Das kommt eher selten vor – aber am Dienstag war tatsächlich der Bundesrat der Hotspot der Innenpolitik. Die SPÖ zitierte Bundeskanzler Sebastian Kurz ins Hohe Haus und zwang ihn somit, erstmals öffentlich zur Chat-Affäre Stellung zu nehmen.
Von größerer Tragweite als die Dringliche Anfrage an den Regierungschef war allerdings die Abstimmung über das Epidemiegesetz. Die rot-blau-pinke Opposition verhinderte die Zustimmung der Länderkammer zu dem Gesetz.
Und das hat gravierende Auswirkungen: Bereits geimpfte Personen können nun frühestens nach Pfingsten, also Ende Mai, ihre normalen Freiheiten zurückbekommen. In dem Epidemiegesetz ist nämlich auch die rechtliche Basis für den grünen Impfpass enthalten. Dieses an sich europäische Dokument will die österreichische Regierung auch dazu verwenden, geimpften, genesenen und negativ getesteten Personen bereits im April Erleichterungen von Corona-Restriktionen zu gewähren.
Das geht nun nicht. Denn die Opposition hat den „wirkungsmächtigsten Weg“ gewählt: Sie erhebt keinen Einspruch gegen das Epidemiegesetz, was dem Nationalrat ermöglicht hätte, sofort einen Beharrungsbeschluss zu fassen und das Gesetz in Kraft zu setzen. Sondern die Opposition verhinderte lediglich die erforderliche Zustimmung zu dem Gesetz. Dadurch müssen nun verpflichtend acht Wochen verstreichen, bis der Bundespräsident das Gesetz bestätigen darf.
Dann ist Pfingsten.
Die SPÖ findet, es sei „eine Verhöhnung der Bevölkerung, wenn die wenigen Geimpften bevorzugt werden, während die Masse der Österreicher wegen der Unfähigkeit der Regierung noch nicht geimpft ist“.
Eine rechtliche Basis fehlt nun auch für die Zutrittstests zum Handel, die Niederösterreich und das Burgenland ab dem 7. April einführen wollten. Die SPÖ wäre grundsätzlich bereit gewesen, die Zutrittstests zu beschließen, aber da sich die Regierung weigerte, die Zutrittstests aus dem Epidemiegesetz herauszulösen und extra zu beschließen, opferte die SPÖ die Zutrittstests ihrem Widerspruch zum Epidemiegesetz.
Wobei – „die SPÖ“ stimmt nicht ganz. Landeshauptmann Hans Peter Doskozil wollte nämlich die Oppositionsblockade gegen die Zutrittstests unterlaufen, indem er seine zwei Bundesräte anwies, bei der Abstimmung den Saal zu verlassen. Damit wäre Türkis-Grün mit 30 gegenüber 29 von SP/FP/Neos in der Mehrheit gewesen. Am Dienstag wendete sich das Blatt überraschend zugunsten der Opposition. Die ÖVP-Bundesräte Robert Seeber und Otto Auer sowie die Grüne Claudia Hauschildt-Buschberger waren erkrankt. Türkis-Grün blieb mit 27 zu 29 in der Minderheit – trotz Doskozils Sidestep.
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