„Im Blindflug“
Doch eins nach dem anderen: Am Donnerstag – plus der besagten Endabstimmung am Freitag – wurde jetzt einmal der so heftig umstrittene Bundeshaushalt 2020 mit den Stimmen von ÖVP und Grünen beschlossen.
Gelöst ist damit das große Rätsel über die wirklichen Zahlen freilich nicht. Diese Zahlen – was die Corona-Krise ausgabenseitig kostet und wie viel einnahmenseitig an Steuern und Sozialversicherungsabgaben wegbricht – wird es frühestens im Herbst geben. „Bis dahin heißt es null Transparenz, bis dahin bleiben wir völlig im Blindflug“, sagt Josef Muchitsch (SPÖ).
Der seit Tagen immer heftiger tobende Streit ist damit nicht beigelegt. Im Gegenteil: Gut möglich ist, dass ein Drittel der Abgeordneten schon bald eine Beschwerde gegen das Budgetgesetz beim Verfassungsgerichtshof einbringen wird. Neos-Abgeordneter Gerald Loacker wiederholte, was auch die meisten seiner Kollegen bei SPÖ und FPÖ denken: „Dieses Budget ist zu kübeln.“
Das kommt aus Sicht der Oppositionsparteien so: Der Haushalt 2020 enthält veraltete Daten, insbesondere bei den Steuereinnahmen lieferte Blümel wieder kein neues Zahlenmaterial.
Lediglich sein Abänderungsantrag, eingebracht am Mittwoch um 23.00 Uhr, und damit nicht einmal 24 Stunden vor der Budget-Beschlussfassung, schlüsselt jetzt die 28 geplanten Corona-Milliarden aus der Überschreitungsermächtigung etwas genauer nach vier Ausgabenrubriken auf. Es können aber auch weit mehr als 28 Milliarden Euro werden.
Fixiert sind mit dem neuen Budget die bekannten sonstigen Projekte aus dem türkis-grünen Regierungsprogramm wie beispielsweise die Mittelerhöhungen für Justiz und Polizei, für Forschung und Wissenschaft oder für die Förderung der erneuerbaren Energie.
Nicht endgültig fixiert ist freilich der große Corona-Rest. Jener „Rest“ also, der den öffentlichen Haushalt wahrscheinlich auf Jahre durcheinanderwirbeln wird.
Eine Respektlosigkeit gegenüber dem Parlament sei die jetzige Vorgangsweise, schallt deshalb der Regierung entgegen. Ein FPÖ-Misstrauensantrag gegen Blümel, unterstützt von SPÖ und Neos, war aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Hohen Haus aber chancenlos.
Blümel hat mittlerweile einen Kassasturz im kommenden Herbst versprochen. Auch das ist einmalig: Normalerweise legt eine neue Regierung zu Beginn alle Zahlen offen auf den Tisch, nicht erst fast ein Jahr danach, wenn es schon um das Budget 2021 gehen wird.
Neue rot-grüne Achse?
Wie jener Haushalt erst aussehen wird, wer also mittel- bis langfristig für die Krise und ihre Kosten aufkommen wird, steht erst recht in den Sternen. Es formieren sich natürlich schon jene Kräfte, die wieder nach einer kräftigen Besteuerung der großen Vermögen rufen. Oder jene Kräfte, die immer schon etwas am groß ausgebauten Sozialstaat auszusetzen hatten.
Interessant sind mögliche neue Achsen: Die Grünen waren entgegen der jetzigen Regierungslinie beispielsweise schon immer für eine Millionärssteuer. Und erst am Donnerstag sagte Grün-Abgeordneter Markus Koza, er sei für eine Erhöhung des Arbeitslosengeldes. Beides sind eigentlich rote Kernforderungen.
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