Buwog-Prozess: Die Aussagen der Verstorbenen

Buwog-Prozess: Die Aussagen der Verstorbenen
Ein weiterer Zeuge aus Grassers Kabinett muss die Fragen der Richterin beantworten.

Im Prozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und andere endete heute die erste Woche der Beweisführung. Die Befragung eines weiterer Zeugen aus dem Kabinett Grassers und dem Finanzministerium stand auf dem Programm. Da sich eine Zeugin entschuldigt hatte, beschloss die Richterin, stattdessen die Aussagen des mittlerweile verstorbenen RLB Oberösterreich Generaldirektors, Ludwig Scharinger, zu verlesen. 

Davor aber widersprachen zwei Angeklagte den gestrigen Aussagen des ehemaligen Grasser-Pressesprechers und Kabinettschefs, Matthias Winkler, massiv. 

"Zentrale Drehscheibe"

Winkler hatte gestern nur geringe Erinnerungen an ihm vorgehaltene Unterlagen aus der Amtszeit von Grasser, die er sieben Jahre lang als enger Mitarbeiter begleitete. Des weiteren will er von den angeklagten beiden Causen - Provisionen beim Verkauf der Bundeswohnungen (Buwog u.a.) und bei der Einmietung der Finanzbehörden in den Linzer Terminal Tower - nur wenig mitbekommen haben. Das sorgte im Nachhinein für sichtlich große Verärgerung beim Angeklagten Ex-Telekom Austria-Manager Rudolf FischerWinkler sei nicht nur Pressesprecher gewesen, sondern die "zentrale Drehscheibe" im Finanzministerium. Er könne sich selbst erinnern, dass Winkler bei ihm zu einer 25.000-Euro-Spende der Telekom für eine Regierungskampagne zur Pensionsreform nachgefragt hatte.

Dies bestätige gegenüber Richterin Marion Hohenecker unmittelbar danach auch der mitangeklagte Ex-Lobbyist Peter Hochegger

Danach begann Hohenecker mit der Verlesung der Vernehmungsprotokolle des mittlerweile verstorbenen RLB-OÖ-Chefs Ludwig ScharingerScharinger spielt insbesondere in der Causa Terminal Tower eine wichtige Rolle. Laut Anklage soll eine "Vermittlungsprovision" über Peter Hochegger an Walter Meischberger geflossen sein, bei der es sich um eine Schmiergeldzahlung als Gegenleistung für die Einmietung der Finanz in den Tower handelt. Die Staatsanwaltschaft wirft Scharinger vor, zusammen mit Pöchhacker bei der Zahlung des Geldes an Hochegger und Meischberger „führend mitgewirkt“ zu haben. In seiner Einvernahme leugnete Scharinger alle Vorwürfe.

Buwog-Prozess: Tag 77 im Live Ticker

  • |Elisabeth Hofer

    Guten Morgen...

    ...aus dem Großen Schwurgerichtssaal am Wiener Straflandesgericht. Heute mit gut gefüllten Besucher-Reihen, da einige Schüler aus Oberösterreich extra angereist sind, um einen Prozesstag zu erleben. Auch die Angeklagten und ihre Anwälte trudeln nach und nach ein. In ein paar Minuten geht es los. 

  • |Elisabeth Hofer

    Es geht los

    Die Richterin eröffnet den Verhandlungstag. Eine der Zeuginnen hat abgesagt, da sie krank ist. Darum ändert die Richterin das Programm. Sie möchte die Aussagen von RLB OÖ Generaldirektor Ludwig Scharinger verlesen. Scharinger war beschuldigt, ist aber am 10. Jänner 2019 gestorben und war zuvor verhandlungsunfähig. Die Anwesenden erklären sich damit einverstanden. 

  • |Elisabeth Hofer

    Emotionale Reaktion

    Zuvor möchte der Ex-Telekomchef Fischer sich aber noch zu den gestrigen Zeugenaussagen äußern. Das steht allen Angeklagten nach den Zeugenaussagen zu.

    Er müsse aufpassen, nach Winklers gestriger Aussage nicht zu emotional zu werden. Anders als Winkler ausgesagt hatte, sei Winkler die "zentrale Drehscheibe" in Grassers Büro gewesen, sagt Fischer. Winkler habe sehr intensiv im Kabinett mitgearbeitet. "Für mich war er mehr als ein Pressesprecher."

  • |Elisabeth Hofer

    Gedächtnisverlust

    Winkler hatte auch ausgesagt, er könne mit dem Begriff "politische Landschaftspflege" überhaupt nichts anfangen. Fischer sei nun "emotional geladen", denn genau das sei betrieben worden. 

    "Ich verstehe einfach nicht, warum sich Menschen nicht einfach hersetzen können und die Wahrheit sagen, ich verstehe es nicht", sagt Fischer. Er könne sich auch nicht an alles erinnern, was vor 15 Jahren passiert ist, aber Winklers Gedächtnisverlust komme ihm schon seltsam vor, sagt Fischer sinngemäß.

  • |Elisabeth Hofer

    Ein Ding der Unmöglichkeit

    Auch Hochegger möchte sich äußern. Er schließt sich Fischer an. Bei den Abrechnungen sei Winkler die zentrale Figur gewesen. "Sich an sowas nicht erinnern zu können, ist für mich ein Ding der Unmöglichkeit." In Abstimmung mit Winkler habe Hochegger bei Einvernahmen nicht die Wahrheit gesagt. 2011 oder 2012 habe er die falschen Angaben aber korrigiert. 

  • |Elisabeth Hofer

    Scharingers Aussagen

    Jetzt zu den Aussagen Ludwig Scharingers. Dieser gab (zusammengefasst) an, in der Causa Terminal Tower keine Absprachen mit dem (ebenfalls verstorbenen) Porr-Generaldirektor Pöchhacker getroffen zu haben.
  • |Elisabeth Hofer

    Nicht zuständig

    Scharinger gab in seiner Beschuldigtenvernehmung an, er sei operativ bei der Causa Buwog nicht zuständig gewesen, sondern der Angeklagte RLB OÖ Vorstand Georg Starzer,

  • |Elisabeth Hofer

    Poker-Verbot

    "Es wird nicht gepokert" soll Scharinger damals immer wieder gesagt haben. Das Gebot von 961 Millionen sei ihm nicht verdächtig vorgekommen, er sei aber eben auch nicht operativ beteiligt gewesen. 

    Der mittlerweile verstorbene Kärntner Landeshauptmann Haider habe ihn, Scharinger, damals angerufen und über das Vorkaufsrecht Kärntens für die ESG informiert. Scharingers Meinung nach wusste Haider nicht, wer den Zuschlag zum Kauf bekommt. 

    (Das widerspricht der Aussage Meischbergers, der erklärt hatte, von Haider über die Angebotshöhe informiert worden zu sein, Anm.)

  • |Elisabeth Hofer

    Was wurde Scharinger vorgeworfen?

    Zur Erinnerung, worum es eigentlich geht: Scharinger spielt insbesondere in der Causa Terminal Tower eine wichtige Rolle. Laut Anklage soll eine "Vermittlungsprovision" über Peter Hochegger an Walter Meischberger geflossen sein, bei der es sich um eine Schmiergeldzahlung als Gegenleistung für die Einmietung der Finanz in den Tower handelt. Die Staatsanwaltschaft wirft Scharinger vor,  zusammen mit Pöchhacker bei der Zahlung des Geldes an Hochegger und Meischberger „führend mitgewirkt“ zu haben. 

  • |Elisabeth Hofer

    Scharinger leugnete alles

    Scharingers Aussage ganz grob zusammengefasst: Er leugnete alle Vorwürfe. 

    Außerdem sagte er, er wäre sogar noch für eine dritte Bieterrunde gewesen, um den Preis auf die angestrebte Milliarde zu steigern.

  • |Elisabeth Hofer

    Scharinger fragte nach

    Starzer sei es gewesen, der schon am 7.6.2004 berichtet habe, sich mit den Kollegen vom Konsortium auf den Angebotspreis von 961 Millionen geeinigt zu haben, hatte Scharinger ausgesagt. Plechs Forderung einer "üblichen Maklerprovision" von einem Prozent habe er hinterfragt, Plech habe ihm auf die Frage aber nicht geantwortet. Meischberger will Scharinger gar nicht persönlich gekannt haben.
  • |Elisabeth Hofer

    Kurze Pause

    Vor der Verlesung einer weiteren Pause möchte sich Grasser mit seinen Anwälten beraten. Es gibt 15 Minuten Pause. 

  • |Elisabeth Hofer

    Es geht weiter

    Mittlerweile ist der Grund für die Verwirrung geklärt. Die Richterin wollte die Aussage eines verstorbenen Zeugen verlesen, über dessen Tod Grasser nicht bescheid wusste. 

  • |Elisabeth Hofer

    Fischer möchte nicht dabei sein

    Nachdem sich niemand zu den verlesenen Aussagen äußern möchte, stellt Fischers Anwalt Dietrich einen Antrag auf Ausscheidung aus dem Verfahren, da die weiteren Zeugen nichts mit den ihm angelasteten Anklagepunkten zu tun hab. Auch die Anwältin des Angeklagten W. stellt einen solchen Antrag. 

  • |Elisabeth Hofer

    Staatsanwälte wollen nicht reden

    Grassers Anwalt Wess fordert die Staatsanwälte auf, zu dem Anfang der Woche an sie gerichteten Schreiben "endlich Stellung zu nehmen". Marchart reagiert kühl. Nachdem so etwas rechtlich nicht vorgesehen ist, wolle sich die Staatsanwaltschaft auch nicht äußern.
  • |Elisabeth Hofer

    Große Auslastung

    Nun wird der nächste Zeuge aufgerufen. Auch er war Mitarbeiter im Kabinett Grassers. 

    Die Richterin möchte zunächst von ihm wissen, wie er Winkler wahrgenommen hat, ob er sehr ausgelastet war. "Wir waren alle sehr ausgelastet", sagt der Zeuge. 

  • |Elisabeth Hofer

    Themen des Jour Fixe

    Ob an einem Jour Fixe jemals über die Buwog-Privatisierung gesprochen wurde, weiß der Zeuge nicht mehr. Auf jeden Fall seien die Termine des Ministers besprochen worden, damit es keinen unvorbereiteten Termin gibt. 

  • |Elisabeth Hofer

    Mitarbeiter mussten "hackeln"

    "Wir haum olle miassen einehackeln", sagt der Zeuge über den Arbeitsaufwand im Kabinett. Grasser sei ein strenger Chef gewesen. 

  • |Elisabeth Hofer

    Alle Hebel in Bewegung

    Gefragt nach Traumüller könnte der Zeuge etwas erzählen, was Traumüller in eine Ausnahmesituation brachte. "Aber das ist etwas Hochpersönliches aus dem Leben des Herrn Traumüller". Die Richterin fragt nach, ob es mit dem Verfahren zu tun hat. Das könne er nicht beurteilen, sagt der Zeuge. Er habe einen Anruf bekommen, und habe danach alle Hebel in Bewegung gesetzt, um Traumüller zu helfen. 

    Worum es genau geht, wissen wir nicht. Die Richterin möchte nicht, dass der Zeuge über etwas spricht, das noch nicht Verfahrensgegenstand ist. 

  • |Elisabeth Hofer

    Meischi, der bunte Hund

    "Kennen Sie den Herrn Meischberger?", fragt die Richterin. "Ich glaube, ganz Österreich kennt mittlerweile den Herrn Meischberger", sagt der Zeuge.
  • |Elisabeth Hofer

    Ein junges Küken

    In einer früheren Einvernahme hatte der Zeuge gesagt, dass Winkler und Herr H. das besondere Vertrauen von Grasser hatten. "Wie kommen Sie darauf?", fragt die Richterin. Er selbst sei damals das jüngste Küken im Team gewesen. Als solches bekomme man mit, wer Erfahrung und Vertrauen hat. Herr H. sei so etwas wie der "Senior Advisor" gewesen.
  • |Elisabeth Hofer

    Schwierige Phase

    Wir erfahren außerdem, dass es 2004 eine schwierige Phase für den Zeugen gab, das Grasser mit seiner Leistung nicht zufrieden war. "Ich habe damals mehrmals darüber nachgedacht, den Job zu beenden", sagt der Zeuge. Er habe die Erwartungen, die Grasser in ihn gesetzt hatte, nicht erfüllen können. 

  • |Elisabeth Hofer

    Und wer sind Sie?

    Grefragt, ob sich Grasser um die MItarbeiter bemüht habe, erzählt der Zeuge eine Anekdote aus der Kantine. Einmal sei der Minister von einer Mitarbeiterin in der Kantine nicht erkannt worden. Er habe aber "lustig" darauf reagiert, schildert der Zeuge. "Den anderen Mitarbeitern war das furchtbar peinlich", sagt der Zeuge.
  • |Elisabeth Hofer

    Keine Mails

    Soweit sich der Zeuge erinnern kann, hätten die Mitarbeiter mit dem Minister so gut wie nie per E-Mail kommuniziert. Termine mit ihm habe man über die Teamassistenz bekommen. 

    Wir haben ja schon erfahren: Grasser war damals kein Freund der Kommunikation per Mail.

  • |Elisabeth Hofer

    Der Gelbe Salon

    Bei seiner Einvernahme bei der Polizei hatte der Zeuge damals eine Skizze der Räumlichkeiten aufgezeichnet. Die Richterin lässt sich nun nochmals die Wege in der berühmten "Gelben Salon" beschreiben, in dem die Besprechungen des Ministers stattgefunden haben. 

  • |Elisabeth Hofer

    Nicht penibel, aber genau

    "Der Herr Bundesminister war ein sehr akribischer und genauer Chef", sagt der Zeuge. "Er hat eigentlich nie auf etwas vergessen. Eher im Gegenteil." Grasser habe sogar Beistrich oder Rechtschreibfehler korrigiert. "Kann man sagen, dass er penibel war?", fragt die Richterin. "Er war sehr genau."

  • |Elisabeth Hofer

    Bitte nur günstige Flüge

    Auch bei Auslandsflügen sei es Grasser wichtig gewesen, immer den günstigsten zu nehmen. Der politische Mitbewerb hätte sich sonst empört, erklärt der Zeuge sinngemäß. 

    Das sei aber nicht ihre Frage gewesen, sagt die Richterin. Sondern: Hat er sich auch immer an Termine erinnert?

  • |Elisabeth Hofer

    Anruf am Morgen

    Der Zeuge habe Traumüller als sehr emotionale Person kennengelernt, die ihre Emotionen ab diesem Zeitpunkt nicht mehr unter Kontrolle hatte. In einer Aussage hatte der Zeuge erklärt, Traumüller habe ihn eines Tages um sechs Uhr Morgens angerufen und gesagt, dass das Verfahren manipuliert worden sei, dass er als Schutzschild missbraucht wurde und er alles der Polizei sagen werde. "Traumüller war wirklich in einer extremen Ausnahmesituation", sagt der Zeuge. "Er neigt manchmal dazu, emotional völlig überzureagieren. Ob diese Sachen der Wahrheit entsprochen haben, entzieht sich meiner Kenntnis völlig. Die Richterin möchte wissen, warum Traumüller ausgerechnet den Zeugen angerufen hat. "Wahrscheinlich weil ich mich am Vortag sehr intensiv um ihm gekümmert habe", sagt der Zeuge.

  • |Elisabeth Hofer

    Wess hat noch Fragen

    Die Richterin hat keine Fragen mehr. Auch die Staatsanwaltschaft und die Privatbeteiligtenvertreter haben keine Fragen. Anwalt Wess ist am Wort. Er fragt nach den großen Themen in den Jahren 2003-2005. 

    Der Zeuge erinnert sich an die gute Wirtschaftslage Österreich, an Proteste gegen die Regierung, den Beginn des Hypo- und des Bawag-Skandals. 

    Wess fasst zusammen: "Also neben der Buwog-Priatisierung gab es eine Vielzahl an anderen Themen, die an den Minister herangetragen worden sind."

    Der Zeuge sagt, ja, damals war ja auch die EU-Osterweiterung, usw. 

  • |Elisabeth Hofer

    Ein Minister zum Angreifen

    Auf Nachfrage von Wess erklärt der Zeuge, dass es jedes Jahr ein Mitarbeitergespräch gab, bei dem es um die Potenziale der Mitarbeiter ging. "Der Minister war ein Minister zum Angreifen, auch für die Kollegen in den Bundesländern."

  • |Elisabeth Hofer

    "Eine Katastrophe"

    Im April 2012 sprach der Zeuge laut Wess mit einer Journalistin, der ihm gesagt habe, "der U-Ausschuss war eine Katastrophe". 

    Stimmt nicht, sagt die Staatsanwaltschaft, das war jemand anderer. 

    Die Richterin liest nach. Stimmt, es war jemand anderer. 

  • |Elisabeth Hofer

    Sorgen um Traumüller

    Nachdem die Richterin Wess immer wieder unterbricht und seine Fragestellung korrigiert, beschwert sich Wess. 

    Es folgen Fragen zum Zustand Traumüllers. Zusammengefasst: Der Zeuge war in großer Sorge.

  • |Elisabeth Hofer

    Wie kam er darauf?

    Nun hat CA-Immo-Anwalt Lehner doch noch eine Nachfrage. Er möchte wissen, wie lange das morgendliche Telefonat mit Traumüller gedauert hat. Eine oder zwei Minuten, sagt der Zeuge. Wie Traumüller auf die Idee gekommen sei, dass das Verfahren manipuliert wurde, weiß er nicht.
  • |Elisabeth Hofer

    Denk in allen Medien

    Jetzt fragt nochmal Grassers Anwalt Ainedter nach. Der Zeuge habe Traumüller damals geraten, sich direkt an Staatsanwalt Denk zu wenden. Dass Traumüller damals nicht wusste, wer der zuständige Staatsanwalt war, habe ihn gewundert - zumal der ja in allen Medien war.
  • |Elisabeth Hofer

    Ungewöhnlich

    Das alles habe nicht zu Traumüller gepasst. Dieser sei normalerweise ein biederer, braver Beamter gewesen. 

  • |Elisabeth Hofer

    Schluss

    Damit ist die Befragung des Zeugen beendet. Die Richterin beendet auch den Verhandlungstag. 

  • |Elisabeth Hofer

    Auf Wiedersehen!

    Danke, dass Sie an diesem verhältnismäßig kurzen Verhandlungstag mit dabei waren. Am Dienstag geht es weiter. Auf Wiedersehen!

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