgeordneter Tschank spricht die Anordnung der Razzia an. Ob die Bewilligung über einen Journalrichter zulässig gewesen sei und ob die Zeit für diesen Vorgang ausreichend gewesen sei?
Pilnacek sagt, die Fachaufsicht im Justizministerium keinen Handlungsbedarf gesehen. Letztere Frage müsse Schmudermayer beantworten. Seiner Ansicht nach habe die WKStA diese Vorgangsweise gewählt, um im Sinne der Geheimhaltung möglichst wenig Mitwisser zu haben.
Könne man das überhaupt anders lösen, fragt Tschank etwas suggestiv. Pilnacek sieht sich wieder einmal mit einer "Was-wäre-wenn-Frage" konfrontiert.
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"Jetzt wird es wirklich bunt"
Krisper (Neos) hakt noch einmal bei der Funktion Goldgrubers als Anzeiger ein. Sie zitiert aus einem Email von Pilnacek an WKStA-Chefin Vrabl-Sanda: "Jetzt wird es wirklich bunt", Kickl bestreite öffentlich, dass es eine Anzeige vonseiten des BMI gegeben habe.
Das E-Mail sei selbsterklärend, weil er sich geärgert habe, dass Goldgruber, der im Sinne der Anzeigepflicht gehandelt habe, genau diese Anzeige vorgeworfen wurde.
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Krisper spricht von Falschinformationen an Pilnacek, dass bei der Sicherstellung von Daten immer ein Staatsanwalt im Raum gewesen sei. Pilnacek erklärt: Es sei unmöglich, dass bei einem Büro mit mehreren Räumlichkeiten immer eine Mitglied der Staatsanwalt in jedem Raum anwesend sein kann. Aber: Eine Staatsanwältin (Schmudermayer, Anm.) sei bei der Razzia vor Ort gewesen.
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Krisper zitiert ein weiteres Mail von Pilnacek an Vrabl-Sanda. Man müsse die Verhältnismäßigkeit der Razzia erklären. "Wenn wir Löschung durch Fernzugriff nicht plausibel darlegen können, fällt ein wichtiger Grund weg".
Auch das sei selbsterklärend, sagt Pilnacek. Ihm sei es darum gegangen, die Verhältnismäßigkeit möglichst anschaulich zu erklären.
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Pilz spricht speziell die Hausdurchsuchung im Büro der Extremismusreferatsleiterin Sibylle G. an. Man war der Auffassung dort auch Hinweise darauf zu finden, dass im BVT mit Daten unzulässig umgegangen werde. Pilz fragt nach, ob eine Durchsuchung bei einer nicht beschuldigten Person zulässig sei? Pilz hält Pilnacek den OLG-Spruch vom August 2018 vor, den er vor einer halben Stunde in einem orangen Aktenkuvert selbst in den Saal getragen hatte.
Es geht um ein Protokoll zu einer Dienstbesprechung: Pilnacek sei damals auch der Auffassung gewesen, dass die HD zumindest im Büro von G. rechtswidrig gewesen sei. Insgesamt habe man die Vorgangsweise als "vertretbar" erachtet, wenn auch nicht in allen Teilbereichen.
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Pilz fragt sinngemäß: Was bedeute das für die Fachaufsicht und die Rolle des Justizministeriums, wenn ein rechtsextremer Beamter im Büro einer Zeugin, nicht Beschuldigten, Daten, die den Rechtsextremismus betreffen, mitnehme? Seine Fragestellung könne er, Pilz, erst in der nächsten Fragerunde adaptieren, erklärt Vorsitzende Bures.
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Ärger über Goldgruber
SPÖ-Abgeordneter Jörg Leichtfried hält Pilnacek ein Mail an Vrabl-Sanda vor, das kurz nach der Razzia verschickt worden sei. "Ich finde es eigenartig, dass es unter Umgehung des Dienstweges überhaupt solche Kontakte gibt". Was damit gemeint war? "Es wäre aufgrund der Brisanz der Sache besser gewesen, man hätte sich breiter aufgestellt und den Rat von unserer Seite in Anspruch genommen", erklärt Pilnacek. Leichtfried will wissen, warum das trotzdem nicht passiert sei? - Das habe er schon erklärt, sagt Pilnacek. Leichtfried hält Pilnacek vor, dass die Zusammenarbeit zwischen Justiz- und Innenministerium nicht die Beste gewesen sei. Warum Pilnacek sich über Goldgruber geärgert habe? Es sei ständig versucht worden, "einen Keil zwischen die beiden Ministerien zu treiben. Diesen Keil wollte ich nicht treiben lassen." Dieses einander Nicht-Abstimmen habe dieses Bild noch verstärkt und das habe ihn geärgert, sagt Pilnacek. Er habe das Goldgruber auch persönlich mitgeteilt. "Und was hat er geantwortet?" will Leichtfried wissen. "Dass er unter gewissen Umständen eben so handeln musste", sagt Pilnacek. Leichtfried sieht Übereinstimmung zwischen ihm und Pilnacek ihn den abgefragten Punkten.
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Tschank (FPÖ) fragt, ob sensible Daten im BVT einfach so herumliegen? Pilnacek kenne die Büros nicht, aber soweit ihm geschildert worden sei, war der Zustand "nicht sehr aufgeräumt".
Ob es zulässig sei, dass man die Daten "offen am Tisch liegen lässt?" -Zum Inhalt des Ermittlungsverfahrens, wie mit Daten umgegangen werde, könne er nichts sagen, er wolle nichts präjudizieren.
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Krisper (Neos) fragt: "Was würden Sie im nächsten Fall anders machen?" - Das könne man erst sagen, wenn der Bericht des U-Ausschusses da sei, erklärt Pilnacek. "Meine Konsequenz ist immer: Einholung von Rat kann nicht schaden." Krisper: "Das heißt Einbindung Ihrer Person?" Pilnacek: "Es geht mir nicht um meine Person. Ich habe hervorragende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter." Aber für die "Beurteilung schwieriger Maßnahmen" könne es gut sein, jemanden beizuziehen, sagt Pilnacek.
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Man muss bei Pilnacek oft zwischen den Zeilen lesen, wie der vorige Eintrag zeigt. Auch SPÖ-Mandatarin Sabine Schatz hat da etwas gefunden.
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Eine Frage Krispers brachte noch einen Beitrag zur Amtshilfe-Diskussion: Es gehe hierbei um verfassungsmäßig garantierte Rechte. Niemand dürfe durch Amtshilfeersuchen gezwungen werden, sich selbst zu belasten, erläutert Pilnacek. Er gibt zu bedenken: "Bei Amtshilfe gibt es viel weniger Rechtsschutz. Da gibt es keine Beschwerde, keinen Einspruch."
Das OLG Wien hat allerdings im August entschieden, dass Amtshilfe als gelinderes Mittel anzuwenden gewesen wäre.
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Pause bis 12.30 Uhr
Mahlzeit!
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Es geht weiter
Die Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Ilse Vrabl-Sanda ist da. Ihre Behörde ist für die Causa zuständig. Vrabl-Sanda hat keine Vertrauensperson dabei.
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Vrabl-Sanda sieht ihre Behörde durch die aktuellen Berichte in ein schlechtes Bild gerückt. Ihr ist es wichtig in einem Anfangsstatement festzuhalten, dass es für die WKStA oberste Maxime sei, auf Grundlage der Gesetze zu ermitteln, ohne Ansehen der Person.
Dass die WKStA bisweilen als tendenziös dargestellt werde, bedrücke sie, "und dagegen verwehre ich mich", sagt Vrabl-Sanda.
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Zur Hausdurchsuchung sagt sie: Ihre Behörde sei dazu verpflichtet, Beweismittel beizuschaffen. Und da die Vorwürfe gegen das BVT schwerwiegend seien und den "Eingriffschutz in die eigenen Daten" betreffen, habe man eine entsprechende Handlungsweise finden müssen. Für jede Ermittlungshandlung brauche man einen Tatverdacht, die Verhältnismäßigkeit müsse gewahrt bleiben. Ob die Wahrung der Verhältnismäßigkeit andere Wege vorgibt, ist eine rechtliche Frage. Vrabl-Sanda gesetht zu, dass das OLG Wien das anders gesehen habe.
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Vrabl-Sanda sagt sinngemäß: Der Anfangsverdacht und die Tatsache, dass der höchste Beamte des Innenministeriums mit einem Anzeigenkonvolut auf die WKStA zugekommen sei, haben Anlass dazu gegeben, die entsprechenden Beweismittel zu besorgen. Man wisse aber, dass das BMI nicht direkt auf die BVT-Server zugreifen könne. Ob das BMI also per Amtshilfe die Daten vollständig beschaffen hätte können, sei fraglich. Im Fall der Salzburger Finanzkrise sei es auch nicht ohne Hausdurchsuchen bei Behörden geblieben, die Verhältnismäßigkeit dieser Zwangsmaßnahme sei vom OLG bestätigt worden.
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"Diese Staatsanwaltschaft wurde gerade deswegen gegründet, um in hochsensiblen Bereichen ermitteln zu können", sagt Vrabl-Sanda. Die WKStA muss nicht über einzelne Ermittlungsschritte Berichte ablegen. Es sind die potenziellen Taten dieser Täter geeignet, die Republik zu untergraben und nicht etwa die Korruptionsstaatsanwaltschaft. Wir wollen nicht, dass diese Staatsanwaltschaft den Mut verliert, gegen solche DInge vorzugehen. Vielleicht könne dieser U-Ausschuss dazu beitragen, sagt die WKStA-Chefin.
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Verfahrensrichter Strauss stellt erste Fragen. Ab wann sie über die Causa informiert war? Über das Anzeigenkonvolut habe sie ungefähr im Sommer 2017 zum ersten Mal erfahren, sagt Vrabl-Sanda. Dass eine Razzia im BVT stattfinden soll, habe sie am 27. Februar, das ist der Tag davor, erfahren. In die Planung sei sie nicht eingebunden gewesen.
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Das BAK habe man deswegen nicht involviert, weil es im ANzeigenkonvolut immer wieder erwähnt werde, sagt Vrabl-Sanda. Es gelte, jeden Anschein der Befangenheit zu vermeiden.
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Der Journalrichter, der die Razzia am 27. Februar bewilligt hatte, sei "nicht hier" gewesen, antwortet sie auf eine Frage Strauss` nach widersprüchlichen Angaben dazu. In den ihr vorgehaltenen Aufzeichnungen stand laut Strauss: "Die Bewilligung des Journalrichters, der gestern hier war." Warum sie hier geschrieben habe? "Wir wissen, dass er nicht hier war (in der WKStA, Anm.)" -Vrabl-Sanda bezeichnet dies als damaligen Irrrtum.
"Wer mich kennt, kennt auch meine Emotionalität"
"Wer mich kennt, kennt auch meine mitunter zutage tretende Emotionalität", erklärte Pilnacek dazu im U-Ausschuss. Er hätte sich erwartet, dass "der Dienstweg eingehalten" werde und der Generalsekretär ihn informiere. "Ich hätte es für angemessen empfunden, dass die Kontaktaufnahme auf der gleichen Hierarchieebene stattfindet." Prinzipiell sei der höchste Beamte eines Ressorts aber verpflichtet, Verdachtsmomenten nachzugehen, wenn er von ihnen erfährt.
Auch die Staatsanwaltschaft selbst informierte den obersten Beamten im Justizministerium erst im Nachhinein über die umstrittene Razzia im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) Ende Februar. Er habe von der Hausdurchsuchung mit dem Bericht der WKStA erfahren, "der am Tag nach der Durchführung erstattet worden ist", bestätigte Pilnacek. Grundsätzlich sei die Staatsanwaltschaft nicht zur Berichterstattung über einzelne Ermittlungsschritte verpflichtet, dazu komme, dass insbesondere die WKStA von viel Selbstständigkeit und "auch von einem hohen Ausmaß an Selbstbewusstsein geprägt ist", stellte Pilnacek fest. Die WKStA habe offenbar "keinen Anlass gefunden, uns in Kenntnis zu setzen".
Die Frage, ob er statt der Hausdurchsuchung den Weg der Amtshilfe empfohlen hätte, um an die gewünschten Unterlagen zu kommen, wollte Pilnacek nicht direkt beantworten, weil es sich um eine "Was wäre wenn-Frage" handle. Mehrmals, auch in der Frage nach etwaigen Ermittlungsfehlern, verwies er aber auf das Oberlandesgericht Wien, das die Razzia inzwischen größtenteils für unzulässig erklärt hat. Das OLG habe keine Dringlichkeit für eine Hausdurchsuchung erkennen können und die Amtshilfe für den besseren Weg erklärt.
Laut dem Sitzungsprotokoll vom Frühjahr kritisierte Pilnacek auch, mit der Einsatzgruppe gegen Straßenkriminalität (EGS) "einzumarschieren, war wahnsinnig auffällig". Es habe offenbar das Bemühen bestanden, eine Einheit zu suchen, die das notwendige Personal habe und außerdem keine Verbindungen zu den Verdächtigen, meinte Pilnacek dazu nun im U-Ausschuss nüchtern.
Allerlei Fragen der Abgeordneten, ob gewisse Vorgänge üblich seien, kommentierte Pilnacek meist allgemein. "Es ist außergewöhnlich und es ist in diesem Umfang nicht vorgekommen, dass so eine Institution der Republik untersucht wird, insofern ist vieles an dem Fall nicht üblich."
Konsequenzen wurden jedenfalls schon gezogen: Mittlerweile gebe es eine Weisung an die Korruptionsstaatsanwaltschaft, bei Zwangsmaßnahmen künftig Bericht zu erstatten. Es sei auch aufgetragen worden, Ausführungen der WKStA zu Rechtsmitteln und Rechtsbelehrungen vorab zu übermitteln.
Verwundert über Durchsuchung des Extremismusreferats
Pilnacek hat sich auch für unterschiedliche Angaben zur Beschlagnahmung von Daten ausländischer Nachrichtendienste rechtfertigen müssen. Er habe stets seinen aktuellen Kenntnisstand "getreu" wiedergegeben. Pilnacek ist aber auch der Meinung, dass "nicht punktgenau sichergestellt" worden sei. Auch sonst kritisierte er die WKStA. Überhaupt zeigte sich Pilnacek auf Befragen von Peter Pilz von der gleichnamigen Liste etwa einigermaßen verwundert, dass auch das Büro der Leiterin des Extremismusreferats im BVT durchsucht wurde. "Rechtswidrig" und unter der Leitung eines "rechtsextremen" Polizisten, wie Pilz eifrig assistierte - dieser Darstellung wollte Pilnacek allerdings dezidiert nicht folgen.
Mitgenommen wurde etwa eine CD, die mit dem (deutschen) Bundesverfassungsschutz beschriftet war. Pilnacek verwies darauf, bei der Hausdurchsuchung nicht dabei gewesen zu sein, aber nach seiner Auffassung "wurde nicht punktgenau sichergestellt", ließ er Kritik an der Staatsanwaltschaft anklingen. Gegen den Vorhalt von SPÖ-Fraktionschef Jan Krainer, warum er zunächst öffentlich behauptet habe, es seien gar keine Daten von Partnerdiensten beschlagnahmt worden, wehrte sich der Spitzenbeamte: Er habe immer seinen jeweils aktuellen Kenntnisstand "getreu wiedergegeben". Zur Frage des Imageschadens des BVT sei er u.a. von Behördenleiter Peter Gridling informiert worden, dass es Anfragen von Partnerdiensten gegeben habe.
Nach ihm ist die Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Ilse Vrabl-Sanda an der Reihe - ihre Behörde ist für die Causa zuständig. Dritter Zeuge am Mittwoch ist Staatsanwalt Robert Jirovsky. Als Leiter der zuständigen Abteilung im Justizministerium nahm er eine Prüfung der Vorgangsweise der WKStA vor.
Seitenhiebe auf WKStA
Deutlich verschnupft ist Pilnacek, weil die Korruptionsstaatsanwaltschaft ihn nicht im Vorhinein über die Hausdurchsuchung beim BVT informiert hat. So konnte er sich im Laufe der Befragung den einen oder anderen Seitenhieb auch nicht verkneifen. Der Spitzenbeamte attestierte der WKStA etwa ein "hohes Ausmaß an Selbstbewusstsein" und merkte auch an, "es zählt zur Philosophie dieser Staatsanwaltschaft, das Ministerium nicht zu informieren". Sehr wohl Kontakt hatte Staatsanwältin Ursula Schmudermayer dagegen mit Pilnaceks Pendant im Innenministerium, Peter Goldgruber - den hat Pilnacek aber dann bei einer Dienstbesprechung untersagt. Seine Philosophie sei, "Einholung von Rat kann nicht schaden", richtete Pilnacek aus. Es gehe ihm dabei nicht um seine Person, versicherte er, sondern es sei mitunter für die Beurteilung einer schwierigen Sachlage gut, jemand außenstehenden zu fragen.
Auch sonst wurde einmal mehr deutlich, dass Pilnacek mit der Vorgangsweise der Staatsanwaltschaft nicht glücklich ist: So meinte er, es wäre besser gewesen, wenn sich Schmudermayer wegen der Hausdurchsuchungsgenehmigung nicht erst an den Journalrichter in der Nacht gewandt hätte. Er verwies aber auch auf deren gestern im Ausschuss vorgebrachte Angaben, wonach sie mit den schriftlichen Vorarbeiten nicht rechtzeitig fertig geworden sei.
Johanna Jachs von der ÖVP fragte Pilnacek, warum Schmudermayer jenes Urteil des Oberlandesgerichts Linz, wonach die Daten von Anwalt Gabriel Lansky nicht gelöscht werden müssen, zum Zeitpunkt der Razzia nicht kannte. Hintergrund: Dass die entsprechenden Dokumente im BVT nicht gelöscht wurden, war eigentlich einer der Vorwürfe, auf denen die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in der Causa beruhten. "Das kann ich mir eigentlich nicht erklären, warum ihr das nicht bekannt sein soll", meinte Pilnacek. Er sagte aber auch, dass bei den Lansky-Daten nicht ausreichend differenziert werde, es gebe nämlich unterschiedliche Themenkomplexe und mehrere Gerichtsentscheidungen dazu.
Auch die Leiterin der Korruptionsstaatsanwaltschaft, Ilse Vrabl-Sanda, ließ Pilnacek nicht außen vor. Angesprochen darauf, dass ein Staatsanwalt den Präsidenten des Straflandesgerichts vorab von einer delikaten Aufgabe für den Journalrichter informiert hat, erklärte Pilnacek: "Ich bin vielleicht ein förmlicher Mensch", aber er wäre in Person der WKStA-Leiterin an einen Gerichtspräsidenten herangetreten. Vrabl-Sanda ist ab Mittag die zweite Auskunftsperson im U-Ausschuss heute.
Vrabl-Sanda nimmt ihre Behörde in Schutz
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft bleibt ihrer Linie im BVT-U-Ausschuss treu. Auch Behördenleiterin Ilse Vrabl-Sanda sieht kein Versagen ihrer Mitarbeiter und keine Instrumentalisierung durch das Innenministerium.
Vielmehr hob sie hervor, dass es nicht der Job der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sei, in brisanten Fällen wegzuschauen: "Wir wollen keine Staatsanwaltschaft, die ohne Courage von großen Korruptionsverfahren ablässt oder resigniert." Dass nun ihre Behörde in ein ungünstiges Licht gerückt werde, mache sie "sehr betroffen".
Vrabl-Sanda erinnerte daran, dass die Aufhebung der Hausdurchsuchungen durch das Oberlandesgericht eine "diffizile Rechtsfrage" gewesen sei. Das OLG habe dabei aber auch bestätigt, dass ein Tatverdacht gegeben sei. Warum man sich für die Razzia entschieden habe, erklärte sie mit der Gefahr der Selbstbelastung des beschuldigten BVT-Chefs Peter Gridling bzw. mit der Notwendigkeit private Dokumente sicherzustellen, was im Rahmen der Amtshilfe schwierig gewesen wäre.
Sie selbst war eigenen Angaben zu Folge von Beginn an mit den Ermittlungen in der Causa konfrontiert, was in solch heiklen Fällen üblich sei. Von der Hausdurchsuchung im BVT habe sie am Tag vor dieser erfahren. Dass sie von einem Journalrichter außerhalb der regulären Dienstzeit genehmigt wurde, sei ihr im Nachhinein bekannt geworden.
Bei der Razzia war ja nicht wie in solchen Fällen üblich das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung sondern die Einsatzgruppe gegen Straßenkriminalität zum Einsatz gekommen. Begründet wurde dies von Vrabl-Sanda wie von allen anderen Auskunftspersonen damit, dass gegen Spitzenbeamte des BAK im Zuge der Ermittlungen Vorwürfe erhoben worden waren. Die Behördenleiterin betonte freilich, dass es hier um eine Anscheinsproblematik gehe. Man gehe nicht von einer tatsächlichen Befangenheit aus.
So ungewöhnlich findet Vrabl-Sanda es übrigens nicht, dass im BVT eine Hausdurchsuchung stattgefunden hat. Denn selbst der BVT-Leiter habe in einem anderen Fall eine Razzia angeregt und die sei ebenfalls von einem Journalrichter genehmigt worden.
Bestimmt gab sich Vrabl-Sanda, was den Kontakt der Staatsanwaltschaft mit der Polizei angeht. Zwar fand auch sie alles mögliche Gefragte ungewöhnlich, etwa dass Kabinette Zeugen zur Verfügung stellen und als Vertrauenspersonen mitgehen, aber auch notwendig. Jeder, der etwas beizutragen habe, sollte das auch tun und beim Generalsekretär des Innenressorts Peter Goldgruber sei man davon ausgegangen, dass er dazu imstande sei.
Weiter ein Rätsel bleibt, wieso Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) in einer schriftlichen Anfragebeantwortung behauptet hat, dass die Staatsanwaltschaft vorzeitig darüber informiert war, dass die Zeugen schon vor ihrer Einvernahme vom Ministerkabinett befragt wurden. Vrabl-Sanda bestritt dies wie bisher sämtliche Auskunftspersonen aus ihrer Staatsanwaltschaft.
Goldgrubers Erscheinen laut Jirovsky "auffällig" und "unüblich"
Als dritter Zeuge ist im BVT-Ausschuss am Mittwoch Staatsanwalt Robert Jirovsky befragt worden, der als Leiter der zuständigen Abteilung im Justizministerium eine Prüfung der Vorgangsweise der Korruptionsstaatsanwaltschaft vorgenommen hat. Dass der Innenministeriums-Generalsekretär persönlich an die Staatsanwältin herantrat, um ihr ein Konvolut mit Vorwürfen zu übergeben, sei "auffällig" gewesen.
Üblich wäre gewesen, dass sich der Generalsekretär des einen Ressorts an sein Gegenüber im anderen Ressort, also dieselbe Ebene, wendet, erklärte Jirovsky und bestätigte damit jene Ansicht, die schon Justizministeriums-Generalsekretär Christian Pilnacek Mittwochvormittag im U-Ausschuss kundgetan hatte. Dass der ranghöchste Beamte eines Ministeriums persönlich zur Staatsanwältin kommt und Zeit investiert, um mit der Bitte der strafrechtlichen Prüfung ein Konvolut mit Vorwürfen zu übergeben, sei "absolut unüblich".
Er persönlich hätte sich gewünscht, dass die WKStA hier "ein bisschen sensibler" gewesen wäre, sagte Jirovsky. Gesetzmäßig habe sich die WKStA "völlig korrekt verhalten", betonte der Spitzenjurist, aber er als Staatsanwalt hätte in diesem Fall die Oberbehörde informiert. Immerhin handelte es sich um schwerwiegende Vorwürfe gegen Personen des öffentlichen Lebens, also einen Sachverhalt von öffentlichem Interesse.
Auf den Einwand der FPÖ, dass sich ein Verschlussakt und öffentliches Interesse doch widersprechen, stellte der Zeuge klar, der gesetzliche Ausdruck "öffentliches Interesse" habe nichts mit Medienberichterstattung zu tun, sondern mit einem Anspruch der Öffentlichkeit auf ordentliche Amtsführung. Die Oberbehörde sei außerdem kein Außenstehender, sondern die vorgesetzte Dienststelle und sei daher nicht auszuschließen, "ganz im Gegenteil".
Jirovsky verfasste im März eine Bewertung der umstrittenen Vorgänge. In Bezug auf den Vorwurf der Weitergabe nordkoreanischer Pass-Rohlinge an Südkorea hätte man demnach auf Amtshilfe setzen sollen, im Zusammenhang mit dem Verdacht des Datenmissbrauchs im BVT sei es aber "zumindest vertretbar" gewesen, zum Mittel der Hausdurchsuchung zu greifen. Insgesamt sei man deshalb zum Schluss gekommen, dass die Vorgangsweise der WKStA "vertretbar" gewesen sei - aber "wir hätten es wahrscheinlich trotzdem anders gelöst", sagte Jirovsky. Dass das Oberlandesgericht Wien die Razzia inzwischen für unzulässig erklärt habe, sei zur Kenntnis zu nehmen. Persönlich bleibe er aber auch aus heutiger Sicht dabei, dass die Einschätzung der WKStA vertretbar gewesen sei.
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