Meischberger attackiert geständigen "Freimaurer" Hochegger
In den vergangenen Wochen haben sich die Zuschauerreihen im Großen Schwurgerichtssaal am Wiener Straflandesgericht zusehends geleert. Kein Wunder – die Verhandlung, die sich seither um den Bestechungsverdacht rund um den Linzer Terminal Tower gedreht hatte, war zäh. Befragt wurden die sogenannten "kleinen Angeklagten", an denen die Öffentlichkeit kaum Interesse hat.
Das änderte sich am heutigen 29. Verhandlungstag. Nachdem die Befragungen rund um den Terminal Tower vorerst abgeschlossen sind, ging es in der Causa Buwog weiter - und zwar mit der Befragung einer der zentralen Figuren des gesamten Prozesses: Der zweitangeklagte Grasser-Vertraute und ehemalige FPÖ-Politiker Walter Meischberger soll Dreh- und Angelpunkt zwischen Grasser, Hochegger und dem Bieter-Konsortium gewesen sein.
Wer wusste was von wem?
Vorgeworfen wird Meischberger (sowie auch Grasser, Hochegger und Plech), bei der Privatisierung der Bundeswohnungen (Buwog), Bestechungsgeld von einem Konsortium rund um die Immofinanz kassiert zu haben, damit nicht der Gegenbieter, die CA Immo, den Zuschlag erhält. Dazu soll der damalige Immofinanz-Chef Karl Petrikovics einen Tipp von Lobbyisten Peter Hochegger bekommen haben, wie viel er mindestens bieten müsse, um den Konkurrenten zu übertrumpfen. Hochegger wiederum gab an, die Information von Meischberger gehabt haben.
Während Hochegger zumindest teilweise geständig ist, bestreiten alle anderen Angeklagten, etwas mit einer Bestechung zu tun gehabt zu haben. Meischberger wiederum belastet Hochegger heute schwer und unterstellte ihm, nach einem genauen Kalkül zu handeln.
Für alle Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung
Meischberger-Befragung im Buwog-Prozess
Buwog-Prozess: Tag 29
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Guten Morgen...
...aus dem Großen Schwurgerichtssaal am Wiener Straflandesgericht. Das Gerücht, heute solle Walter Meischberger befragt werden, hat sich anscheinend herumgesprochen - die Reihen sind etwas voller als es zuletzt der Fall war. Losgehen soll es wie gewohnt um 9.30 Uhr. -
Erster Schultag
Ein bisschen ist die Stimmung im Saal wie am ersten Schultag nach den Sommerferien. Die Anwälte, die die letzten Wochen nicht dabei waren, stehen nun in kleinen Grüppchen zusammen und tratschen. Überall Händeschütteln. Wiedersehensfreude könnte man meinen, würde man sich nicht im Gerichtssaal befinden. -
Telefonnummern
Die Richterin sammelt nun die Telefonnummern der Verteidigung ein - für eine "Verständigung in dringenden Fällen", wie sie sagt. -
Spannung im Saal
Und jetzt wird es spannend: Welchen Angeklagten wird Hohenecker aufrufen? -
Nicht anwesend
Die Angeklagten Plech und Wicki sind übrigens nicht da. Beide sind aus gesundheitlichen Gründen verhindert. -
Meischberger an der Reihe
Tatsächlich. Walter Meischberger wird nun einvernommen. Er bekennt sich nicht schuldig. -
"Will für Aufklärung sorgen"
Er möchte zu Beginn seine Sicht der Dinge darlegen, erklärt Meischberger, weil er sich missverstanden fühlt und für Aufklärung sorgen will. -
Politischer Missbrauch
Es habe einen politischen Missbrauch des Verfahrens gegeben, sagt Meischberger. Darüber will er hier zwar nicht sprechen, allerdings möchte er erklären, warum dadurch sein Verhalten beeinflusst wird. Außerdem möchte er darlegen, warum Peter Hochegger lügt. -
Hocheggers Teilgeständnis
Zur Erinnerung: Peter Hochegger hatte zu Verhandlungsbeginn ein Teilgeständnis abgelegt, bei dem er unter anderem Grasser und Meischberger schwer belastet hatte. -
Vorwarnung
Nur damit Sie gewarnt sind: Unter den Prozessbeobachtern sagt man sich, die Schilderungen Meischbergers soll mehrere Stunden dauern. -
Berühmtester Trauzeuge Europas
Meischberger beginnt seine Schilderungen mit einer Vorstellungen. Man kenne ihn ja als Trauzeuge Grassers, sagt er. "Ich glaube ich bin der berühmteste Trauzeuge Europas. Dabei ist Trauzeuge gar nicht mein eigentlicher Beruf." Gelächter. -
Jüngster Abgeordneter
Wir hören jetzt den Lebenslauf Meischbergers. "Ich war der jüngste Abgeordnete der Zweiten Republik", sagt er. "Ich hatte durchaus eine Karriere, die über meine Aufgaben als Trauzeuge hinaus gegangen ist." -
Strategischer Berater
Nach seiner politischen Karriere sei er strategischer Berater geworden, das sei für ehemalige Politiker typisch - er sei nur einer von Hunderten, sagt Meischberger. -
Ähnliche Karrieren
Meischberger lässt es sich nicht nehmen, ähnliche Karrieren von ehemaligen politischen Konkurrenten aufzuzählen: Schelling, Gusenbauer, Glawischnig, Schüssel usw. -
Nicht von der Uni holen
Einen wirkmächtigen strategischen Kommunikator könne sich ein Unternehmen nicht einfach von der Universität holen, obwohl ein solcher oft gerade von Managern, die für den Unternehmensefolg verantwortlich sind, dringend gebraucht werde. Diese Kompetenz würde immer ein "hohes Wirtschaftsgut" sein und sei eine wichtige Stütze für die Industrie und die Börsen. -
Nicht unmoralisch
Ein Drittel der ehemaligen Politiker sei nun im Lobbying tätig. "Das ist nichts Mystisches, sondern eine seit Jahren etablierte Tätigkeit", sagt Meischberger. Und so lebe auch er davon, Menschen und Interessen zu verbinden, damit diese einen wirtschaftlichen Nutzen daraus ziehen können. "Dafür verrechne ich Honorare. Das ist nicht unmoralisch und nicht unrechtens." -
"Keinen Beweis"
Er habe in der gegenständlichen Causa ausschließlich strategische Beratungsleistungen vorgenommen und verrechnet. Für alles andere gebe es keinen einzigen Beweis. Doch allein durch das fehlende Wissen über das Berufsbild des strategischen Beraters, würden Menschen wie er oft von Journalisten in ein schiefes Licht gerückt. Unkenntnis über den Beruf ortet er auch hier im Gerichtssaal. -
Lange Erklärung
Zusammengefasst: Meischberger glaubt, dass durch die Unkenntnis über das Berufsbild von der Staatsanwaltschaft falsche Behauptungen aufgestellt wurden. -
Privatgutachten mitgebracht
Meischberger hat sogar ein Privatgutachten darüber mitgebracht, warum sein Job wichtig sei und warum er alles richtig gemacht habe. Dieses gibt er nun der Richterin ab. -
Kenner der Politik
Nun erklärt der Zweitangeklagte: Gesetze seien die Rahmenbedingungen, in denen sich Wirtschaft und Industrie bewegen müssen. Er kenne die Politik, das Parlament und die Ausschüsse und habe daher Zugänge, die ein normaler Unternehmer nicht hat, die aber für den wirtschaftlichen Erfolg entscheidend sein können. -
Hocheggers Rolle
Eigentlich sei ihm die Bedeutung seines Erfahrungsschatzes für die Wirtschaft gar nicht klar gewesen, bis ihn sein Freund Peter Hochegger darauf aufmerksam machte und ihm eine Zusammenarbeit anbot. -
Übergeordnete Kompetenz
Dank seiner Lebenserfahrung verfüge er über eine übergeordnete Kompetenz, die eben nicht schulisch erlernbar sei, erklärt Meischberger. -
Kurz zusammengefasst
Ich darf das nochmals zusammenfassen: Meischberger führt lang' und breit aus, warum er als strategischer Berater besonders geeignet sei (nämlich durch seine langjährige politische Tätigkeit) und warum strategische Beratung für Unternehmen entscheidend sein kann. -
Netzwerker Meischberger
Auch sein besonders gutes Netzwerk sei wertvolles Sozialkapital und Teil seiner Leistung, sagt Meischbeger. Immerhin würden viele Menschen oft lange erfolglos versuchen, sich ein gutes Netzwerk aufzubauen und zu erhalten. -
Richtiger Berater, richtiger Zeitpunkt
Es gebe auch einen eingeschränkten Markt an geeigneten Beratern für spezifische Unternehmen zu spezifischen Zeitpunkten. Dabei käme es ja immer auf das aktuelle politische Umfeld um. Wir erinnern uns: Im fraglichen Zeitraum gab es in Österreich eine schwarz-blaue Regierung. "Damals konnte ich mir aussuchen, mit wem und unter welchen Bedingungen ich arbeiten wollte", sagt Meischberger selbstbewusst. -
Zusammenarbeit mit der Porr
Jetzt möcht Meischberger erklären, wie die jahrelange Zusammenarbeit zwischen ihm und dem Porr-Konzern aussah, die die Staatsanwaltschaft laut dem Angeklagten gänzlich ignoriere. -
Vermittler Plech
Es war Plech, der die Zusammenarbeit zwischen Meischberger und der Porr vermittelt haben soll, sagt Meischberger. -
Wie die Zusammenarbeit aussah
Meischberger schildert nun: Die Dauer der Zusammenarbeit mit der Porr wurde zunächst nicht konkretisiert aber mindestens ein Jahr "in Aussicht genommen". Als Aufgabengebiet wurde "strategische Kommunikation" festgelegt. Entscheidend für ein Honorar soll nicht Erfolg, sondern ständige Bemühungen gewesen sein. Auch eine Schweigepflicht nach außen wurde vereinbart. -
Handschlagqualitäten
Es habe dann ein Treffen zwischen Senator Kallinger und Generaldirektor Pöchhacker der Porr sowie Meischberger gegeben. Per Handschlag wurde die Zusammenarbeit vereinbart. Anschließend kam es zu einer langjährigen, intensiven Zusammenarbeit mit der Porr, bei der die Vertreter der Porr oft mit konkreten Fragen und Aufgaben auf ihn zugekommen seien, sagt Meischberger. -
Himmelpforte und Gefängnis
Meischberger erklärt nun seine Leistungen für die Porr beispielsweise beim sogenannten"Projekt Himmelpfortgasse" oder der Errichtung eines Jugendgefängnisses in Wien (die schlussendlich nicht umgesetzt wurde, Anm.) -
"Turm und Riegel"
Es habe aber auch "Projekte privater Natur" zwischen ihm und der Porr gegeben, sagt Meischberger und nennt das Bauprojekt "Turm und Riegel" nahe des Westbahnhofes in Wien, für das er eine Finanzierungskooperation finden hätte sollen. Auch dieses Projekt kam schlussendlich nicht zustande. -
Omanpläne
Bei anderen Projekten, wie etwa einem Bauprojekt im Oman, sei nicht die Porr an Meischberger herangetreten, sondern habe er der Porr Vorschläge gemacht. -
Pause
"Pausentechnisch richten wir uns ausnahmsweise nach Ihnen", sagt die Richterin. "Dann würde ich gerne eine Pause haben", antwortet Meischberger. Also: Pause für 20 Minuten. -
Zwischendurch...
... ein Bild von heute Morgen, bevor Meischberger mit seinem Dauerreferat startete. -
Es geht weiter
Und Meischberger verspricht, nun langsamer zu sprechen. Alle tickernden Kollegen und ich wären wirklich dankbar. -
Causa Terminal Tower
Meischberger startet mit einer Erklärung seiner Involvierung in die Causa Terminal Tower. Anfang 2007 wäre eine Art Schlussrechnung zwischen der Porr und Meischberger durchgeführt worden. Das Ergebnis: 200.000 Euro, die man dann über Hocheggers Firma Astropolis verrechnet habe. -
Rechnung für generelle Zusammenarbeit
In dieser Abrechnung soll der Terminal Tower aber nur am Rande eine Rolle gespielt haben - sie bezog sich laut Meischberger auf die generelle Zusammenarbeit mit der Porr. Diese 200.000 Euro hätten nichts mit jenen 200.000 Euro zu tun, die laut den Angeklagten S., L., und Sa. von der Raiffeisen Leasing für die Finanzoptimierung durch die Porr bezahlt worden sein. -
Wechsel zum Thema Buwog
Dass das Österreich Konsortium das Angebot der CA Immo beim Kauf der Buwog um nur knapp eine Million überbieten konnte, sei das Ergebnis von jahrelanger Arbeit und etwas Glück gewesen, nicht aber von einem Tipp durch Grasser oder andere. -
Hintergründe
Zur Erklärung: Die CA Immo hatte 960 Millionen für die Buwog geboten. Mit einem Gebot von nur einer Million mehr - also 961 Millionen - erhielt das Österreich Konsortium den Zuschlag. Dass das Zufall war - oder Glück, wie Meischberger sagt - glaubt die Staatsanwaltschaft nicht. Die Anklage geht davon aus, dass jemand dem Österreich Konsortium verraten haben muss, wie hoch das Gebot der CA Immo sein wird. -
Expertise angeeignet
Es war wiederum Senator Kalliner, der ihn auf das Projekt Buwog-Privatisierung aufmerksam gemacht habe, sagt Meischberger. Daraufhin habe er sich eine Expertise zum Thema angeeignet, noch bevor die Buwog überhaupt ausgeschrieben war. -
Auf die Vorbereitung kommt es an
"Es ist genau diese Vorbreitungsphase, die eine gute strategische Kommunikation ausmacht", sagt Meischberger. -
Meischberger holte Hochegger ins Boot
Meischberger habe bemerkt, dass Kallinger "trotz seiner guten Kontakte zu keinem Abschluss gekommen ist". Meischberger wusste damals, dass die Immofinanz bereits mit Hochegger zusammengerbeitet hatte, darum holte er nun auch ihn ins Boot. Bemerkenswert: Zu diesem Zeitpunkt hatte Meischberger noch keinen konkreten Auftrag. -
Beratungswillig
Immofinanz-Chef Petrikovics hätte daraufhin den Nutzen einer Beratung durch ihn und Hochegger erkannt. Wenig später wurde das Österreich Konsortium gebildet, um in das Bieterverfahren einzusteigen. -
Im Hintergrund
Er selbst sei wegen seiner politischen Vergangenheit im Hintergrund geblieben, während Hochegger nach außen den Auftrag und die Verhandlungen über die Tätigkeiten für das Konsortium übernahm, sagt Meischberger. Auch das Thema Erfolgshonorar soll Hochegger besprochen haben. -
Politische Positionen
Meischberger hielt sich im Hintergrund? Das muss man jetzt kurz erklären: Das Konsortium bestand aus der RLB Oberösterreich (ÖVP-Nähe), der Wieder Städtischen (SPÖ-Nähe) und der Immofinanz (neutral). Da blieb der freiheitliche Meischberger lieber im Hintergrund. -
Das Kärntner Vorkaufsrecht
Das Vorkaufsrecht Kärntens für die Kärntner Buwog Heime sei viel bedeutender gewesens, als es in Wien wahrgenommen wurde, das werde er im Zuge seiner Ausführungen noch darlegen, sagte Meischberger. Mit dem damaligen Kärntner Landeshauptmann Haider haben er drei "erhellende Gespräche" geführt. "Ich konnte Haider lesen", sagt er. -
Drei Treffen in der Woche
Während des ganzen Prozesses habe Meischberger Hochegger etwa dreimal pro Woche getroffen. Bei den Treffen habe er Hochegger erzählt, was er erfahren hatte. Ob Hochegger alles an das Österreich Konsortium weitergeleitet hat, das wisse er nicht. -
"einfach falsch"
Worauf Meischberger mit seinen Darstellungen hinaus will: "Der Versuch der Staatsanwaltschaft, meine Tätigkeit auf die Weitergabe einer Zahl zu reduzieren, ist einfach falsch." -
Für Grasser egal
Grasser sei es egal gewesen, wer am Ende den Zuschlag bekommt. Allerdings habe man nicht zu einem zu geringen Preis verkaufen können, ohne sich für die Opposition angreifbar zu machen, erklärt Meischberger sinngemäß. -
Richtwert: Eine Milliarde
Zur Erinnerung: Die Regierung rechnete damals mit etwa einer Millarde für die Buwog.
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