Busek rügt Blitzverfahren beim 12-Stunden-Tag

Der Ex-ÖVP-Chef äußert im KURIER-Gespräch aber auch Lob für „türkise Neuerungen“.

Erhard Busek ist keiner, der mit seiner Meinung hinter dem Berg hält. Auch nicht, wenn das bedeutet, seine Volkspartei zu kritisieren. Und so wirft der frühere Vizekanzler und ÖVP-Chef der aktuellen Bundesregierung auch im Rahmen der Schau-TV-Serie „Warum eigentlich“ im Gespräch mit KURIER-Herausgeber Helmut Brandstätter vor, zwar die richtigen Fragen zu stellen, aber Lösungen schuldig zu bleiben. Bis jetzt versuche die Koalition „auszuweichen und irgendwo herumzukommen“, irgendwann müsse aber entschieden werden. Das bedeute jedoch Konflikt, und „da ist die Frage, ob unser politisches System das aushält.“ Denn: „Wir haben in Österreich die verhängnisvolle Eigenschaft, Konflikt nur persönlich zu verstehen.“

„Ein bisschen zu rasch“

Die – viel wichtigeren – Sachunterschiede würden nicht ausdiskutiert, worunter auch die von ihm sonst hochgeschätzte Sozialpartnerschaft zu leiden habe. „Da schmiert man einfach drüber, weil sich niemand der Mühe unterziehen will, einmal genau zu schauen, was sind die wirklich möglichen Lösungen, was geht und was geht nicht.“ Dennoch sei das Land nicht gespalten, das sei vielmehr „eine der größten Blödheiten, die dauernd verbreitet werden.“

Dessen ungeachtet lebe eine Gesellschaft von der Fähigkeit, Konflikte auszutragen, und diese müsse gelernt werden. Als aktuelles Beispiel nennt Busek das Vorgehen rund um den 12-Stunden-Tag. Er hätte das Gesetz regulär in Begutachtung geschickt, dann verhandelt und abschließend entschieden. Da werde „ein bisschen zu rasch verkürzt, was wir vorher viel zu lange gemacht haben“, rügt der 77-Jährige.

Und noch einen zweiten Kritikpunkt an der ÖVP-Führung hat Busek vorzubringen: Auf die Frage, wofür die Partei heute stehe, habe er „leider keine Antwort bekommen, das muss ich schmerzvollerweise zugeben.“ So spiele die katholische Soziallehre, der der frühere Ministrant bis heute anhängt, für die Volkspartei keine Rolle mehr. Zwar habe „die türkise Partei eine Reihe von Neuerungen durchgeführt, von denen eine Menge sehr gut sind, aber die Diskussion über ein neues, der Zeit angepasstes Programm, die hat sie nicht vom Zaun gebrochen.“ Dabei fehlten die Antworten auf „eine Fülle von Fragen, die heute existieren.“ Und auch ein kleines Land könne auf globaler Ebene einiges beitragen, indem es andere dazu anregt, in dieselbe Richtung zu denken und Lösungen zu suchen.

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