Budget: Milliarden verzweifelt gesucht

Im Budget fehlen 33 Milliarden Euro – hochgerechnet bis zum Jahr 2018. Zumindest mit Stand Freitag. Der Fehlbetrag und das nötige Sparpaket werden zur Chefsache...
SPÖ/ÖVP müssen sich Wahlkampfversprechen abschminken und ein Sparpaket schnüren

In Sachen Budget schlägt den Regierungsverhandlern die Stunde der Wahrheit. Heute, Dienstag, wird wieder gerechnet und um Pensionen, Privatisierungen, die Hypo und fehlende Steuermilliarden gestritten. Für Donnerstag ist bereits die nächste Finanzrunde anberaumt. Wie ein rascher Ausweg aussehen könnte, weiß niemand. Die Budgetmisere überschattet alles und ist längst Chefsache.

Auch wenn manche Experten die Größe des Milliardenlochs noch nicht ganz glauben wollen, ist eines klar: Die alte und höchstwahrscheinlich neue Regierung hat im Wahlkampf mit dem Bild von der heilen Budgetwelt keine neuen Wähler gewonnen, sich selbst aber einen Bärendienst erwiesen. Noch im Juli hatte Finanzministerin Maria Fekter gesagt: „Wir haben sorgsam budgetiert.“ Jetzt sagt sie: Die Rechnungen, wonach sich ein Budgetloch auftun könnte, haben Wirtschaftsforscher erst nach der Wahl vorgelegt.

Wie viele Milliarden fehlen nun tatsächlich?

Der letzte Stand sind rund 33 Milliarden Euro, wobei vor allem die Summe für die Bankenhilfe nur geschätzt werden kann. Der frühere WIFO-Budgetexperte Gerhard Lehner oder AK-Direktor Werner Muhm sagen allerdings, dass der größte Posten – der Steuerentfall aufgrund der schwächeren Konjunktur – zu pessimistisch geschätzt wird. Es fehlten bei den Einnahmen „nur“ rund sieben statt der genannten 14 Milliarden. Eine gute Nachricht klingt anders.

Wie geht es mit der Kärntner Hypo weiter?

Regelmäßige Geldflüsse wie für Pensionen oder die Arbeitslosigkeit sind relativ leicht zu kalkulieren. Einzelprobleme wie die Kärntner Hypo sind kaum mit dem Rechenstift zu lösen. Zumindest die derzeit fehlende Hypo-Milliarde sei aus den Reserven des Finanzministeriums gedeckt, sagt Fekter. Wie es dann weitergeht, steht in den Sternen. Insgesamt geht es um den Budgetpfad für die Legislaturperiode, also bis 2018. Entsprechend heikel sind die Hochrechnungen. Minimale Abweichungen machen über die lange Frist sofort einen Unterschied von Hunderten Millionen.

Weshalb wird politisch so heftig um die „richtigen“ Zahlen gerungen?

Ob das Budgetloch schlimme 27, 30 oder doch horrende 33 Milliarden Euro ausmacht, ist schon fast nebensächlich. Inhaltlich können sich SPÖ und ÖVP vor allem ihre Wahlkampfversprechen abschminken und müssen auf einen harten Spar- und Reformkurs umschwenken.

Kanzler Werner Faymann wollte mit einer Drei-Milliarden-Euro-Entlastung schon im Jahr 2015 punkten. Und hat sich als Garant für sichere Pensionen plakatieren lassen. Auch Vizekanzler Michael Spindelegger, der ohne neue Steuern und ohne Sparpaket das Wachstum beleben und die Wirtschaft entfesseln wollte, muss nun kleinere Bötchen backen. ÖVP-Spitzenleute wie der steirische Landes-Vize Hermann Schützenhöfer wollen der Bevölkerung reinen Wein einschenken und schließen auch Steuererhöhungen nicht mehr aus.

Wie heftig wird das Sparpaket ausfallen?

2012 wurde ein 27-Milliarden-Paket für mehrere Jahre geschnürt. Um eine ähnliche Dimension könnte es auch dieses Mal gehen. Schon warnt WIFO-Budgetexpertin Margit Schratzenstaller: „Man darf jetzt nicht nur sparen. Das wäre fatal.“

Notwendige Zukunftsinvestitionen in die Bildung und Forschung dürften dem Sparstift nicht geopfert werden. Auch eine Steuersenkung mit gezielter Gegenfinanzierung sei weiterhin möglich und nötig, also: Mineralölsteuer, Tabaksteuer und Grundsteuer rauf, dafür runter mit der Belastung auf dem Faktor Arbeit.

Die neu aufgetauchte Budgetmisere beschäftigt auch die Länder: Heute, Dienstag, treffen sich die neun Landeschefs in Wien, traditionell werden sie im Anschluss ihre Botschaften an die künftige Bundesregierung richten. Mehr Geld für Pflege und Schulen sowie mehr Mitsprache bei der Beschickung von Höchstgerichten wollten sie eigentlich fordern – das Forderungspapier wurde allerdings schon im Oktober verfasst.

Angesichts des Milliarden-Budgetlochs drohen den Länderchefs nun aber neue Finanznöte. „Ein Steuerausfall von einer Milliarde bei Lohn- und Einkommenssteuer trifft zu einem guten Drittel Länder und Gemeinden“, warnt Wirtschaftsforscher Hans Pitlik. Bei geschätzten 14 Milliarden an geringeren Steuereinnahmen bis 2018 würden den Ländern damit rund 4,7 Milliarden Euro entgehen.

„Wenn der Bund konsolidieren muss, werden auch Länder und Gemeinden sicher etwas beitragen müssen“, sagt Pitlik. Potenzial ortet er bei den fünf Milliarden an Länderförderungen pro Jahr. Zudem rät er den Ländern zu einer Reform des Finanzausgleichs, hin Richtung Transparenz, Aufgabenorientierung und Steuerautonomie.

Änderungsbedarf sieht auch Kärntens Landeschef Peter Kaiser: „Wir sind durch den derzeitigen Finanzausgleich stark abhängig von den Steuereinnahmen des Bundes“, sagt er. Weil der Bund zuletzt die Einnahmen­schätzung nach unten revidierte, fehlten im Kärntner Budget plötzlich 45 Millionen.

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